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Ruhig Brauner: Erdogan, Gaza und die türkisch-israelische Partnerschaft
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan inszeniert sich – nicht zuletzt zur Ablenkung seiner islamistischen Anhängerschaft von der weiterhin prekären Wirtschaftslage im eigenen Land – als stimmgewaltiger Tribun der palästinensischen Sache. Auf einer Kundgebung vor über einer Million Teilnehmern verurteilte er am Sonnabend in Istanbul das »Massaker an unschuldigen Menschen in Gaza«. Er beschuldigte Israel, Kriegsverbrechen zu begehen und den Westen der Komplizenschaft. Als Reaktion auf die Rede zog Israel seinen Botschafter aus Ankara ab – diesen des Landes zu verweisen, hatte die Erdoğan-Regierung ihrerseits gar nicht erwogen. Denn tatsächlich beschränkt sich die Palästina-Solidarität der regierenden AKP abgesehen von ihrer Freundschaft zur Hamas, mit der sie die Wurzeln in der Muslimbruderschaft teilt, auf starke Worte.
Während diplomatische Verwerfungen zwischen beiden Ländern zyklisch auftreten, sind die wirtschaftlichen Beziehungen gefestigt. Seit 1997 besteht ein Freihandelsabkommen, das Handelsvolumen stieg unter Erdoğans Regentschaft steil an. Für die Türkei stellt Israel einen der zehn wichtigsten Exportmärkte da. Umkehrt ist das Land Israels sechstgrößter Handelspartner. In Planung sind strategische Energieprojekte, um israelisches Erdgas über türkische Pipelines nach Westeuropa zu leiten.
Israel bezieht 40 Prozent seines Erdöls von der türkische Brudernation Aserbaidschan. Wollte Erdogan Palästina tatsächlich unterstützen, wäre es ein leichtes, diesen Ölfluss durch die Türkei ans Mittelmeer zu kappen. Doch als Trojanisches Pferd der NATO in der islamischen Welt kommt der Türkei die Aufgabe zu, die Wut der arabischen Straße zu kanalisieren. Verbales Austeilen gegen Israel dient der Steet Credibility Erdoğans. Taten werden keine folgen.
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