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Nochmal zur Abteilung "Gratismut¹" bzw. Andocken an die wertewestliche Propaganda

Reaktionen auf Proteste in China: Verzückte Aufregung

  • Von Jörg Kronauer

Die deutsche Politik und ihre Leitmedien haben ihre Liebe zu Gegnern der Coronamaßnahmen entdeckt. Nicht zu denen in der Bundesrepublik, die Stars des Monats, das sind seit dem Wochenende diejenigen Chinesen, die gegen die Lockdowns in ihrem Land auf die Straße gehen. Na endlich: Protest in China! Hat man denn nicht schon immer gewusst, dass die Volksrepublik die Verkörperung des Übels schlechthin ist? Dass man Proteste gegen ihre Staatsführung deshalb lauthals anfeuert?

Nun, die verzückte Aufregung über die Proteste gegen die Lockdowns in China zeugt vor allem von zweierlei. Das eine ist Unkenntnis. Die Volksrepublik ist nicht die Karikatur, die von den westlichen Leitmedien gewöhnlich zusammengepinselt wird: ein Obrigkeitsstaat, in dem sich die Menschen unter der Knute der Behörden wegducken. Proteste sind in China, wenn Missstände auftreten, durchaus verbreitet (https://www.jungewelt.de/artikel/439466.corona-in-china-ohne-bonus-gibt-es-stress.html). Allein für die vergangenen zwölf Monate sind mehr als 800 wilde Streiks dokumentiert, und die Gesamtzahl der Proteste – gegen missliebige Bauvorhaben, gegen Luftverschmutzung, gegen Korruption und vieles mehr – wird auf eine jährlich sechsstellige Größenordnung geschätzt. Jetzt bricht sich – an sich gar nichts Ungewöhnliches – der zunehmende Ärger über die lästigen, fortdauernden Coronamaßnahmen Bahn. Zwar diskutiert die Regierung seit einiger Zeit über Lockerungen, doch hat sie offenbar noch kein Rezept gefunden. Nun kocht der Unmut hoch. So weit, so normal.

Was der deutsche Beifall für die Proteste in China zweitens offenlegt, ist das Brennen darauf, dass die Volksrepublik, der große Rivale, endlich in Schwierigkeiten gerät. Ist der wachsende Unmut über die Coronarestriktionen nicht der erste Fall seit 1989, in dem sich Protest gegen einen landesweit einheitlichen Störfaktor richtet? Kann aus ihm denn nicht vielleicht mehr werden, eine landesweite Protestbewegung etwa, die Präsident Xi Jinping ins Wanken bringt? Und wenn nicht: Kann man Beijing dann nicht wenigstens eine neue Repressionswelle zum Vorwurf machen? Stoff für die Propagandaschlacht im großen Kampf um die globale Vorherrschaft wäre wohl das mindeste, das sich Deutschlands herrschende Klasse wünscht.

Davon unabhängig: Beijing wird sich eher früher als später bewegen müssen, auf Dauer sind die Lockdowns nicht durchhaltbar. Die derzeitigen Proteste sind also gewiss kein unlösbares Problem. Gravierender ist wohl ein anderes: die Jugendarbeitslosigkeit, die im Juli offiziell 19,9 Prozent erreichte. Vor allem junge Menschen gingen in den vergangenen Tagen auf die Straße. Die Zustimmungsraten von über 90 Prozent, die die Regierung in Beijing jahrelang verzeichnete, basierten darauf, dass es in China für alle bergauf ging (https://ash.harvard.edu/publications/understanding-ccp-resilience-surveying-chinese-public-opinion-through-time). Gelingt es nicht, die Perspektiven für junge Menschen zu verbessern, dann gerät die Grundlage der Zufriedenheit mit der Regierung in Gefahr. Beijing sucht inzwischen gegenzusteuern. Ob mit Erfolg, das wird sich zeigen.
- https://www.jungewelt.de/artikel/439737.verz%C3%BCckte-aufregung.html

Zusatz: Was war das mit den Coronaprotesten hierzulande? Wie hätte die geschätzte bürgerlich-linksliberale Öffentlichkeit darauf reagiert diese aus dem Ausland heraus zu umsturzrelevanten Politrebellen zu erheben?
- Gratismut¹ @ https://www.gratismut.de/

Leseempfehlung: Je stärker, desto verhasster - Volksrepublik China im Fokus westlicher Propaganda. (Von Uwe Behrens)
- https://www.jungewelt.de/artikel/438434.ver%C3%B6ffentlichte-meinung-je-st%C3%A4rker-desto-verhasster.html?sstr=china

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