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Verlage gegen Rechts: Offener Brief zur Absage der Leipziger Buchmesse 2022
Unsere Gesellschaft braucht den freien Austausch von Ideen, den demokratischen Diskurs, um Hasspredigern und Geschichtsleugnern entgegenzutreten und gegenwärtige wie aufziehende Krisen zu bewältigen. Gerade im Hinblick auf das unwürdige Schauspiel auf der letzten Frankfurter Buchmesse war es #VerlageGegenRechts ein großes Anliegen, die politische Debatte zu beleben, statt dumpfem demokratie- und kulturfeindlichen Gedankengut Raum zu geben, und aus der Vielfalt engagierter Perspektiven respektvoll dringend notwendige Diskussionen zu führen. Aus diesem Grunde hatte #VerlageGegenRechts, ein Bündnis aus rund 180 Verlagen und Einzelpersonen, für die Leipziger Buchmesse 2022 neun Podien zu akuten Fragen vorbereitet: rechte Angriffe auf den Kulturbetrieb (nicht nur in Frankfurt), Langzeitfolgen der Pandemie für Frauen, die Verfolgung von LGTBQ in den autoritären Staaten in Osteuropa, die Aufklärung des NSU-Komplexes, Klimagerechtigkeit, Antiromaismus, unabhängiges Publizieren. Diesen Podien wird durch die Absage das Publikum entzogen.
Muss die Leipziger Buchmesse erst von ökonomischen Zwängen und Renditevorgaben befreit werden, um ihre eigentliche und wesentliche Aufgabe zu erfüllen? Stellen wir die Gegenfrage: Sind die Konzernverlage – oder besser, ihre Marketingabteilungen – nicht vielleicht entbehrlich für dieses Fest kultureller Begegnung, für diese Feier von Diversität und Offenheit, für Diskussion und Austausch über Bücher und Bildung, Weltentdeckung und Horizonterweiterung? Brauchen wir, braucht die Gesellschaft nicht vielleicht eine von diesen Konzernen unabhängige Leipziger Buchmesse?
Sehen wir die Lage ganz nüchtern: wir befinden uns in einer Krise, weitere werden folgen. Die gesellschaftlichen Herausforderungen sind gewaltig; und diesen wird man nicht mit einer Flucht in die digitale Welt, ins Reich der Algorithmen und Simulationen begegnen können. Wir brauchen Bücher für Menschen, für Herzens- und Verstandesbildung, eine Literatur, die nicht als beliebige Ware daherkommt. Wir brauchen die Begegnungen, den Austausch, den gesellschaftspolitischen Diskurs. Die Leipziger Buchmesse ist ein Ort dafür. Wir brauchen viele Leipzigs. Jeder Mensch hat eine Verantwortung für die Gesellschaft, in der er lebt. Kulturschaffende haben qua Beruf eine besondere Verantwortung. Werden wir ihr gerecht. In Leipzig und überall.