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Nachdenken über Auswege
- Von Arnold Schölzel
Das »Quincy Institute for Responsible Statecraft« wurde als sogenannte Denkfabrik für Außenpolitik 2019 in Washington gegründet. Finanziert wurde es von einschlägigen Verdächtigen: George Soros, Charles Koch, Rockefeller, Carnegie, Ford. Benannt wurde es nach John Quincy Adams (1767–1848), von 1817 bis 1825 US-Außenminister und danach bis 1829 Präsident. Er sagte in einer Rede am 4. Juli 1821, dass die USA »nicht im Ausland nach Ungeheuern (Monstern) suchen, um sie zu vernichten«. Die Ausrichtung des Instituts wurde in US-Medien als »realistisch« beschrieben, es fördere »eine Herangehensweise an die Welt, die eher auf Diplomatie und Zurückhaltung als auf Drohungen, Sanktionen und Bombardierungen beruht«. Das wäre nach beiden Bushs, den Clintons, nach Obama und Trump etwas Neues, d. h. nach der Pleite des »amerikanischen Jahrhunderts«, das die neokonservativen Weltkrieger vor fast 25 Jahren ausriefen. Leute wie der notorische Kriegsverbrecher und mehrfache US-Minister Donald Rumsfeld (1932–2021) kündigten der Welt an, mehrere Kriege gleichzeitig führen zu können. Die Bilanz: Millionen Tote in den von den USA und ihren Verbündeten überfallenen Ländern, Armut, zerstörte Infrastruktur, Millionen Flüchtlinge, Gefahr eine Atomkrieges – am Aufstieg Chinas zur Weltmacht und dem relativen Abstieg der USA änderte das nichts.
Mag sein, dass das dazu veranlasst, andere Mittel für den Erhalt des Imperiums vorzuschlagen. Das Institut bestätigte laut General a. D. Harald Kujat nicht nur, dass Boris Johnson am 9. April in Kiew erschien, um das fertige Waffenstillstandsabkommen zwischen Russland und der Ukraine vom Tisch zu fegen, es veröffentlichte durch Süddeutsche Zeitung und die Basler Zeitung am Mittwoch und Donnerstag in deutscher Sprache ein Interview mit seinem Strategiedirektor George Beebe, früher CIA-Abteilungsleiter für Russland, das die praktizierte antirussische Politik des Westens kritisch sieht.
Beebe erklärt dort u. a.: »Ich glaube, das ist ein Krieg, den man hätte verhindern können.« Es habe bei Fragen wie der NATO-Mitgliedschaft der Ukraine oder einer starken militärischen Partnerschaft die Gelegenheit gegeben, einen Kompromiss zu finden. Die Russen hätten allerdings »plump und kontraproduktiv reagiert«, was das schwierig gemacht habe. Wer aber an einen militärischen Sieg über Russland glaube, gehe – wie die finnische Ministerpräsidentin – davon aus, das Land wäre »bereit, diesen Krieg nach den Regeln des Westens zu führen« und würde aufhören zu kämpfen. Das sei »vollkommen unrealistisch«. Die Kubakrise von 1962 ist nach Beebe ein gutes Beispiel für mögliche Auswege: John F. Kennedy habe »damals militärische Stärke mit Diplomatie gepaart«. Der militärische Druck diene »dazu, einen Kompromiss zu finden«, es habe zugleich aber Geheimgespräche gegeben. Beebe sieht das offenbar auch jetzt als Lösung. Laut Kennedy sei die wichtigste Lektion der Kubakrise gewesen, »dass die Führer von Nuklearmächten sich nicht gegenseitig in die Lage bringen dürfen, dass es nur noch die Wahl zwischen Demütigung und Atomkrieg gibt«. Die heutige Generation von Politikern glaube aber, militärische Auseinandersetzungen gewinnen zu können und »dass nukleare Supermächte wie Russland besiegt werden könnten«. Nach seinem Eindruck sei wiederum Putin überzeugt, die USA seien darauf aus, Russland nicht nur zu besiegen, sondern es »als Großmachtrivalen ganz zu eliminieren«. Das sei »eine sehr, sehr gefährliche Situation«. Der Kompromiss ohne Demütigung liege dort, worum es Russland von Anfang an ging: Die Ukraine wird nicht Teil eines westlichen Militärbündnisses.
Realismus bedeutet nicht Hoffnung, sondern Nachdenken über Auswege.
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