Es muß dies hier gesagt werden, weil es allein erklärt, woher die sprichwörtliche Herzenseinsamkeit der alten Jungfer rührt, der doch keine entsprechende Seelenlage beim alten Junggesellen gegenübersteht. Nicht die Einsamkeit an sich ist es, die den seelischen Druck bedingt, die Einsamkeit teilt der alte Junggeselle mit der alten Jungfer, es ist das Gefühl einer nicht vollendeten Entwicklung, wie wenn ein wilder Rosenstrauch nie in Blüte gestanden und nie Früchte gereift hätte, und es ist das Empfinden, irgendeine Gestalt fehle in diesem Leben, um es auszufüllen, und diese Gsstalt, so unbestimmt sie sein mag, trägt immer männliche Züge. [...] In Stunden der Selbsteinkehr wird jede echte Frau, wie reich an Wirken und Erfolg ihr Leben auch gewesen sein mag, wenn es nicht durch die Hingabe an einen Mann gekrönt worden ist, sich eingestehen müssen, daß ihr das Beste gefehlt hat, daß sie zur Vollendung ihres Daseins nicht gelangt ist.
-- Heinrich Emil Timerding, 1925
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