Vor einiger Zeit im Internet entdeckt: Nicole Deitelhoff, Olaf Groh-Samberg, Matthias Middell (Hg.): “Gesellschaftlicher Zusammenhalt. Ein interdisziplinärer Dialog”, (Verlag Campus, 2020). Das Buch kann frei aus dem Internet heruntergeladen werden. Dieses Buch kann nach Art eines Ratgeberbuches gelesen
werden - viele Antworten auf seltene Fragen. Besonders, was das Verhältnis Corona - Zivilgesellschaft - sozialer Zusammenhalt betrifft.
(1) So erfährt man bei der Lektüre, daß die Reichtweite und Effizienz staatlichen Handelns durch eine vertikale Form des sozialen Zusammenhangs gestärkt wird. Angesichts der hohen Zustimmungswerte der Bevölkerung gegenüber der deutschen Corona-Politik scheint das in Deutschland so gewesen zu sein,
entsprechend der obrigkeitsstaatlichen Tradition. Die horizontale Form des Zusammenhalts, die auf die Kooperationsfähigkeit und selbstständige Problemlösung zielt, scheint in Corona-Zeit dagegen weniger zugenommen zu haben.
(2) Corona hat der Zivilgesellschaft nicht gut getan. Aus meiner Sicht unterwarf die deutsche Zivilgesellschaft sich weitgehend staatlichen Vorgaben und übernahm die Rechtfertigungsnarrative der Corona-Politik. Es könnte als ein Zeichen der Lernunfähigkeit und Unproduktivität von weiten Teilen der
Zivilgesellschaft gesehen werden, daß andere Narrative weitgehend zurück gedrängt werden konnten. Sicherlich unter Beiteiligung der Massenmedien.
(3) Komplexitätsstress. Dem Verlangen, mit einer eindimensionalen Denkweise Corona-Politik betreiben zu können, steht die Komplexität der Gesellschaft gegenüber. Polarisierung, Freund-Feind-Denken reduziert die Komplexität. Damit hat die Polarisierung der Gesellschaft eine stabilisierende Funktion, allerdings - so zeigt Corona - auf Kosten einer Verrohung der Öffentlichkeit.
Vertieft wird diese Entwicklung durch die Tendenz, fachliche Expertise unsichtbar zu machen für die Öffentlichkeit durch Verlagerung in die Tiefe der Bürokratie, externe Beraterfirmen,.. Die allgemeine Bevölkerung erlebt so die zunehmende gesellschaftliche Komplexität in einer passiven Rolle.
(4) Mehrheitsgesellschaft. Mit dem Appell an den gesellschaftlichen Zusammenhang wird häufig die Durchsetzung einer normativer Hegemonie durch die Eliten versucht, angeblich auf der Basis des common sense. Marginalisierte Gruppen kommen dabei eher nicht zu Gehör.
Der gesellschaftliche Zusammenhang wird besonders in Krisensituationen in den Vordergrund gerückt, wobei sich SPD / Grüne sich hervorheben.
(5) Souveränitätspaniken. Von außen angestoßene Veränderungen gesellschaftlicher Arrangements werden im Extremfall von panikartigen Reaktionen begleitet. Themen um Partizipation und Gerechtigkeit gewinnen an Bedeutung und werden von populistischen Entwicklungen aufgegriffen.
(6) Sozialpsychologische Konfliktthese. Differenzierungsprozeße zwischen sozialen Gruppen sind ein starkes Werkzeug zur Stärkung der Gruppenidentität und damit zur sozialen Stabilisierung.
[Demnach gehört die Verbreitung von Haß & Hetze während der Corona-Zeit zur Strategie der Eliten, die deutsche Mittelschicht in einer von außen kommenden Bedrohungssituation zu stabilisieren? Wenn dem so ist, dann ist diese Strategie nur teilweise erfolgreich gewesen, weil während Corona die Spaltung der
Gesellschaft durch die Mitte der Gesellschaft ging.]
(7) Statuskonkurrenz. Die Angehörigen der Mittelschicht sind ökonomisch und kulturell gefährdet. In der Folge haben sich harte Konkurrenzsituationen um den Status innerhalb der Mittelschicht entwickelt. Dabei werden Unterschiede in der Lebensführung sichtbar, besonders hinsichtlich der Investionen in die
Statuskonkurrenz.
[Nach diesem Modell ist es plausibel, daß eine Gruppe von ZeitgenossenInnnen mit extremen Investitionen in die Statuskonkurrenz anfangen, die gesellschaftliche Entwicklung zu dominieren. Jedoch ist es weniger fachliche Spitzenleistung, sondern eher die Schwerpunktsetzung auf beruflich verwertbare Netzwerke und die Familie, mit der sich diese Personen hervorheben. Neben einem allgemeinen Kompetenzverlust ist eine Begleiterscheinungen dieser Entwicklung die Schwierigkeit, aus einer Konkurrenzsituation heraus kooperative Lösungen zu finden. In der Tendenz folgt daraus eine Situation gesellschaftlicher
Konfrontationen, Haß & Hetze.]
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