Die Verkehrsterroristen

Menschen, die mit dem Fahrrad fahren, sind der Tod unseres Wirtschaftssystems und die Feinde unserer qualitätsdemokratischen Gesellschaft. Sie kaufen kein Auto und sie brauchen keinen Treibstoff. Sie verursachen keine schweren Unfälle und sie benötigen deshalb keine Reparaturen durch Spezialwerkstätten, die kaum nachvollziehbare Mondpreise in ihre Rechnungen schreiben können. Auch der Schrotthändler hat viel weniger Umsatz. Radfahrer brauchen auch keine teuren Autobahnen, die in großer Korruption gebaut werden. Sie parken überall kostenlos. Radfahren macht arm und arbeitslos. Und diese Radfahrer werden nicht einmal fett, träge und unbeweglich dabei, sondern bleiben lange kräftig und gesund — zumindest, so lange sich nicht von einem Verkehrsteilnehmer mit dem Auto totgefahren werden, der lieber auf sein Handy als in Fahrtrichtung auf die Straße schaut. Gesunde, kräftige und vernünftige Menschen sind weder nötig noch nützlich für eine Wirtschaft, die vor allem „Verbraucher“ braucht.

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis man diesen verfassungsfeindlichen Verkehrsterrorismus verbieten wird, der zurzeit immer mehr Zulauf erhält. Es ist erstaunlich, dass man es noch nicht getan hat.

CDU, bitte übernehmen! Ihr seid doch immer so fürs Markante. Oh, das kommt gar nicht an bei den Leuten?

Detail aus der eben verlinkten Website: Umfrageergebnis in einer sehr manipulativ formulierten Website, auf der man auch abstimmen sollte: CDU: Wohlstand und gute Jobs in der Autoindustrie sichern -- Verbrenner-Verbot abschaffen -- Unterstützen Sie die Forderung zur Rücknahme des Verbrenner-Verbotes? -- Ja: 14 Prozent -- Nein: 88 Prozent -- 175712 Teilnehmer

Vielleicht erklärt dieser fest in einer fernen Vergangenheit verwurzelten CDU einmal jemand, dass die Zeiten längst vorbei sind, in denen eine sechsstellige Anzahl gutbezahlter Arbeiter in übler, entsozialisierender Schichtarbeit den Betrieb einer Autofabrik aufrechterhalten hat und für diese Maloche auch halbwegs angemessen entlohnt wurde. Heute sind die meisten Fertigungsschritte weitgehend automatisiert, und die wenigen, immer weniger werdenden Handgriffe, die man noch nicht kostensparend automatisieren kann, werden gemäß dem politischen Willen der CDU, CSU, SPD, FDP und der Grünen von schlecht bezahlten Leuten aus einer betriebseigenen Zeitarbeits-GmbH erledigt. Der weiterhin im Überfluss erwirtschaftete Reibach kommt nicht mehr bei Menschen an, die eine Arbeit machen, sondern bei Menschen, die schon Geld haben. Meistens aus Erbschaften, denn mit Arbeit kann man sich in der Bundesrepublik Deutschland ja gerade so durchschlagen, selbst als ausgebildeter Facharbeiter. Und natürlich kommt der Reibach bei institutionellen Anlegern an. Geld verstößt gegen die Schwerkraft, es fällt nach oben.

Aber dafür müsste diese CDU zwei Dinge verstehen: Was technischer Fortschritt ist und welche gesellschaftlichen Auswirkungen er hat. Beides ist für diese rückwärtsgewandte und von cargokultfördernder Vergangenheitsverklärung intellektuell zerfressene Partei, die zurzeit lieber unter Bildzeitungslesern, Gossenfernsehzuschauern und Neonazis in offenem und tiefendummen populistischem Tonfall um Stimmen buhlt, ein Buch mit sieben Siegeln, und keiner der Heilande aus ihrer Parteioligarchie ist dazu imstande, diese Siegel zu öffnen. Und so kommt es dann zu Realsatiren wie dieser Scheinumfrage, die man übrigens schon als dreijähriger Nachwuchshacker auf dem Pisspott mehrfach beantworten kann, indem man einfach mit einem Klick die Cookies in seinem Browser löscht oder mit einem anderen Klick ein privates Fenster seines Webbrowsers öffnet. Mit höchst lächerlichem Ergebnis. Für die CDU.

Wer noch eine andere Zukunft als den Tod vor sich hat, sollte vielleicht besser eine andere Partei wählen, wenn er noch wählt.

Zweitverwertet aus Lumières dans la nuit. | #CDU #Dummfrage #Realsatire #Satire #Populismus #Wahlkampf #Fahrrad