#enzensberger

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Sehr guter Nachruf auf #Enzensberger von Thomas Schmid:

"Aber Enzensberger ist nun einmal zuerst ein Ästhet, auch ein Spieler. Anders als Günter Grass, Peter Weiss, Alfred Andersch und selbst dem Eigenbrötler Martin Walser fehlen ihm Talent und Bereitschaft, sich einzureihen und auf Kollektiv zu machen. Es ist wie ein Automatismus: Jeder Position lässt er über kurz oder lang deren Negation folgen. Wer ihn dort sucht, wo er gerade war, muss feststellen, dass er immer schon weg ist. Man hat Enzensberger vorgeworfen, ihm fehle ein fester Kern von Überzeugungen. Da ist zwar mehr dran, als in den Nachrufen auf ihn beharrlich behauptet wird. Er war aber sicher kein Opportunist. Zum einen besaß er wie kaum jemand anders die Fähigkeit, das Gras wachsen zu hören. In alle Richtungen neugierig, besaß er feine Antennen. Auch ein Gespür dafür, wenn etwas vorbei ist. Zwar hat er – der Selbstkritik vermutlich für ein müßiges Unterfangen hielt – seinen Wandel vom Verächter dieser Republik zu einem, der im Großen und Ganzen im Einverständnis mit ihr lebte, nie markiert, nie beschrieben, noch weniger als sein Freund Jürgen Habermas. Er hat sich einfach gehäutet und die alte Haut dann hinter sich gelassen."

https://schmid.welt.de/2022/11/27/so-flink-dass-er-sich-selbst-ueberholte-zum-tod-von-hans-magnus-enzensberger