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Ein sehr interessanter Artikel, der aufzeigt wie die rechten Eliten in Lateinamerika (gestützt auf Kommerzmedien, Justiz und andere Staatsapparate) mit Unterstützung aus den USA linke Regierungen sabotieren:

Juristische Kriegsführung in Lateinamerika

Von täglicher Diffamierung bis zum Attentat gegen Cristina Fernández de Kirchner (Von Alicia Rivero)

Lateinamerika war die einzige Region weltweit, die in den letzten zwanzig Jahren eine Reihe fortschrittlicher Regierungen hatte. Vielleicht ist das der Grund, warum sich der von den USA unterstützte Krieg vermittels der Justiz – Lawfare - auf die Länder mit den progressivsten Regierungen Lateinamerikas konzentrierte.1 Während die harmlose, wenn auch respektable ehemalige Präsidentin Chiles, Michelle Bachelet, mit dem Posten der Hohen Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen prämiert wurde, werden rebellischere Führungspersönlichkeiten Lateinamerikas juristisch verfolgt und in Verruf gebracht.

Gibt es den Lawfare überhaupt? Im Norden guckt man eher skeptisch auf Lateinamerika nach dem Motto "da unten sind doch alle korrupt und empfänglich für Verschwörungen".

Ein berühmter Mann aus dem Süden glaubt an die Existenz des Lawfare und ist ein aktiver Kritiker: Papst Franziskus stellte in seiner Rede auf einem Weltkongress über Strafrecht 2019 fest, dass regelmäßig falsche Anschuldigungen gegen politische Führer:innen erhoben werden, verbreitet "von den Medien, den Gegnern und den kolonisierten Justizorganen". Damit werde der notwendige Kampf gegen die Korruption instrumentalisiert, um unliebsame Regierungen zu bekämpfen.2

Wie der argentinische Rechtsanwalt und Journalist Aleardo Rajneri schreibt, wird wahrscheinlich im Laufe der Zeit der wahre Charakter des Lawfare anerkannt, so wie es den Menschenrechtsorganisationen gelungen ist, das verhängte Schweigegelübde der Militärdiktatur über die Verschwundenen zu brechen.3

Der Lawfare scheint jedenfalls eine effektive Strategie zu sein, um sich wertvolle Ressourcen4 durch rechte Regierungen zu sichern, die gleichzeitig die geostrategischen Interessen der USA übernehmen. Daher sind die früheren, von den USA unterstützten Militärputsche5, nicht mehr notwendig, zumindest derzeit.

Das bekannteste Lawfare-Opfer ist Lula da Silva, der wegen Korruption verurteilt wurde, obwohl der Bundesrichter Sergio Moro keine festen Beweise ermitteln konnte, aber von Lulas Schuld "zutiefst überzeugt" war. Lula saß 1,7 Jahre im Gefängnis, bis ein Richter des Obersten Gerichtshofs im März 2021 die Verurteilung aufhob. Dass Lula über 20 Millionen Brasilianer:innen aus der Armut herausholte oder die brasilianische Wirtschaft unter seinem Mandat zu der sechstgrößten Volkswirtschaft emporstieg, half ihm bei den Wahlen begrenzt. Seine politischen Gegner gewannen bei dem ersten Wahlgang Gouverneursposten in wirtschaftlich wichtigen Bundesstaaten sowie die Parlamentswahlen. Auch wenn Lula als knapper Sieger aus dem zweiten Wahlgang am 30. Oktober hervorging, wird das Regieren schwierig.

Was ist zwischen heute und dem Ende seiner Amtszeit, als er über 80 Prozent Zustimmung der brasilianischen Bevölkerung genoss, passiert? Zwar wurde das juristische Urteil aufgehoben, doch ein Teil der gesellschaftlichen Verurteilung blieb, was auch eine Wirkung des Lawfare ist. Leider gibt es eine Laissez-faire-Haltung der fortschrittlichen Regierungen Lateinamerikas gegenüber der strukturellen Korruption in ihren Ländern, was die Arbeit der Lawfare-Betreiber erleichtert.
In Verruf geratene Helden

"Lateinamerikas nächster gefallener Held" feierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 08.April 20206 das Urteil des ecuadorianischen Obersten Gerichtshofs, der den ehemaligen Präsidenten Rafael Correa zu acht Jahren Haft und 25 Jahren Ausschluss von öffentlichen Ämtern verurteilte. Der FAZ-Artikel erinnert an zwei weitere "linkspopulistische Fälle": Lula in Brasilien und Cristina Fernández de Kirchner (CFK) in Argentinien. Laut Autor konnte CFK sich durch ihr Amt als Senatorin und später durch die Wahl zur Vizepräsidentin einer Verurteilung wegen Korruption entziehen. Tatsache ist jedoch, dass sie zuvor zwei Jahre lang kein Amt bekleidete, d.h. keine Immunität genoss.

Nach dem Wahlsieg des rechten Oppositionsbündnisses "Juntos por el Cambio" (JxC), dominiert durch die Partei ihres Nachfolgers7, dem neoliberalen Präsidenten Mauricio Macri, nahmen die Anklagen gegen CFK zu. Es wurden 298 Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet, deren überwiegende Mehrheit vor Gericht keinen Bestand hatte. "Ernsthaftere" Fälle sind etwa sechs, von denen sie inzwischen in drei Fällen freigesprochen wurde wegen Nichtvorliegen einer Straftat.

Cristina Fernández de Kirchner und ihr Mann, der verstorbene Néstor Kirchner, gehören zur linksperonistischen Strömung, die als Kirchnerismus bezeichnet wird. Sie regierten zwischen 2003 und 2015. Was das Establishment und die Rechte ihnen nicht verzeiht, ist, dass sie Interessen der Agraroligarchie und der Konzerne berührt haben. CFK ist seit 2008 das Ziel von Hetzkampagnen in Argentinien, aber auch im Ausland, wegen der Umstrukturierung argentinischer Schulden gegenüber spekulativen Investitionsfonds (Geierfonds).8 Am Ende ihrer Präsidentschaft hatte CFK eine Zustimmung von 53 Prozent, ihre aktuelle Wählerbasis wird auf 30 bis 35 Prozent geschätzt. Ihre Verfolgung ist kein Zufall: Sie ist das größte Hindernis für die Rechte, ihre politischen Ziele zu erreichen....
- vollständiger Artikel: https://amerika21.de/analyse/261661/juristische-kriegsfuehrung-lateinamerika