#fahrradmärchen

ws01@diasp.org

#### Abteilung #VerkehrsmäßigesRadfahren

hier: "Warum fährt die da eigentlich nicht auf dem Raaaadweeeeeech??"

Nein, normalerweise hält man als Radfahrer nicht derart viel Abstand vom Fahrbahnrand. Warum also hier? Dafür muss ich, excuse the pun, etwas weiter ausholen.

Wie ich schon in meinen hier erneut wiedergegebenen #Fahrradmärchen auflistete, es gibt rund um das Radfahren ein Sammelsurium von dummen und z.T. gefährlichen, sagen wir es deutlich, Scheißhausparolen, die immer wieder nachgeplappert, aber selten überprüft werden.

Zwei davon sind

  • Kind, halt dich rechts, dann passiert Dir nichts! (Im Sinne von: so weit rechts wie irgend möglich)

und

  • Radwege sind sicher. (Fahrbahnen also nicht, sicher ist es nur da, wo man Radfahrer weggesperrt hat)

Normalerweise hält man etwa 50 cm Abstand vom rechten Fahrbahnrand und unterschreitet das nur dort, wo dieser Rand nicht eine Gosse, ein Bordstein oder sonst ein ein Hindernis ist, durch das man bei der zum Halten der Balance zwingend pendelnden Fahrrad nicht zu Fall gebracht werden möchte, auch nicht durch unerwartete Windböen, den Sog von überholenden Autos oder aus sonstigen Gründen notwendige Ausweichbewegungen. Mehr kann schon durch eine Verschmutzung der Fahrbahn nötig werden, oder wenn diese - nicht eben selten - zum Rande hin beschädigt ist. Faustregel: man fährt i.W. dort wo die Pkw ihren rechten Reifen haben. Weniger ist fallweise möglich und sinnvoll, wenn rechts neben dem Fahrbahnrand noch ausreichend befahrbarer Ausweichraum ist - typischer Fall: der Fahrbahnrand ist durch einen Streifen weisser Farbe markiert und rechts davon sind noch mal 30 cm Asphalt. Da kann man dann getrost etwas näher an den weißen Streifen heranrücken.

Hier ist es aber umgekehrt: ein Suggestivstreifen (wie das Konzept eines grundsätzlich unzureichenden Radstreifens ursprünglich getauft wurde) bzw. Sch(m)utzstreifen, wie er inzwischen genannt ist, wäre zwar theoretisch ausreichend breit dazu, ihn mit einem Fahrrad zu befahren. Eine der Vorraussetzungen wäre aber, dass sowohl links als auch rechts genügend Ausweichraum zur Verfügung steht, der ggfs. für Ausweich- oder Bremsmanöver nutzbar ist. In der Praxis ist das aber nahezu nie der Fall: Schutzstreifen werden vorzugsweise dort hingepinselt oder mit Heißplastik-Rattermarken abmarkiert, wo der Platz für einen konventionellen Radstreifen vorne und hinten nicht reicht.

Im Ergebnis haben wir dann oft Schutzstreifen, die daraus entstanden sind, dass man von einem schon für PKW/LKW-Verkehr knappen Richtungsfahrstreifen 80 cm bis 1,30 Meter abmarkiert hat. So auch hier.

Und das liefert die erste Antwort auf die gestellte Frage: Wenn so ein Suggestivstreifen suggeriert, dass man Radfahrer trotz unzureichenden Raumes überholen kann (weil: man kann ja mit dem Pkw problemlos die gestrichelte Linie als Leitlinie ge- bzw. mißbrauchen), dann ist man als Radfahrer oder Radfahrerin gut beraten, den Streifen komplett zu verlassen, um deutlich zu machen, dass hier ein korrekter Überholvorgang erforderlich ist.

Es gibt hier aber noch einen zweiten, viel wichtigeren Grund, nicht auf diesem Streifen zu fahren: die dort geparkten Autos. Denn die sind - ganz unabhängig von Radstreifen oder ob die Autos da legal parken oder halten, gefährlich für Radfahrer, die zu dicht an ihnen vorbeifahren. Als Gefahr droht neben plötzlich aufgestoßenen Autotüren (deren Ausladung von Radfahrern meist massiv unterschätzt wird) auch eine Kollision mit Fußgängern oder Radfahrern, die von geparkten Autos verdeckt, plötzlich auf die Straße treten oder fahren.

Radstreifen, auch Schutzstreifen, vergrößern diese Risken enorm. Kein Autofahrer lässt sich gerne die unvorsichtig geöffnete Türe abfahren, kein Fußgänger traut sich, ohne einen vorsichtigen Blick einfach so auf einem viel befahrene Fahrbahn zu treten. Aber auf einen Radstreifen? Das ist ja nicht gefährlich, da ist ja kein Verkehr, der lärmt und Angst macht. Es geht hier nicht um eine bewußte Entscheidung, sondern um eine weitgehend unbewusste Verhaltensänderung. Man überlege mal: wie oft ist einem schon ein Fußgänger vor das Rad gelaufen, weil er in die andere Richtung schaute, wo sich - in eigentlich sicherer Entfernung - ein mit Motor und Reifenabrollgeräusch lärmendes Kfz näherte? Wie oft ist man als Fußgänger selber schon mal auf diese Weise fast mit einem meist geräuschlosen Radfahrer kollidiert?

Fazit: Radstreifen neben Flächen, auf denen mit Autos gehalten oder geparkt wird, sind unbenutzbar, man sollte sie deswegen auch nicht benutzen.

#verkehrsmäßigesradfahren #vehicularcycling #cycling #radfahren #radverkehrspolitik #fahrrad #bicycle #verkehrspolitik

ws01@diasp.org

#Fahrradmärchen

#Ostern ist ein guter Zeitpunkt für einen Rückblick, hier auf die erste Ausgabe meiner Fahrradmärchen, vor ziemlich genau 25 Jahren auf einem von mir betriebenen öffentlichen Webserver publiziert, jetzt nur noch per archive.org und an anderern Stellen auffindbar. Die Inhalte sind - leider - so taufrisch wie vor fünfundzwanzig Jahren.

-> https://web.archive.org/web/19970427055536/http://ntklotz.gmd.de/fahrrad/maerchen.htm

Fahrradmärchen

Man kann nur davor warnen, bekannten Artikeln, die vor diesem oder jenem Verhalten auf dem Fahrad aus "sicherheitstechnischer Sicht ausdrücklich warnen", blindlings zu glauben. Die meisten Autoren solcher Artikel kolportieren lediglich Mythen, die sie irgendwo aufgeschnappt haben - mutmaßlich aus denselben Märchenbüchern, an denen sie selber weiterstricken ...

  • Beim Fliegen muß man die Luft aus den Fahrradreifen lassen, damit sie nicht platzen.

  • Fahrradreifen mit abgefahrenem Profil sind gefährlich, besonders bei Regen.

  • Wer ohne Helm vom Rad fällt, spielt mit seinem Leben.

  • Spätestens wenn man sich zwischen Autos wagt, braucht man einen Helm.

  • Kinder sind bei einem Sturz besonders gefährdet.

  • Kind, halt dich rechts, dann passiert Dir nichts!

  • Kind, brems hinten!

  • Radwege sind sicher.

  • Straßen sind gefährlich.

  • Auf Schnee fahren ist schwierig und sehr gefährlich.

  • Je mehr Reflektoren am Rad sind, um so sicherer fährt man bei Nacht.

  • Das Rücklicht sieht man sowieso nicht.

  • Vergammelt aussehende Fahrräder werden seltener geklaut.

  • Wenn Speichen reißen, waren sie vorher zu fest gespannt.

  • Das Benutzen von Kopfhörern beim Radfahren ist gefährlich und verboten, weil man damit nichts mehr hört.

  • Auch Radfahren gefährdet die Umwelt.

Und so weiter.

#fahrrad #cycling #radfahren #nostalgie