Das „Universe 25“-Experiment, eines der faszinierendsten und gleichzeitig wegweisendsten wissenschaftlichen Experimente in der Geschichte, wurde vom amerikanischen Verhaltensforscher John B. Calhoun zwischen 1958 und 1962 durchgeführt.
Ziel dieses Experiments war es, die sozialen Dynamiken in einer idealisierten, ressourcenreichen Umgebung zu untersuchen, um zu verstehen, wie Überbevölkerung und soziale Dichte das Verhalten von Individuen beeinflussen.
Calhoun entwarf ein sogenanntes "Mäuse Paradies", eine künstlich geschaffene Umgebung, in der die Ratten oder Mäuse keinerlei äußeren Bedrohungen ausgesetzt waren. Sie hatten Zugang zu reichlich Nahrung, Wasser und Platz, sodass es an nichts mangelte, um eine gesunde und wachsende Population zu unterstützen.
Diese Bedingungen wurden geschaffen, um zu sehen, wie sich eine Population entwickelt, wenn keine äußeren Stressfaktoren wie Nahrungsmangel oder Raubtiere vorhanden sind.
Die Frage, die Calhoun untersuchte, war: Wie würde sich das soziale Verhalten in einer Umgebung ändern, in der alle Grundbedürfnisse erfüllt sind?
In den ersten Monaten des Experiments schien das Mäuse Paradies genau das zu sein, was der Name versprach: Die Mäusekolonie gedieh. Die Population wuchs schnell, die sozialen Interaktionen verliefen in geordneten Bahnen, und es gab reichlich Nachwuchs.
Doch nach 317 Tagen begann sich das Wachstum zu verlangsamen, und bald darauf traten ernste soziale Probleme auf.
Als die Population etwa 600 Mäuse erreichte, veränderte sich das Verhalten innerhalb der Kolonie drastisch.
In dieser Phase des Experiments begann sich die Gesellschaft der Mäuse stark zu verändern. Hierarchien bildeten sich, und die stärksten und aggressivsten Individuen übernahmen die Kontrolle über bestimmte Gebiete und Ressourcen.
Dies führte dazu, dass schwächere Mäuse in die Randbereiche gedrängt wurden, wo sie weniger Zugang zu Nahrung und Schutz hatten.
Während die stärkeren Mäuse aggressiv wurden und Gewalt ausübten, begannen die sozialen Strukturen zu zerbrechen.
Männchen, die normalerweise für die Verteidigung und Fortpflanzung verantwortlich waren, verloren zunehmend das Interesse an ihren sozialen Rollen.
Aggression und abnormales Verhalten wurden immer häufiger. Die Mäuse begannen, sich auf destruktive Weise gegeneinander zu wenden. Weibchen, die zuvor für die Brutpflege zuständig waren, wurden zunehmend aggressiv gegenüber ihren Jungen und vernachlässigten sie.
Das führte zu einem drastischen Anstieg der Kindersterblichkeit.
Die sozialen Interaktionen, die normalerweise den Zusammenhalt und das Wachstum der Kolonie fördern sollten, brachen immer weiter auseinander.
Ein besonderes Phänomen war das Auftreten der sogenannten „schönen Mäuse“. Diese Gruppe von Männchen zog sich vollständig aus der sozialen Interaktion zurück.
Anstatt sich an Kämpfen oder Fortpflanzungsversuchen zu beteiligen, verbrachten sie ihre Zeit damit, sich selbst zu pflegen.
Sie waren optisch makellos und frei von Verletzungen, da sie keinerlei Auseinandersetzungen mehr führten.
Doch diese Mäuse hatten keinerlei Interesse an der Fortpflanzung oder sozialer Interaktion. Sie lebten isoliert und vermieden den Kontakt zu anderen.
Gleichzeitig nahm das Geburtsrate drastisch ab, während die Sterblichkeit unter den Jungtieren nahezu 100 % erreichte.
Das kollektive Desinteresse an Fortpflanzung und die Störung der sozialen Bindungen führte schließlich zu einem Kollaps der gesamten Population.
Die Mäuse, die sich nicht fortpflanzten, dominierten die Gesellschaft, und die Geburten hörten vollständig auf. Das Endergebnis war eine Katastrophe: Die Population der Mäuse brach zusammen, und die wenigen Überlebenden zeigten extremes Verhalten, darunter Kannibalismus und Zerstörungswut.
Letztendlich führte dieses Experiment 25, welches das 25. einer Reihe von Experimenten war, zu einem vollständigen kulturellen und biologischen Kollaps der Population.
Diese Ergebnisse sind als das Phänomen des sozialen Zusammenbruchs bekannt und haben seitdem zahlreiche Diskussionen über die Natur sozialer Dynamiken ausgelöst, insbesondere in Bezug auf das Leben in dicht besiedelten, urbanen Umgebungen.
Das „Universe 25“-Experiment hat sich als eine Modellstudie für die Erforschung von sozialem Zerfall etabliert und wird oft in Zusammenhang mit modernen städtischen Problemen gebracht, wie etwa Überbevölkerung, Isolation und die Zunahme von Verhaltensstörungen.
Calhoun sah in seinen Experimenten eine Warnung für die menschliche Gesellschaft. Er argumentierte, dass ähnlich wie bei den Mäusen, eine Überbevölkerung und fehlende sinnvolle soziale Interaktionen bei Menschen zu ähnlichen Verhaltensstörungen führen könnten.
Trotz der Kritik, dass das Verhalten von Mäusen nicht eins zu eins auf Menschen übertragen werden kann, bietet das „Universe 25“-Experiment wichtige Einsichten in die Dynamiken, die in überfüllten sozialen Umgebungen entstehen können.

Dazu:

Der obige Text rührt vom facebook-account "Mit Benny durch die Weltgeschichte" her.

Links dazu:

https://de.wikipedia.org/wiki/John_B._Calhoun
https://www.youtube.com/watch?v=WtDWlI-sVpM
https://www.nzz.ch/folio/dichtestress-im-mausekafig-ld.1622303
https://www.the-scientist.com/universe-25-experiment-69941

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