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»Es ist doch schön, dass selbst ein Nazi noch den Weg zum Guten findet. Hoffentlich folgen viele, egal, welcher Couleur.«
- O-Ton aus der NATO-Hipster-Community »North Atlantic Fella Organization« (NAFO)

Braune Kriegertruppen: Unternehmen Barbarossa 2.0 an der alten Ostfront

Das »Deutsche Freiwilligen-Korps« sieht sich in der Tradition der Naziwehrmacht – und kämpft an Kiews Seite (Von Susann Witt-Stahl)

Die Kampfeinheit hat den Russland-Feldzug wieder aufgenommen und die »Schlachtfelder der ostukrainischen Front« betreten. »Alle Räder rollen für den Sieg«, vermeldete das »Deutsche Freiwilligen-Korps« (DFK) Ende Juni. Es verweist auf Großtaten seiner Vorfahren: »Heute vor 82 Jahren überschritten deutsche Soldaten und ihre Verbündeten die Grenzen zu Sowjetrussland. In der festen Hoffnung, Stalin und dem Bolschewismus Einhalt zu gebieten und die Völker im SU-Gefängnis zu befreien«, hatte das DFK bereits zum Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni seine eigenwillige Lesart des welthistorischen Ereignisses präsentiert.

Die Gruppe lässt auch sonst keinen Zweifel daran, dass die Soldaten der Wehrmacht, mehr noch die »Rassenkrieger« der Waffen-SS, ihre Idole sind. Ihre Kämpfer tragen außer dem DFK-Emblem mit Schild und Schwert das Reichsadlersymbol mit Hakenkreuz im Eichenkranz. Auf ihrem Telegram-Kanal werden Angehörige der Leibstandarte SS »Adolf Hitler« geehrt.

Das Rückgrat des DFK, das sich im Februar 2023 formiert hat und bisher kaum mehr als eine Handvoll Krieger zählen dürfte, wird nach eigenen Angaben von Mitgliedern der Neonazipartei »Der III. Weg« gebildet. Die vom deutschen Inlandsgeheimdienst als verfassungsfeindlich eingestufte Kleinstpartei war 2013 mit Beteiligung von NPD-Leuten und Mitgliedern des »Freien Netzes Süd« gegründet worden. »Der III. Weg« pflegt gute Beziehungen zur faschistischen »Asow«-Bewegung in der Ukraine und deren – mittlerweile zur Brigade vergrößertem – Regiment in der Nationalgarde, das seit der Schlacht um Asowstal im Frühjahr 2022 weltweit unter Faschisten Kultstatus genießt. »Du und deine Kameraden haben Unvorstellbares geleistet und werden ewig in der Geschichte des ukrainischen Volkes weiterleben«, hieß es unlängst in einem Geburtstagsgruß an den »Asow«-Kommandeur Denis Prokopenko. Entsprechend feierte das DFK dessen Rückkehr aus der Internierung in der Türkei am vergangenen Wochenende.

Durch den mutmaßlichen Gründer des DFK, Stephan K. aus Solingen, bestehen aber besonders intensive Verbindungen zum »Russischen Freiwilligenkorps« (RDK). Die von dem aus Moskau stammenden Neonazihooligan Denis »White Rex« Kapustin geführte Truppe macht seit Frühling 2023 medienwirksam durch Angriffe auf russische Dörfer, zuletzt Anfang Juni in der Region Belgorod, auf sich aufmerksam. Er sei durch seinen »engen Freund« Kapustin in die Ukraine gekommen, berichtete Stephan K. in einem am 14. Januar auf der Internetseite von »Der III. Weg« veröffentlichten Interview. Kapustin war 2001 als »jüdischer Kontingentflüchtling« nach Deutschland eingewandert und lebte in Köln. Bevor es das DFK gab, habe K. zunächst im RDK gekämpft, sich dann aber zwischenzeitlich dem Neonazibataillon »Karpartska« der regulären Kiewer Truppen angeschlossen und sei unter anderem in Charkiw, Saporischschja und Kupjansk im Einsatz gewesen.

»Die Kämpfer des ›Russischen Freiwilligen Korps‹ (sic!) und unseres ›Deutschen Freiwilligen Korps‹ (sic!) verbindet eine Frontkameradschaft, eine Gemeinschaft, die im Hagel russischer Granaten stählern wurde und in Nibelungentreue fest«, erklärt das DFK. Diese finstere Allianz könnte bizarre revanchistische Blüten treiben: Laut Kapustin erhält das RDK Unterstützung von der ukrainischen Armee, beispielsweise in den Bereichen militärische Aufklärung und Logistik. Da Deutschland derzeit zweitgrößter Geldgeber für die Aufrüstung und Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte ist, könnte auch das DFK als deren Verbündeter bald an von der Ampelregierung zur Verfügung gestellte Mittel gelangen – und wieder für die Erfüllung angeblich historisch überwundener Begehrlichkeiten des deutschen Imperialismus streiten: »Natürlich sind wir für die Rückgabe Ostpreußens. Und für die allgemeine Wiederherstellung der alten deutschen Grenzen.« Es gebe auch einen »Hoffnungsschimmer«, dass sich in Deutschland eine »freie Soldatenabteilung« zur »Vorhut der Idee der Wiederbelebung der historischen Wahrheit« und »Vereinigung des weißen Europas« entwickelt.

Liberale Ukraine-Solidarisierer dürften bei solchen verstaubten Naziideologemen die Nase rümpfen. Aber das vom DFK verbreitete wesentliche Element des Faschismus erweist sich unter ihnen als durchaus anschlussfähig: Stephan K. sagte gegenüber »Der III. Weg«, er wolle »Putins Neobolschewismus« bekämpfen und nicht zulassen, dass Europa »zum zweiten Mal« mit »der roten Pest verseucht« werde. Derart aggressiver Antikommunismus kommt heute wie damals gut an. Vor allem in der NATO-Hipster-Community »North Atlantic Fella Organization« (NAFO), die Gelder für Artilleriegeschütze und anderes Mordwerkzeug sammelt, weil sie es gegen Russland richtig krachen lassen will, finden deutsche Neonazikrieger und ihr »Unternehmen Barbarossa« 2.0 durchaus Anklang. »Es ist doch schön, dass selbst ein Nazi noch den Weg zum Guten findet«, war aus der »Fellas«-Gemeinde zu vernehmen. »Hoffentlich folgen viele, egal, welcher Couleur.«
- https://www.jungewelt.de/artikel/454612.braune-kriegertruppen-an-der-alten-ostfront.html

Fotoquelle: https://twitter.com/hooliganscz1999/status/1675106264454422528

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