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Befreit

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Das sind der 133. und 134. Stolperstein, dessen Kartierung ich entweder überarbeitet oder angelegt habe. Und die zweite Überlebende des Holocausts, die erste, die befreit wurde. Zwei weitere Verfolgte sind geflohen und haben so überlebt, insgesamt also etwa 3%. Dazu sollte man wissen, dass die meisten Opfer von hier Anfang 1942 deportiert worden sind, nachdem die Ausgrenzung spätestens 1938 begann. Nur wenige wurden vorher schon inhaftiert oder verschleppt, das waren politische Gegner und der Zeuge Jehovas, dessen Geschichte bekannt ist.

Die kaltblütige Effizienz des Mordens sieht man erst, wenn man viele Schicksale aus einer kleineren Gegend betrachtet. Menschen wurden ganz gezielt auf verschiedene Lager verteilt, je nach Verfolgungsgrund und abhängig von der noch erwarteten Nützlichkeit. Politische Gegegner kamen zunächst ins Gefängnis, manche wurden dort umgebracht, andere in Lager gebracht, Kranke und Behinderte wurden in Hartheim bei Linz vergast, alte Juden und Jüdinnen kamen nach Theresienstadt, was nicht so weit entfernt ist und starben dort an den Folgen von Unterernährung, Krankheiten und Misshandlung, die meisten jüngeren jüdischen Verfolgten wurden nach Piaski in der Nähe von Lublin gebracht.

Auch nach der Befreiung endete Frieda Schottigs Ärger mit dem deutschen Staat nicht, in ihrer Kurzbiografie las ich:

Im Mai 1947 zog sie nach Palästina, wo sie in Haifa und Umgebung wohnte, zumindest zeitweise bei einem ihrer Kinder. Doch bis 1963 kehrte sie häufig nach Regensburg zurück, war immer wieder, auch für längere Zeitabschnitte, hier gemeldet, wo sie mit großer Energie und gegen zahlreiche Widerstände das Restitutionsverfahren vorantrieb, gelegentlich auch auf Kur war. Dabei bestritt man seitens der Behörde zunächst, dass der Tod ihres Mannes (7.5.1945) etwas mit dem Terror der nationalsozialistischen Diktatur zu tun habe und lehnte mindestens zweimal ihre Forderungen ab. Man forderte, sie solle ein ärztliches Gutachten vorlegen, das den Gesundheitszustand ihres Mannes unmittelbar vor seiner Verhaftung aufzei-ge sowie ein zweites Gutachten, das seine Gesundheit „unmittelbar nach der Verfolgung“ beschreibe (29.4.1955). Erst im folgenden Jahr rückte man von dieser zynischen Forderung, die einen Menschen erneut in die Ausweglosigkeit drängen sollte, ab, sukzessive anerkannte man ihre Ansprüche, zahlte eine (teilweise) Entschädigung und eine laufende Rente (sie belief sich 1966 auf 316,- DM. Zum Vergleich: im Einzelhandel verdiente eine Frau in dieser Zeit im Bundesdurchschnitt brutto 583,- DM, in der Textilindustrie 699,- DM monatlich).
Im Jahr 1967 starb Frieda Schottig, die zu diesem Zeitpunkt bei ihrer Tochter in Haifa lebte, nach einem lange Zeit sehr glücklichen Leben (so ihre eigene Feststellung), dessen brutaler Zerstörung und einem viele Jahre währenden Kampf gegen bayerische Wiedergutmachungsbehörden.

Quelle: http://www.stolpersteine-regensburg.de/2016dreiKr6Fschot78.pdf

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