Unsere Werte, die Pressefreiheit und Julian Assange:
Solange der Enthüllungsjournalist im englischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh festgehalten wird, solange er vor der Auslieferung an die USA steht, solange er dort zu 175 Jahren Haft verurteilt werden kann, erscheinen die moralisch aufgeladenen Sonntagsreden von wertebasierter Politik vor allem als eines: pure Heuchelei. [...]
Als Julian Assange mit nichts als einem Rucksack, einem Laptop und technischem Know-How massive Kriegsverbrechen und Völkerrechtsbrüche der USA aufdeckte, hat er ein für Militär-, Geheimdienst- und Regierungskreise gefährliches Modell geschaffen. Der Verdacht liegt nahe, dass Assange genau deshalb seit über zehn Jahren gnadenlos verfolgt wird: Whistleblower und Journalisten sollen abgeschreckt werden. [...]
Darunter so brisantes Material wie das im April 2010 veröffentlichte Video "Collateral Murder". Es zeigt, wie in Bagdad 2007 aus einem Apache-Kampfhubschrauber heraus zwölf Zivilisten erschossen wurden, darunter zwei Reuters-Journalisten. Zwei Kinder überlebten schwer verletzt. Aus den im Herbst 2010 veröffentlichten "afghanischen Kriegstagebüchern" geht hervor, dass von 109.000 registrierten Kriegstoten in Afghanistan zwischen 2004 und 2010 rund zwei Drittel Zivilisten waren. [...]
Rechte sind unteilbar und auch nur dann auch gerecht, wenn sie für alle gleichermaßen gelten. Und wenn Kriegsverbrechen als Kriegsverbrechen angeprangert und verfolgt werden, egal wer sie begeht. Es muss verstören, dass im Zusammenhang mit den von Wikileaks aufgedeckten Kriegsverbrechen bisher niemand juristisch verfolgt wurde - außer derjenige, der sie enthüllt hat: Julian Assange.
Wie passt dazu, dass US-Präsident Joe Biden im vergangenen Jahr beim "Gipfel der Demokratie" vollmundig die Pressefreiheit als Grundpfeiler der Demokratie bezeichnete? Der US-Präsident hätte es in der Hand, jederzeit das Verfahren gegen Assange zu stoppen - und damit nicht nur dem Menschen Julian Assange Gerechtigkeit zuteil werden zu lassen, sondern auch Schaden vom Ansehen des Westens abzuwenden. Denn die Doppelmoral ist so augenfällig, dass sie beispielsweis von China gerne aufgespießt wird. [...]
https://www.dw.com/de/meinung-julian-assange-gradmesser-f%C3%BCr-die-pressefreiheit/a-61831483
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