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Radwege erklärt

... in vier einfachen Schritten. Disclaimer: Kann Spuren von Sarkasmus enthalten

Schritt 1: Vielleicht ein schwierige Entscheidung

Die Background-Story: Heute waren wir mit den Rädern unterwegs, 55 km, 500 Höhenmeter, von Bonn über Fritzdorf bis zur Straußenfarm hinter Kirchdaun und wieder zurück, sind rund drei Stunden gemütlich gefahren, weil's heiß war und haben fast eine weitere Stunde mit Pausen im Schatten verbracht, incl. einem abschließenden Zwischenhalt im bevorzugten Eisladen: drei Kugeln plus Sahne für mich, geschätzt 400 kcal. Kein Problem: während der Fahrt habe ich rund 1000 kcal verbraucht, 1/4 davon Grundumsatz, 3/4 fürs Treten.

Frage: wo sind wir an der im nachfolgenden Bild gezeigten Stelle wohl weitergefahren?

Nein, es geht nicht darum, ob wir da zur alten Tongrube und geplanten Müllkippe abgebogen sind. Möglicherweise war die Frage unverständlich, weil das blaue Schild, das da rechts im Gestrüpp steht, übersehen oder falsch verstanden wurde. Die Frage dreht sich darum, ob wir weiter auf der sauberen Fahrbahn gefahren sind, oder ob wir über den Dreckhaufen auf den rechts liegenden kombinierten Geh- und Radweg gefahren sind.

Das wirft die Frage auf, warum wir das hätten tun sollen. Nun, was man wissen sollte: solche Wege sind benutzungspflichtig, wenn man mit einem Fahrrad unterwegs ist, auch dann, wenn man mit mit 30 km/h unterwegs ist und das Tempo halten möchte. Wenn man da ohne Bedenken lang fahren möchte, muss es schon mindestens ein Mofa sein, das auf 25 km/h begrenzt ist, dann darf man da fahren und muss es sogar, weil: Kraftfahrzeuge sind sicher und halten niemanden auf, bei Fahrrädern ist es umgekehrt: die halten wichtigen Verkehr auch dann auf, wenn meilenweit keiner in Sicht ist und sogar dann, wenn sie schneller sind als der aufgehaltene Verkehr. "Aufgehalten werden" ist genau wie "Sicherheit" eine Sache des Gefühls und keine nachprüfbare oder gar quantifizierbare Eigenschaft.

Schritt 2: Eine mögliche Erklärung

Wir sind auf der Fahrbahn weitergefahren, was die Anschlussfrage aufwirft: warum? Eine von mehreren Antworten illustriert das nachfolgende Bild. Welche?

Ehrlich, an dieser Stelle im Text habe ich gestutzt und überlegt, ob ich das überhaupt erklären und eine Antwort hinschreiben soll. Ich habe mich dagegen entschieden. Wer die hier offensichtliche Antwort nicht sieht, dem ist ohnehin nicht zu helfen. Aber es gibt ja noch eine weitere Antwort, die nicht so offensichtlich ist: ein weiteres vermiedenes Risiko, oder je nach Betrachtungsweise, ein ganzes Bündel von Risiken, die man auf der Fahrbahn fahrend vermeidet.

Schritt 3: Die Auflösung?

Statt noch ein Bild zu zeigen, verlinke ich hier nun einen Karten- und Routingdienst, der entsprechend der bei OSM ("Openstreetmap") abgelegten Wegeigenschaften einen Route errechnet und abbildet. Mit ein bisschen Herumprobieren sollte sich die Antwort leicht finden lassen, die ich hier erwarte. Erfahrene Radfahrende ahnen es schon an der im ersten Bild gezeigten Stelle und sind sich spätestens beim zweiten ziemlich sicher.

Der versprochene Link: -> Der Weg nach Leimersdorf.

Was sehen wir da: einen Radweg, der plötzlich auftaucht und nach genau 408 Metern (sagt meine Aufzeichnung mit dem Navi) genau so plötzlich auch wieder aufhört. Da der benutzungspflichtig ist, führt einen Brouter pflichtgemäß von der Fahrbahn weg und nach 50 Sekunden wieder auf die Fahrbahn, wenn man mit den besagten 30 km/h fährt.

Ok, das war eine Falle: man fährt da nicht mit 30 km/h. Nicht weil das sonderlich schwer wäre - das ist in der Ebene, der Gehweg ist ungewöhnlich gut asphaltiert (noch), fast so gut wie die Fahrbahn, und aktuell nicht übermäßig verdreckt. Mit meinen Daten (Rennrad, Gewicht, Reifen ...) kalkuliert Kreuzotter ca. 140 Watt benötigte Tretleistung, das fahre ich zwar nicht dauerhaft, aber durchaus eine halbe Stunde lang, wenn es sein muss.

Nein, man fährt da nicht mit 30 km/h, weil man auf Gehwegen, die man sich mit Fußgängern teilen muss, nicht so schnell fährt. Auf für Radfahrer freigegebenen selbstverständlich nicht, aber auch nicht auf gemeinsamen Geh- und Radwegen. Problem: es gibt auch unterhalb von 30 km/h keine zumutbare Geschwindigkeit, aus der einem Radfahrer im Konfliktfalle kein Strick gedreht werden könnte. Zwischenfazit: hier Radweg fahren schützt einen nicht vor Ärger.

Was ist also die Antwort? Zur Erinnerung, ich habe behauptet, es gäbe da noch Anzeichen für weitere Risiken. Ich meinte damit das Ortseingangsschild im zweiten Foto. Und die Antwort liefert die Taste R, wenn man sich die Route via Brouter-Web anschaut, siehe den Link oben, bei Schritt 3: die Auflösung.

Fragen, nichts als Fragen ...

Zumindest nicht explizit beantwortet ist hier die Frage, worin denn nun konkret ein weiteres Risiko bestünde, also über die schon im ersten Bild offensichtlichen und das im zweiten Bild erkennbare hinaus.

Antwort: es sind zwei Risiken, die ziemlich unabhängig voneinander sind. Das eine besteht in einer Verdoppelung (mindestens) und neuen Qualität, das andere betrifft Querungsunfälle, wie sie auch in dieser Form für schwere Radunfälle typisch sind.

Und wenn das jetzt immer noch nicht als Fingerzeig reicht, bin ich's auch zufrieden und nehme es als weiteren Beleg und Begründung dafür, warum ich nicht nur aus Eigeninteresse, sondern auch aus Mitgefühl für meine Mitmenschen etwas gegen Radwege einzuwenden habe.

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