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Feuer unterm Dach: Katars Verantwortung für Kriege in Nahost

Katar steht wegen seines Umgangs mit LGBTQ-Rechten in der Kritik. Fragwürdig ist auch die Außenpolitik: Sowohl in Syrien als auch im Jemen hat sich Katar als Partner der USA und Saudi-Arabiens gezeigt. Warum wird daran kein Anstoß genommen?

...Katar gehört zur Militärallianz, die unter saudischer Führung 2015 begonnen hat, den Jemen zu bombardieren. Ist das kein Grund, Katar als fragwürdiges Gastgeberland einzustufen? Die USA und etliche NATO-Staaten unterstützen die teils schweren Luftangriffe, um den Iran einzudämmen und den Öltransport durch die Meerenge von Bab al-Mandab zu sichern. Als Katars WM-Botschafter Khalid Salman Anfang November in einem ZDF-Interview Homosexualität als „damage in the mind“ bezeichnete, waren die Medien alarmiert. Die 370.000 Toten im Jemen und die verheerende humanitäre Krise dort scheinen dagegen, wenn es um Katar und die WM geht, kein Argument von Interesse zu sein. Die Gründe für das große Schweigen über die Außenpolitik Katars liegen auf der Hand. Schließlich saßen sie alle im gleichen Boot, als der Syrien-Krieg begann: die USA und ihre Verbündeten, die Golf-Emirate, der Westen mit seinen Medien, Think Tanks und Hilfswerken.

Ein Wehklagen über verletzte Menschenrechte stieg zum Himmel. Folglich war – wie in Afghanistan, im Irak und in Libyen – erneut die Weltgemeinschaft gefordert, um Syrien auf den Weg der Demokratie zu führen. Diese Community führte Namen wie Hillary Clinton, Barack Obama, David Cameron, François Hollande und „Freunde des syrischen Volkes“. Dieser Kreis wollte unter dem Kommando der Neocons in Washington einen Regime Change in Damaskus voranbringen, um einen neuen Korridor zu haben für den Aufmarsch gegen den Iran. Assad schießt auf sein eigenes Volk, hieß der Textbaustein, auf den jahrelang kein News-Moderator verzichten wollte.

Die Frage, auf wen eigentlich die Dschihadisten aus mehr als 50 Nationen schossen, die in Syrien christliche Madonnenbilder zerfetzten, wurde dagegen kaum gestellt. Die Kopfabschneider, die in westlichen Medien häufig als „Rebellen“ geführt waren, kassierten Petrodollars aus Riad und Doha. Der in der arabischen Welt wegen seiner Unerschrockenheit geschätzte katarische Kanal Al Jazeera wurde mit Beginn des Syrien-Krieges zum Lautsprecher der „Rebellen“ umfunktioniert. Integre Journalisten, wie der Berliner Korrespondent Aktham Suliman, warfen das Handtuch und verließen den Sender, weil sie im Verschweigen von Fakten immer öfter eine Methode der Meinungsmanipulation sahen.

Die maßgeblich von NATO-Staaten unterstützten Kriege in Afghanistan, im Irak, in Libyen, in Syrien oder im Jemen mit Hunderttausenden von Toten und Flüchtlingen sind schlimmere Vergehen als die Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen in einem Land wie Katar, auch wenn man das nicht gegeneinander aufrechnen soll. Katar hat an diesen Kriegen teilgenommen, meist sogar als militärische und logistische Drehscheibe der USA.

Ex-FIFA-Präsident Sepp Blatter äußerte jüngst in einem Interview für einen Dokumentarfilm des Schweizer Fernsehens, Ex-UEFA-Chef Michel Platini habe ihn 2010 angerufen und erklärt, er sei bei einem Essen im Élysée-Palast von Präsident Nicolas Sarkozy gebeten worden, doch zu schauen, was er bei der WM-Vergabe „für Katar tun könne“. Einige Wochen nach dem 2. Dezember 2010, als die Vergabe der WM an Katar im Zürcher FIFA-Hauptquartier besiegelt wurde, avancierte Platinis Sohn Laurent zum Europa-Chef der Qatar Sports Investments. Sechs Monate später kaufte Katar für 14,6 Milliarden Dollar französische Kampfflugzeuge.
- https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/regime-change-gewuenscht-katar-traegt-die-verantwortung-fuer-die-kriege-in-nahost