08.01.2023 BVerfG verhandelt zu Data Mining
Polizeiliches BigData vor dem Aus?
Mit Spannung erwarten wir nach der mündlichen Verhandlung kurz vor Weihnachten vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe in den nächsten Wochen das Urteil im Data Mining Prozess. Die Beschwerden der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) wenden sich gegen landesgesetzliche Überwachungsbefugnisse der Polizei in Hessen und Hamburg. Im Fokus der Verhandlung steht die automatisierte Datenauswertung (Data Mining) zur Vorbeugung von Straftaten („predictive policing“).
Dürfen Daten von und über Menschen ohne Zweckbindung erfasst und ausgewertet werden?
Das ist die konkrete Frage und Gefahr! Hinzu kommt die Frage, ob die Polizei dazu ausgerechnet eine Spezial-Software, das Programm Gotham des US-amerikanischen Unternehmens Palantir, einsetzen sollte, das auf Knopfdruck komplexe Persönlichkeitsprofile erstellen kann. Das Unternehmen Palantir begann als Start-up mit Kapital des US-Geheimdienstes CIA, was selbst die hessiche FDP als "fragwürdigen Ruf" wertet.
Die Kritik der GFF richtet sich genereller gegen beliebiges Datensammeln. Bijan Moini, Verfahrenskoordinator und Bevollmächtigter der Hamburger Verfassungsbeschwerde sagt: "Verschiedene Daten auch von unbescholtenen Menschen zusammenzuführen, um mit einer Software Verdachtsmomente zu generieren – was nach amerikanischem Science Fiction klingt, ist so nicht mit der Verfassung vereinbar. Umso wichtiger, dass das Bundesverfassungsgericht hier frühzeitig Grenzen zieht.“
Die Rechtsgrundlagen in Hessen und Hamburg lassen völlig unklar, aus welchen Quellen, mit welcher Datenmenge und zu welchem Zweck die Polizei die Befugnis zum Data Mining nutzen darf. Auch die Eingriffsschwelle ist viel zu niedrig, die automatisierte Datenauswertung dürfte nicht zur Vorbeugung minder schwerer Straftaten verwendet werden. Der Eingriff wiegt schwer: Wer einmal in den Fokus einer Datenauswertung gerät, wird schnell zum gläsernen Menschen.
Aktion Freiheit statt Angst weist auch in diesem Zusammenhang wieder einmal auf die "False Positives", also die fiehlerhaft als verdächtig Eingestuften hin. Für diese kehrt sich die Unschuldsvermutung um, denn sie müssen in einem solchen Fall ihre Unschuld beweisen ohne die "Erkenntniswege" der Polizei zu kennen. Markantestes Beispiel für False Positives ist die Speicherung unserer Flugreisedaten, bei der es zu über 99% zu fehlerhaften Verdächtigungen kommt.
Mehr dazu bei https://freiheitsrechte.org/ueber-die-gff/presse/pressemitteilungen-der-gesellschaft-fur-freiheitsrechte/pm-palantir-ankuendigung
und https://netzpolitik.org/2022/verfassungsbeschwerden-in-karlsruhe-polizeiliche-big-data-analyse-vor-dem-aus/
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