Den folgenden Text habe ich nicht gestern oder vorgestern, sondern am 28. Juli 2013 auf meiner Homepage veröffentlicht, um es nicht einfach nur immer wieder mal zu sagen und vergessen zu lassen…

Nein, du darfst mich nicht fotografieren!

Danke für deine freundliche Nachfrage, die dich angenehm von den Menschen abhebt, die einfach auf alles ihre Knipse halten, was ihr Herz begehrt – und die mich damit manchmal zu sehr unfreundlichen Reaktionen reizen.

Aber bei aller Freundlichkeit: Nein, du darfst mich nicht fotografieren!

Ich werde dazu niemals eine Einwilligung geben. Und wenn du es ohne meine Einwilligung heimlich machst, so dass ich es nicht bemerke, bist du ein verdammtes Arschloch.

Ich muss davon ausgehen, dass dieses Bild irgendwann direkt oder indirekt bei Facebook, Google Plus oder einer ähnlichen, als Kommunikationsnetzwerk getarnten Datensammelmaschine landet. Auch wenn du mir jetzt sagst, dass du ein Blogger bist, der das »nur« auf seinem nicht-kommerziellen Blog veröffentlicht: Bilder im Web sind Freiwild. Jemand anders wird sich dieses Foto, wenn es hübsch oder auch nur bemerkenswert geworden ist, greifen und auf Facebook, Google Plus oder einer ähnlichen, als Kommunikationsangebot getarnten Datenenteignungsmaschine posten, ein paar eigene oder abgekupferte Worte dazu schreiben, nur, um ein paar Plusse oder Daumenhochs für dieses Posting abzugreifen; diese Glasperlen des S/M¹, für die von dummen, noch unerfahrenen Neuland-Bewohnern alles hergegeben wird. Es ist unvermeidlich, dass das irgendwann passieren wird. Genau so unvermeidlich wie die Dummheit und Kälte unter den Menschen.

Andere werden dieses Bild sehen, andere, die mich schon einmal gesehen haben, aber mich nicht wirklich kennen und deshalb nicht wissen können, wie ich zu solchen Dingen stehe (ich jaule ja nicht jedem ständig die Ohren damit voll); sie werden eine Markierung darauf setzen und sie werden der sich zum Hohn »sozial« nennenden Biometriewanze mitteilen, dass das doch der Elias Schwerdtfeger ist. Vielleicht haben sie auf der gleichen Website einer Unternehmung ohne seriöses Geschäftsmodell auch früher einmal mitgeteilt, bei welcher Gelegenheit sie mich kennengelernt haben, was ich erzählt oder vorgelesen habe, worüber ich Witze gemacht habe und was mich wütend gemacht hat.

Und so wird nach und nach von einem Heer von Idioten eine Biometriedatenbank aufgebaut – von S/M-Websklaven, die sich für diese Arbeit nicht einmal mehr mit Glasperlen, sondern nur mit ein paar Plussen und Daumenhochs anderer S/M-Websklaven bezahlen lassen. Wie viel Respekt doch Judas Iskariot hatte, der hat für seinen Verrat wenigstens noch genug Geld genommen, dass man ein Stück Land davon kaufen konnte, wenns auch zum Friedhof wurde. Die Barbaren des Web geben alles für ein fressendes Nichts her, für ein Spiegelbild des Nichts in ihrem eigenen, hohlen, unsäglich dummen Dasein.

Wenn ich dir erlaube, mich zu fotografieren, erkläre ich meine biometrischen Daten zu Freiwild und gebe sie indirekt in die Hände einer Unternehmung ohne seriöses Geschäftsmodell und an die vielen Millionen unbezahlten Arbeiter dieser Unternehmung, die glauben, es ginge bei ihrem Tun darum, ihnen ein bisschen Menschlichkeit und Freude in der objektiven Leere ihres blöden Seins zu schaffen.

Dass eine biometrische Datenbank fast der ganzen Weltbevölkerung für viele Anwendungen interessant ist, die nicht in meinem Interesse liegen, brauche ich hoffentlich nicht weiter zu erläutern, weil sie wohl auch nicht in deinem Interesse liegen werden. Dass solche Daten irgendwann für Anwendungen verwendet werden, die in beinahe keines Menschen Interesse liegen; dass sie einmal von einer Unternehmung ohne seriöses Geschäftsmodell verkauft oder vermietet werden, einfach, weil es Profit bringt (oder kostenlos abgegeben, weil es die Regierung eines Überwachungsstaates wie etwa die Vereinigten Staaten eines Teils von Nordamerika gesetzlich erzwingt, diese einer von Geheimausschüssen »kontrollierten«, von Geheimgerichten beurteilten Geheimpolizei zu geben); dass diese Datenbank zusammenfließen wird mit dem immer weiter fortschreitend und demnächst wohl vollständig kameraüberwachten öffentlichen Raum und es ermöglichen wird, von jedem Menschen vollständige Bewegungsprofile in der Öffentlichkeit zu erstellen, von denen George Orwell nicht einmal träumen konnte, sollte sogar dir als Möglichkeit vor Augen stehen. Und. Das nicht als Möglichkeit für eine ferne Zunkunft, sondern als Möglichkeit für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Und stell dir nur mal vor: Demnächst fängt auch noch »jeder« damit an, eine Kamerabrille zu tragen, demnächst macht sich auch noch »jeder« zur hippen Überwachungsdrohne in den Wohnungen, Kneipen, Kirchen und überall! 🙁

Für Sicherheit und Ordnung. Für Ordnung und Sicherheit. Das zum technokratischen Allauge gewordene Auge des Spießers wird eine Welt aus Gartenzwergen, Katzenfotos und Polizeiknüppeln schaffen, in der zumindest ich nicht mehr atmen kann.

Auch mit deinen Fotos von anderen Menschen, die du auf deinem Blog veröffentlichst und damit zum Freiwild des Internet, zum Spielball der S/M-Barbarei und schließlich mit Sicherheit zum Datenfutter derer machst, die ihren Dienst am Staate lieber vor den Menschen, die im Staate leben, geheimhalten.

Verstehst du? Deshalb darfst du mich nicht fotografieren. Und wenn du mir einen richtig großen Gefallen tun möchtest und mich nicht mit deiner Datensammeltätigkeit für die biometrischen Überwachungsbestrebungen sozial erwürgen willst, dann fang doch bitte damit an, Landschaften, Blumen, Tiere und schräge Motive zu fotografieren und lass den Menschen ihre informationelle Selbstbestimmung! Ich finde dich als Mensch einfach angenehmer, wenn du damit aufhörst, aus Gedankenlosigkeit wie jemand zu handeln, der seine Mitmenschen verachtet.

¹S/M ist meine Abk. für »social media«. Aus Gründen.

Warum ich an so olle Kamellen erinnere?

Weil inzwischen genau das auf der Speisekarte unserer Innenminister steht, wofür ich damals als paranoid, rückschrittlich und technikfeindlich verlacht und verspottet wurde: Biometrische Kameraüberwachung mit im Web eingesammelten Daten als Anlernmasse für die Biometrie. Schön in SPD-roter und scheißgrüner Farbe, kräftig mit Gelb hervorgehoben. Wie schmackhaft es wohl erstmal in schwarzblau wird? Danke, mir ist jetzt schon schlecht. Und keineswegs nur mir, denn der CCC spricht öffentlich von Sabotageakten, zu denen man dort übergehen wird. Ja, die kündigen mögliche Straftaten an. Und diese Radikalisierung geht nicht vom CCC aus, sondern von offen menschenrechtsfeindlichen Innenministerys, die in ihrem neurotisch anmutenden Datensammel- und Überwachungswahn keine Grenze mehr zu kennen scheinen.

So lange dabei nicht gerade leichtfertig der Tod von Menschen in Kauf genommen wird, bin ich jedenfalls bei Sabotagen dabei. So sehr mir der CCC auch sonst widerstrebt.

#Rückblick #Biometrie #Datensammlung #Überwachung #Menschenrecht #Würde #Verfassungsfeinde #BRD #Blah

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