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Duft des Tages: Generalstreik

Endlich. Die Schüler haben Hunderttausende auf die Straße gebracht, die »Letzte Generation« hat sich verzweifelt kreativ zu Wort gemeldet. Weithin sichtbar haben junge Menschen Wälder und Dörfer verteidigt und Tagebaue angeprangert. Die immer spürbarere Preistreiberei trieb auch den Unmut über die politische Misswirtschaft. Es war alles kein Problem. Die Urheber der Probleme haben es totgeschwiegen oder professionell zerredet.

Aber jetzt. Wenn die FAZ die Dialektik entdeckt, wenn selbst die deutschen Eliten wie vom Donner gerührt das pure Zetern überkommt, dann muss etwas geschehen sein. »In diesen Zeiten«, schreibt Corinna Budras Ende März 2023, »hat alles mit allem zu tun: öffentlicher Dienst und Deutsche Bahn, Arbeitskampf, Klimaschutz, teure Butter und pünktliche Züge.« Sie hat den Krieg vergessen. Aber besser kann man es eigentlich nicht beschreiben.

Sie rechnet pressegerecht das Ganze auf den neuen Chef der EVG herunter, Martin Burkert ist ihr Mann der Stunde. Aber es hilft nichts: Es geht mehr um die Stunde als um Burkert, der in ihr eine wichtige Rolle spielt. Es geht um die Millionen Menschen, denen es langsam stinkt, was da im Land so alles passiert. Aber erst wenn die von der SPD-Führung fürs erste nachhaltig matt gesetzte deutsche Gewerkschaftsbewegung erwacht und plötzlich mit französischem Akzent spricht sind selbst die prägenden Zeitgeister erschüttert.

Am Montag duftete es nach Generalstreik. Der Republik kam zu Bewusstsein, wie überlebenswichtig die Arbeit all der vielen Mitbürger ist, die da einen Tag lang keinen Finger mehr rühren für alle anderen. Nicht auszudenken – jetzt aber besser vorstellbar –, was passieren könnte, würden die vielen begreifen, dass die Lage großer Teile ihrer selbst mit der Lage aller identisch ist, die da streiken.
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