Lesestoff: -> Höhere Benzinpreise und soziale Gerechtigkeit lassen sich verbinden

Gestern hatte ich über die parteiübergreifende Idiotie "man muss was gegen galoppierende Spritpreise tun" abgelästert. Wie ich gerade erst sah, veröffentlichte Gregor Honsel später am Tag bei Heise einen Kommentar, der die Problematik recht gut schildert. Siehe den obigen Link.

Was mich allerdings etwas am Rande ein wenig irritiert, ist die Bemerkung

Selbst wenn es statt einer Steuererleichterung eine festen, einkommensunabhängigen Betrag pro Kilometer gäbe, wäre das sozial immer noch unausgewogen, denn dies würde arme wie wohlhabende Pendler gleichermaßen begünstigen. Zudem würde auch dies jegliche Lenkungswirkung sabotieren.

Denn dies streift ein Thema, um es dann gleich wieder abzutun und verbrennt es so. Ein fester, einkommensunabhängiger Beitrag pro Kilometer (oder, was mein Gegenvorschlag wäre: ein fester, einkommensunabhängiger Beitrag pro tatsächlich aufgewendeter Zeit) hätte nicht nur eine soziale Komponente, sondern auch eine verkehrs- und klimapolitische.

Mein Spruch war bisher: ich habe meine Fahrräder immer schon selber finanzieren können, schönen Dank auch, anders als diejenigen, die alle fünf Jahre einen neuen SUV oder wenigstens ein Mittelklasseauto brauchen und ohne staatliche Subventionierung damit völlig überfordert sind. Und das sehe ich immer noch so. Allerdings unterschlägt dies den erheblichen Zeit- und Geldaufwand, der anfällt, wenn man das Fahrrad auch unter ungünstigen Umständen umfänglich als Verkehrsmittel nutzt. Wer Radfahren nur vom - neuerdings elektrisch unterstützten - langsamen Herumtorkeln im Stadtwald kennt, was die überwiegende Mehrzahl der Politiker und die meisten Funktionsträger in Verwaltungen gut charakterisieren dürfte, weiß dies nicht und wird Erklärungen auch nicht verstehen (wollen). Platt ausgedrückt: wenn die Wahl darin besteht, für ein anständiges Fahrrad drei- bis fünftausend Euro hinzublättern (oder sich über Jahre hinweg die Fertigkeiten aneignet, mit der Hälfte des Betrages auszukommen), plus hunderte EUR für geeignete Sommer- und Winterkleidung, oder sich vom Staat einen Neuwagen mit ähnlichen Beträgen bezuschussen zu lassen, weil der Neuwagen einzelne negative Merkmale des Bestandes nicht mehr hat (etwa: fossiler Treibstoff), liegt die Entscheidung auf der Hand. Vor allem dann, wenn einem mit dem einen Fahrzeug allenthalben der sprichwörtliche rote Teppich ausgerollt wird, während das andere sich mit in der Form einer Zwangsverpflichtung schmackhaft gemachten Neben- und Randwegen begnügen muss.

Wer es sich leisten kann, hält sich die Entscheidung offen, hält sich einen alten Gebrauchtwagen, fährt den kaum (was die Gesamtkosten zwar heftig reduziert, die Kosten pro Kilometer aber in absurde Höhen treibt) und gibt das Geld aus und opfert die Zeit, für all die Umstände, die durch die Verkehrsmittelwahl "Fahrrad" so anfallen.

Wer aber finanziell so am Limit ist, dass er oder sie diese Wahl treffen muß, wird das Fahrzeug wählen, das die Gesellschaft als das attraktivere inszeniert und fördert und mit dem man alle Wege bewältigen kann und bewältigen wird, von den Wegen, die vernünftige Menschen zu Fuß zurücklegen, bis hin zu Langstrecken, die vernünftige Menschen ein Fahrrad oder der Bahn nutzen.

Und das ist politisch leider so gewollt, vom Wähler und dann von den Politikern, die er oder sie wählt.

#wahl #verkehrspolitik #klimawandel #verkehrspolitik #radverkehrspolitik

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