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EU-Sanktionen: Moskau – Berlin – Warschau
Bundesregierung stimmt Bevölkerung auf Energiearmut ein, aber Deutschland exportiert viel russisches Gas nach Polen (Von Ralf Wurzbacher)
....Warum aber ist die BRD so anfällig für die Putin unterstellten sinistren Pläne, wogegen Polen, das schon seit Monaten kein Erdgas mehr vom russischen Gasprom-Konzern bezieht, aus dem Vollen schöpfen kann? Eine Antwort darauf ist einigermaßen irritierend: Tatsächlich erhält Warschau weiterhin große Mengen zur Deckung seines Bedarfs aus Russland, allerdings nicht direkt, sondern über den Umweg Deutschland. Allein im ersten Halbjahr 2022 flossen nach den Zahlen des Energiedienstleisters Gascade 20 Terawattstunden (TWh) über die sogenannte Jamal-Europe-Leitung aus deutschen Landen in Richtung Polen. Das allein entspricht der Hälfte der polnischen Reservekapazitäten und über 13 Prozent der Gesamtmenge an Erdgas, die in den ersten sechs Monaten 2021 über die von Westsibirien über Belarus ins brandenburgische Mallnow verlaufende Pipeline befördert wurden.
In Mallnow betreibt die Gascade Gastransport GmbH eine sogenannte Verdichterstation, von wo aus das Gas über die Jagal-Leitung ins innerdeutsche Netz eingespeist wird. Aber es führt eben auch ein Weg zurück über die Grenze, weil Jamal in beide Richtungen funktioniert. Zuletzt jedoch war Mallnow Ausgangspunkt einer Einbahnstraße gen Osten. Praktisch kein Gas floss in die Bundesrepublik, um so mehr aber nach Polen – und dies in einer stattlichen Größenordnung. Liefe es anders, also normal, wären die deutschen Gasspeicher um rund acht Prozent voller und die Preise für das knappe Gut wohl nicht ganz so astronomisch hoch wie aktuell und wohl noch mehr in naher Zukunft.
Die sogenannten Leitmedien schweigen sich über diese Zusammenhänge aus. Zuletzt Ende April hatte der Focus über das »Pipeline-Paradox« berichtet: »Putins Gas fließt jetzt über Deutschland nach Polen.« Der Beitrag war allerdings weit davon entfernt, die Vorgänge zu skandalisieren. Dabei erscheint das durchaus angebracht.
Während die Bürger hierzulande aus sogenannter Solidarität mit der Ukraine demnächst bibbern müssen, verdienen sich deutsche Importeure eine goldene Nase damit, eigentlich für den heimischen Markt vorgesehenes Gas zu überhöhten Preisen auf dem Spot- und Future-Markt an Polen zu verticken.
Wohlgemerkt unterstützt Deutschland damit die schon vor dem Ukraine-Krieg formulierten Ambitionen der polnischen Regierung nach energiepolitischer Unabhängigkeit vom riesigen östlichen Nachbarn. Den Großteil seines Bedarfs will Warschau künftig über die neu gebaute Baltic Pipe aus Norwegen decken, die jedoch erst frühestens im kommenden Oktober einsatzfähig sein wird. Bis dahin, und dies schon seit Weihnachten des Vorjahres, bedient man sich an russischem Gas aus deutschen Speichern. Habeck setzt für dasselbe Ziel – bloß kein Gas mehr aus Russland – lieber auf schmutziges US-Frackinggas und Öl von despotischen Scheichs in Nahost. Alternativ könnte er Druck auf Polen ausüben, damit Jamal im Normalbetrieb wieder als ergänzende Quelle nutzbar wird. Das gefiele den deutschen Exporteuren nicht, würde aber Otto Normalverbraucher weiterhelfen. Wobei: »Frieren für die Freiheit« (Joachim Gauck) ist für manche vielleicht immerhin herzerwärmend.
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