#lyrik

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#kultur #kunst #lyrik #gedicht-zeigen

Sei nicht so neugierig!

  • Von Thomas Gsella

Warum frier’ ich, wenn es kalt ist?
Wieviel Blätter hat ein Wald?
Neu ist alles, was nicht alt ist,
Und dem Kind ist gar nichts alt.

Doch das Alter schaut robust auf
Seinen Vorteil, sein Revier
Und beschimpft die junge Lust auf
Alles Neue gern als Gier.

Als wär’ Wissenwollen Sünde.
Manche Kinder werden still.
Neugier sagt, wer alte Pfründe
Gegen Jung behaupten will.
- https://www.jungewelt.de/artikel/471982.gedicht-zeigen-sei-nicht-so-neugierig.html

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#kultur #kunst #lyrik #medien #faschismus

Talkshows

Liegt ein Kind erkältungskrank:
Lass es draußen frieren!
Weht vom Fisch ein Faulgestank:
Bitte gleich servieren!
*
Kommt die Freundlichkeit vorbei:
Beiß ihr in die Waden!
Schreit aus Hetzern Barbarei:
In die Sendung laden!
*
Ist der Hetzer auch strohdumm:
Vor dem Ernten sät er.
Und so wächst ein Publikum,
Und so wachsen Täter.
- von Thomas Gsella

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#kultur #kunst #lyrik #gsella

Wunschgebet 2024

Lass die Harten weicher werden
Und die Kalten also wärmer,
Lass die Armen reicher werden
Und die Reichen also ärmer,
Mach, dass Jucken nicht mehr juckt.
Schenk uns einen Automaten,
Der den Tätern böser Taten
Herzhaft in die Suppe spuckt.
*
Mach die dummen Kerle älter,
Dass sie endlich mehr begreifen,
Mach die Lüfte wieder kälter
Und die Schiris weiser pfeifen,
Mach das Gute groß und stark.
Lass die Kriegsgeräte rosten
Und das Wohnen soviel kosten
Wie ein Gläschen Kräuterquark.
*
Mach, dass unser Kopf nach schweren
Weinen tanzt anstatt zu wüten,
Mach, dass wir die Dichter ehren,
Tief bewundern, hoch vergüten,
Aber dalli. Pronto. Flott.

Willst du nicht, dass wir die Sachen
Ohne dich und selber machen:
Lass es krachen, oller Gott!
- Von Thomas Gsella

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#kultur #lyrik #satire #gedicht

Erlöser bizarr

  • Von Thomas Gsella

Josef?
Ja, mein Kind?
*
Wenn ich auch die Blinden sehend,
Tauben hörend, Lahmen gehend
Mache und aus Wasser Wein;
*
Wenn mir Mama auch erzählte,
Ich sei halt der Auserwählte,
Will ich doch ein andrer sein:
*
Lasst ihr mich auf Gottes Erden
Bitte Guerillero werden?
*
Aber die gibt’s doch noch gar nicht!

francoisvillon@societas.online

Krissmäs Poäm

Anonym -> 3.000 Gedichte - Poems - Lyrik - Poesia

When the snow falls wunderbar
And the children happy are,
When the Glatteis on the street,
And we all a Glühwein need,
Then you know, es ist soweit:
She is here, the Weihnachtszeit.

Every Parkhaus ist besetzt,
Weil die people fahren jetzt
All to Kaufhof, Media Markt,
Kriegen nearly Herzinfarkt.
Shopping hirnverbrannte things
And the Christmasglocke rings.

Merry Christmas, Merry Christmas,
Hear the music, see the lights,
Frohe Weihnacht, Frohe Weihnacht,
Merry Christmas allerseits ...

Mother in the kitchen bakes
Schoko-, Nuss- and Mandelkeks
Daddy in the Nebenraum
Schmückt a Riesen-Weihnachtsbaum
He is hanging auf the balls,
Then he from the Leiter falls ...

Finally the Kinderlein
To the Zimmer kommen rein
And it sings the family
Schauerlich: »Oh, Christmastree!«
And ein jeder in the house
Is packing die Geschenke aus.

Merry Christmas, Merry Christmas,
Hear the music, see the lights,
Frohe Weihnacht, Frohe Weihnacht,
Merry Christmas allerseits ...

Mamma finds under the Tanne
Eine brand new Teflon-Pfanne,
Papa gets a Schlips and Socken,
Everybody does frohlocken.
President speaks in TV,
All around is in Harmonie.

Bis mother in the kitchen runs:
Im Ofen burns the Weihnachtsgans.
And so comes the Feuerwehr
With Tatü, tata daher,

And they bring a long long Schlauch
And; a long long Leiter auch.
And they schreien: »Wasser marsch!«
Christmas das is now im Arsch ...

Merry Christmas, Merry Christmas,
Hear the music, see the lights,
Frohe Weihnacht, Frohe Weihnacht,
Merry Christmas allerseits ...

#gedichte #lyrik #poesie #weihnachten #christmas #xmas #anglizismus

fohlenfan@pod.geraspora.de

RAINER MARIA RILKE - DER LESENDE

Dichtung von Rainer Maria Rilke ersch. Westerstede 1901
Rezitation: Désirée Nosbusch
Anmerkung: Die erwachsenen Menschen, die Geschäfte und Sorgen haben und sich mit lauter Kleinigkeiten quälen, verlieren allmählich ganz den Blick für diese Reichtümer, welche die Kinder, wenn sie aufmerksam und gut sind, bald bemerken und mit dem ganzen Herzen lieben. (R.M.Rilke)


Ich las schon lang. Seit dieser Nachmittag,
mit Regen rauschend, an den Fenstern lag.
Vom Winde draußen hörte ich nichts mehr:
mein Buch war schwer.
Ich sah ihm in die Blätter wie in Mienen,
die dunkel werden von Nachdenklichkeit,
und um mein Lesen staute sich die Zeit. -
Auf einmal sind die Seiten überschienen,
und statt der bangen Wortverworrenheit
steht: Abend, Abend... überall auf ihnen.
Ich schau noch nicht hinaus, und doch zerreißen
die langen Zeilen, und die Worte rollen
von ihren Fäden fort, wohin sie wollen...
Da weiß ich es: über den übervollen
glänzenden Gärten sind die Himmel weit;
die Sonne hat noch einmal kommen sollen. -
Und jetzt wird Sommernacht, soweit man sieht:
zu wenig Gruppen stellt sich das Verstreute,
dunkel, auf langen Wegen, gehn die Leute,
und seltsam weit, als ob es mehr bedeute,
hört man das Wenige, das noch geschieht.

Und wenn ich jetzt vom Buch die Augen hebe,
wird nichts befremdlich sein und alles groß.
Dort draußen ist, was ich hier drinnen lebe,
und hier und dort ist alles grenzenlos;
nur dass ich mich noch mehr damit verwebe,
wenn meine Blicke an die Dinge passen
und an die ernste Einfachheit der Massen, -
da wächst die Erde über sich hinaus.
Den ganzen Himmel scheint sie zu umfassen:
der erste Stern ist wie das letzte Haus.


#Dichterlesung #Lyrik #Rilke

wurstaufbrot@pod.geraspora.de

#Ueberdruss

In den Heizungsrohren rauscht Wasser. Ihn fror. Das Bier hatte er zu kalt getrunken. In seinem Magen arbeitete es, steif hielt er den Kopf nach oben, um sich nicht zu erbrechen. Ruhig durchatmen, sagte er sich und spürte die Luft, die an der Innenseite der Nase vorbeistrich und die Nasenflügel wund werden ließ, am Gaumen auftraf und den Rachen entzündete. Bei zusammengezogenen Brauen und gespitztem Mund fühlte er die Gesichtshaut von innen.

Weil die Sätze abbrechen, sagte er sich, spitz werden und sperrig, das Hirn zerstechen wie Stachel und Draht, stecken bleiben im Hals, quer und schmerzhaft wie Nadeln.

Im luftleeren Raum schwerelos sein, nirgendwo anrühren und von keinem Ding berührt, die ganze Neurochemie zerebral und sensorisch zum Schweigen gebracht.

#Lyrik #Poesie #Überdruss

Source: https://lyrik-texte.de/ueberdruss/

Source Photo: https://pixelfed.de/p/parthipan/509448555404316518