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Ich denke, ein Großteil der Menschen in Deutschland hat bis zum heutigen Tag nicht erfasst, was die Vor-Vorgänger:innengeneration Deutschlands den Russ:innen und den anderen Völkern der Sowjetunion angetan haben. Im Zweiten Weltkrieg verlor die Sowjetunion 27 Millionen Menschen. Von sechs Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen starben drei Millionen an Krankheiten und Hunger in deutschen Kriegsgefangenenlagern. Sie mussten auf freiem Feld vegetieren, ohne Dach über dem Kopf etc.. Das gerade die Lieferung deutscher Panzer in die Ukraine, dessen Regierende und große Teile der Bewaffneten (ob Armee oder nicht) sich auf mit den NS-Schergen Kollaborierende, wie Stepan Bandera beziehen, dort entsetzen auslöst und die Menschen dort in die Arme ihrer Regierung treibt, ist nur aus diesem historischen Kontext zu verstehen, der hier gerne vergessen wird. Sich auf diese Erfahrungen einzulassen hilft vielleicht vom eigenen hohe Ross mit seiner moralingeschwängerten Höhenluft abzusteigen und Empathie (nicht mit den Herrschenden in Russland, aber..) mit der Mehrheitsbevölkerung zuzulassen.

Wie eine Russin über die deutschen Panzer denkt

Eine Russin über die Lieferung deutscher Panzer an die Ukraine, die Ausgezehrtheit des russischen Volkes nach dem Zweiten Weltkrieg und Russlands Weg heute.

Bevor bekannt wurde, dass die Bundesregierung beabsichtigt, Leopard-Panzer an die Kiewer Staatsstreich-Regierung zu liefern, hatte die russische Führung noch Hoffnung, dass es möglich sei, mit Deutschland in Bezug auf die Ukraine zu einer Verständigung zu kommen. Man hoffte, Deutschland werde sich – zumindest ein stückweit – aus der Umklammerung von Washington befreien. In den letzten neun Jahren hörte man in den russischen Medien und Talkshows wohl Kritik an der Position der Bundesregierung zur Ukraine. Aber scharfe Worte gegen Angela Merkel und Olaf Scholz vermied man. Als dann die Panzer-Lieferung an die Ukraine beschlossen war, platzte in Russland ein Knoten. Der Ton wurde äußerst scharf, besonders in Fernseh-Talkshows und in den sozialen Netzen.

Ich habe mit Julia, einer Bekannten von mir hier in Moskau, über die Panzerlieferungen korrespondiert. Und ich habe den Eindruck, dass ihre Position typisch ist für die Russen über 40. Julia gab mir ihr Einverständnis, dass ich ihre Briefe für eine Veröffentlichung ins Deutsche übersetze. Mancher wird mit den Gedanken von Julia nicht einverstanden sein, aber kennen sollte man die Gedanken dieser Russin schon.

Zur Person: Julia kommt aus Moskau. Sie hat eine Ausbildung im Finanzwesen absolviert und schreibt für Fachzeitschriften zum Thema Schifffahrt.

  • von Ulrich Heyden

Der erste Brief

Wie kann man den Menschen in Deutschland diesen einfachen Gedanken nahebringen, dass wir hier in Russland nichts vergessen und nichts verziehen haben?

Wir fahren nach Deutschland als Touristen und fast jeder von uns hat gute Bekannte in Deutschland. Mit denen haben wir ein gutes Verhältnis und wir lieben sie sogar. Aber! Wir haben nichts vergessen und wir haben nichts verziehen.

Deutschland hat Russland weder moralisch noch materiell bezahlt für den ungeheuerlichen Genozid und die ungeheuerlichen Verbrechen gegen die friedliche Bevölkerung Russlands, gegen Frauen und Kinder, für all das, was die Deutschen hier von 1941 bis 1945 angerichtet haben.

Warum wurde Deutschland nach dem Krieg bis heute ein Vasall der USA? Nach den himmlischen Gesetzen müsste Deutschland wegen seiner Gräuel 500 Jahre ein Knecht Russlands sein. Wir erinnern alles! Und kein Verrat unserer Regierung, welche in den 1990er Jahren alles geschleift und sich dem Westen an die Brust geworfen hat, sollte das deutsche Volk täuschen. Die Menschen in Russland haben, was die Deutschen betrifft, nichts vergessen und nichts verziehen.

Und was es auch für furchtbar unfähige Auseinandersetzungen in der Ukraine gibt, sollen die Deutschen wissen, dass, wenn es um die Ukrainer geht, ist die russische Gesellschaft gespalten. Aber wenn der Westen – und insbesondere Deutschland – an unser Land ran will, dann werden wir uns zusammenschließen, egal ob klein oder groß. Und Niemandem wird die Hand zittern, am Abzug eines Gewehrs oder beim Drücken eines Start- oder eines sonstigen Knopfes.

Der Hass über das, was die Deutschen hier vor weniger als 100 Jahren machten, ist nicht verschwunden. Und der Hass darüber, dass Eure alten Leute, die früheren Soldaten, im Ergebnis viel besser leben als unsere alten Leute, welche die Welt vom Faschismus retteten, verstärkt den Hass, und Niemand wird untersuchen, wer daran schuld ist, der Westen oder unsere Verräter. Deutschland muss jetzt still sein. Die ganze deutsche Nation muss jetzt beten, dass die Russen die Deutschen einfach vergessen. Aber wir vergessen nicht!

Und es gibt keinen besseren Anlass, die Menschen in Russland zu vereinen, als deutsche Panzer und Soldaten, die erneut auf unsere Erde wollen. Jungs, ihr habt hier Blut von Kindern vergossen, dass es für die nächsten 1.000 Jahre reicht!

Wir haben unsere Kinder etwas außer Acht gelassen. Aber unsere Enkel lassen wir jetzt nicht außer Acht. Sie wissen alles über den Krieg, über die Faschisten und über die Deutschen.

Und all unsere gemeinsamen Gaspipelines, der Kulturaustausch, Touristen, Autos und der ganze Kram wiegt nicht das Blut und die Verbrechen auf, welche die Deutschen hier verübt haben. NIEMALS. So kann man es den Massen vermitteln.

Ich nehme an, dass man in Deutschland denkt wie 1941, dass hier alle von der deutschen Staatsbürgerschaft und der deutschen Ordnung träumen.

Jungs, wie oft wollt ihr den gleichen Fehler machen und Blut vergießen? Ihr habt ja das Blut der letzten hundert Jahre noch nicht abgewaschen.

Es folgen noch weitere Briefe. Hier nachzulesen: https://overton-magazin.de/kommentar/politik-kommentar/wie-eine-russin-ueber-die-deutschen-panzer-denkt/

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