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Was gegen versuchte Zensur immer wieder ein Mittel ist: Inkriminierte Artikel lesen und weiterverbreiten.

#Artenschutz: Polizeiliche Ermittlungen gegen queer.de

Wegen des Artikels "Mit Ratzinger starb einer der größten queerfeindlichen Hetzer" ermittelt die Polizei Berlin gegen unsere Redaktion. Es bestehe der Verdacht der "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener".

Auch nach über 30 Jahren im queeren Journalismus erlebe ich noch echte Überraschungen: Am Freitag informierte uns die Polizei Berlin, dass sie gegen queer.de wegen des Verdachts der "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" ermittelt. Grund ist unser am Silvestertag veröffentlichter Nachruf auf den emeritierten Papst Benedikt XVI. "Mit Ratzinger starb einer der größten queerfeindlichen Hetzer". Im Falle eine Verurteilung droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.

Wir wissen bislang nicht, wer Anzeige erstattet hat. Da die "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" jedoch ein Antragsdelikt ist und nur Angehörige Ratzingers antragsberechtigt sind, erwäge ich aus großer Neugier nun doch, eine Anwaltskanzlei einzuschalten und Akteneinsicht zu beantragen.

dju fordert Einstellung der Ermittlungen

Nachdem ich die Ermittlungen gegen queer.de am Freitagabend auf meinem Twitter-Account öffentlich machte, erreichte uns eine Welle der Solidarität, für die wir uns sehr bedanken. Mehrere Medien, darunter der "Tagesspiegel" und die "taz", berichteten am Wochenende über den Fall. Der Geschäftsführer der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di Berlin-Brandenburg, Jörg Reichel, forderte die Berliner Polizei auf Twitter dazu auf, die Ermittlungen einzustellen. "Langatmige Ermittlungen oder eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft wären ein Angriff auf die Pressefreiheit."

Diese Ansicht teilen wir. Aus diesem Grund werde ich der Polizei auch keine freiwilligen Auskünfte erteilen. Bereits die Vorermittlungen und die Annahme eines Anfangsverdachts gehen deutlich zu weit. Mein Vertrauen in den Rechtsstaat und die Pressefreiheit in Deutschland ist aber groß genug, dass ich mir im nächsten Schritt eine Durchsuchung der Redaktionsräume, einen Strafbefehl, eine Anklage oder gar eine Verurteilung nicht vorstellen kann.

Besessen von einem regelrechten Anti-Homo-Wahn

Etwas Gutes haben die skurrilen Ermittlungen immerhin: Sie geben uns Gelegenheit, Joseph Ratzingers oft verharmloste Queerfeindlichkeit noch einmal in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Denn ohne Zweifel war Benedikt XVI. "einer der größten queerfeindlichen Hetzer".

Schon als Kardinal war er von einem regelrechten Anti-Homo-Wahn besessen. Homosexualität sei "eine objektive Unordnung" und gebe "in moralischer Hinsicht Anlass zur Sorge", schrieb er bereits 1992 als Chef der Glaubenskongregation. Ein Schwerpunkt seines Pontifikats war der Kampf gegen die rechtliche Gleichstellung von lesbischen und schwulen Paaren – für Ratzinger eine "Manipulation der Natur", die zum Verlust der "Würde des Menschen" führe. Mit dem Satz "Nicht der Mensch entscheidet, nur Gott entscheidet, wer Mann und wer Frau ist" warnte er transgeschlechtliche Menschen vor einer Transition.

In seiner menschenverachtenden Rhetorik überbot sich Benedikt XVI. immer wieder selbst, sogar noch nach seinem Rücktritt als Papst. In einem 2020 erschienenen Buch bezeichnete Ratzinger die Ehe für alle als "Deformierung des Gewissens", die "im Widerspruch zu allen bisher aufeinander folgenden Kulturen der Menschheit" stehe. Dahinter witterte er allen Ernstes die "geistige Macht des Antichrists".

Joseph Ratzinger hat mit seiner Hetze viele gläubige queere Menschen in schwere religiöse Konflikte bis hin zum Suizid getrieben. Dafür hat er sich nie verantworten müssen.
- https://www.queer.de/detail.php?article_id=44296