Oskarunverdächtiges Denken
„Du wirst niemals in einer journalistischen Dokumentation oder gar in einem Spielfilm sehen, dass gezeigt wird, wie ein Mensch nachdenkt“, sagte der Vorübergehende zu seinem Mitmenschen, „denn es sähe genau so aus, als ob der Mensch nichts täte und dieses Nichtstun nur gelegentlich dadurch unterbräche, dass er etwas nachliest, sich Notizen macht oder gemachte Notizen anschaut und entweder strukturierend überarbeitet oder verwirft. Ein äußeres Schweigen und Innehalten bei erhöhter innerer Anstrengung, das den Zuschauer langweilt und deshalb überhaupt nicht für die Geschäftsgrundlange der contentindustriellen Unterhaltung geeignet ist, die Emotionen von Menschen aufzuwühlen und zu manipulieren. Der Zuschauer will action, aber Nachdenken erfordert das genaue Gegenteil dieser Haltung, die Einstellung von anderer interessanter Tätigkeit (Abwaschen, Spazierengehen und vergleichbare halbautomatische Tätigkeiten gehen noch und werden dabei zur körperlichen Wohltat), eine gewisse Freiheit des Geistes von sonstigen Zwängen und eine ungestörte Zeit, um den meist etwas unwilligen Denkmuskel anspannen und schichtweise von seinen allzuschnellen Urteilen fernhalten zu können. Das Problem ist, dass die von der Contentindustrie zu Zuschauern gemachten Menschen dann genau so an politische Entscheidungen herangehen, was allerorten zu einem großen Maß der Intelligenzverachtung in der Politik führt. Der Weg in die Idiocracy ist sehr unterhaltsam, und er ist Komödie und Tragödie zugleich, dramatisch wie die dumme Psyche“.
#Contentindustrie #Intelligenzverachtung #Idiocracy #Psyche #Unterhaltung | Zweitverwertet aus Lumières dans la nuit.
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