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Im Zweifel rechts: Framing für Sozialproteste, die noch gar nicht angefangen haben

Kurz nachdem die Linke-Chefin ankündigte, dass ihre Partei sich des Themas annehmen will, reden Ampel-Politiker (und die taz) eine Instrumentalisierung durch Rechtsextreme herbei. (von Claudia Wangerin)

Bundesinnenministerin Nancy Faeser wirkt ernsthaft besorgt: Die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten durch steigende Energiepreise und Inflation könnte zu unschönen Szenen auf der Straße führen. "Natürlich besteht die Gefahr, dass diejenigen, die schon in der Coronazeit ihre Verachtung gegen die Demokratie herausgebrüllt haben und dabei oftmals Seite an Seite mit Rechtsextremisten unterwegs waren, die stark steigenden Preise als neues Mobilisierungsthema zu missbrauchen versuchen", sagte die SPD-Politikerin dem Handelsblatt vom Wochenende.

"Populisten und Extremisten" würden jede Krise für Angst und Spaltung, aber auch für Hass und Bedrohungen nutzen. "Sie wollen Krisen noch verschärfen, um daraus Profit zu schlagen", so die Ministerin, deren Kabinettskollege Christian Lindner (FDP / Finanzen) es für eine gute Idee hält, demnächst bei den Eingliederungshilfen für Langzeiterwerbslose zu sparen. Die Sicherheitsbehörden hätten aber die extremistischen Szenen sehr genau im Blick und seien auf das mögliche neue Protestgeschehen vorbereitet, erklärte Faeser.

Auch der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz verpasst den Sozialprotesten, die noch gar nicht da sind, aber schon jetzt ein unappetitliches Framing: "Es steht zu befürchten, dass Rechtspopulisten auch diese gesellschaftliche Krise für die eigene Agitation ausnutzen", sagte von Notz laut Handelsblatt. Vor diesem Hintergrund werde es in den nächsten Wochen und Monaten sehr auf "Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt" ankommen.

Was sein Parteifreund Robert Habeck als Wirtschaftsminister unter Solidarität und Zusammenhalt mit finanziell Schwächeren versteht, hat er im Juni klargemacht, als er Anreizen zum Energiesparen mit folgendem Satz eine Absage erteilte:

Wenn jemand sagt, "Ich helfe nur, wenn ich nochmal 50 Euro kriege", dann würde ich sagen: "Die kriegst du nicht, Alter".
- Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz

Populismus kann man ihm in diesem Punkt zumindest nicht vorwerfen, dennoch stellt sich die Frage, wer nun alles zu den Extremisten gehört, die laut Faeser die Krise noch verschärfen wollen.

Was, wenn das Framing zur "Self-fullfilling prophecy" wird?

In einen "heißen Herbst" der Sozialproteste will sich laut Janine Wissler die Partei Die Linke einbringen. Tatsächlich dauerte es keine Woche von dieser Ankündigung der Ko-Vorsitzenden der Linkspartei bis zu Faesers eindringlicher Warnung, dies könne das neue Mobilisierungsthema der Rechten werden.

Tatsächlich haben bisher weder Die Linke noch rechte Kräfte dazu Massen mobilisiert. So stellt sich vor allem die Frage, was Parteien der Ampel-Regierung damit erreichen wollen, schon jetzt die Besetzung des Themas auf der Straße durch Rechte herbeizureden.

Wenn verunsicherte Linke lieber zu Hause bleiben und abwarten, ob etwaige Demos tatsächlich von Rechten organisiert oder gekapert werden, kann dies natürlich zur "Self-fullfilling prophecy" werden.

Genau darum geht es. Der TAZ-Artikel der hier des öfteren geteilt wurde (https://taz.de/Mobilisierung-durch-das-rechte-Lager/!5866953/) haut subtiler in die selbe Kerbe. Ich hab das Gefühl, da wird aus genau jenem linksliberalen Lager, dass die soziale Krise zu verantworten hat rechter Protest herbeigebettelt oder schon die Diffarmierung linker Mobilisierungen vorbereitet.

Ich weiss, dass es Vorbereitungen gibt. Aus dem linken und gewerkschaftlichen Spektrum. Auch aus der Partei DIE LINKE. Ich bin selbst daran beteiligt. Jede und Jeder der so einen Dreck weiterverbreitet sollte sich fragen, was er/sie selbst tut. Diesmal sind wir selbst dran. Nicht dadurch gegen Rechts zu mobilisieren, sondern bitte davor. Auch bitte jene die sich so gern als radikal Links verorten, deren Hauptbeschäftigung aber meist darin besteht linke Politikansätze und deren Protagonist*innen zu diffarmieren und denunzieren.

Einbringen ist notwendiger denn je:

  • z.B. beim Aktionstag am 14.Oktober 2022 "AufRecht bestehen" (https://www.erwerbslos.de/). In lokalen Bündnissen, mit Aktionen, Demos etc., Aufbau oder Stärkung linker Sozialberatung und -unterstützung etc.