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Es bleibt dabei: „Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie. Diesen Feind im eigenen Lande gilt’s für das deutsche Volk zu bekämpfen, zu bekämpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat der anderen Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht.“
- Karl Liebknecht, 1916

Die Linke und die Ukraine: Dem Krieg den Krieg erklären!

...Die Position ist sehr simpel und wahr: Kapitalistische Nationen sind zu keinem dauerhaften Frieden fähig. Also muss in der Barbarei des Krieges die Politik der Revolutionäre auf die Beseitigung des Kapitalismus abzielen. Das geschieht, indem das Proletariat, das sowohl der größte Leidtragende des Krieges wie auch die Kraft ist, die ihn beenden kann, sich gegen die eigene Bourgeoisie und ihre politischen Sachwalter wendet.

Beziehen wir sie auf heute: Der Adressat dieser Strategie sind nun tatsächlich die Arbeiterinnen und Arbeiter, die verheizten Soldaten, die Zivilbevölkerung, nicht mehr die deutsche, US-amerikanische, russische oder ukrainische Regierung. Gegen diese Strategie zieht nun auch der von den NATO-Freunden erhobenen Einwand gegen den Pazifismus nicht mehr, man wolle die Anerkennung von russischen Gebietsgewinnen oder die Kapitulation der Ukraine. Denn was der sozialistische Antimilitarismus fordert, ist nicht die Kapitulation, sondern die Aufnahme des Kampfes. Er will auch nicht einfach einen Wisch, der einen temporären Waffenstillstand festschreibt und zur normalen Unterdrückung der kapitalistischen Friedenszeit übergeht, sondern er will den Sturz der Bourgeoisie. Der sozialistische Pazifismus ist nicht generell gegen Waffen, er fragt, in welchen Händen und zu welchem Zweck sie gebraucht werden. In der Formulierung der Arbeiterfront der Ukraine:

„Du kannst weiter ein ukrainischer Nationalist oder ein russischer Chauvinist bleiben; du kannst apolitisch bleiben und sagen: ‚Das geht alles mich nichts an‘. Aber dann solltest du nicht überrascht und bestürzt sein, wenn die Fenster deines Wohnung von einer Granatenexplosion zerbersten oder du von deiner Bourgeoisie geschickt wirst, um in ein fremdes Land einzufallen. Es liegt zum Teil an deiner Unterstützung oder deiner Indifferenz, dass die Dinge diesen Lauf nehmen, also trägst auch du Verantwortung für sie. Du kannst aber auch versuchen, das alles zu verhindern. Du kannst dem Krieg selbst den Krieg erklären. Dann aber musst du strikt auf dem Standpunkt deiner eigenen Interessen, den Interessen der arbeitenden Klasse stehen und den Kampf aufnehmen, sie mit Leben zu erfüllen.“

Was folgt aus dieser Perspektive konkret? In Deutschland ist die Hauptaufgabe von Sozialistinnen und Sozialisten gegen die eigene Klasse zu agitieren, den ohnehin wegen der Kriegskosten aufkommenden Unmut aufzugreifen und zuzuspitzen. Zugleich sind diejenigen, die zu unterstützen sind, die, die sich gegen die Fortführung des Krieges wehren – in der Ukraine wie in Russland. Die Deserteure, die progressive Opposition, die Stimmen für den Frieden. Das ist die einzige Position mit einer auf die Klasse gerichteten Handlungsperspektive. Das Bejubeln russischer Vormärsche oder die Debatte um das Bejubeln westlicher Sanktionen und Waffenlieferungen dagegen sind Kapitulation.

Das einzige, was aus „linker“ Sicht gegen diese Position stets ins Feld geführt werden kann, ist der alte Hut, sie sei „unrealistisch“. Die innenpolitisch antrainierte Auffassung, stets das „kleinere Übel“ im Rahmen des kapitalistischen Spektakels als einzig „realistische“ Alternative lobzupreisen, wurde erfolgreich auf das internationale Parkett verlagert. Jetzt ist den einen das westliche Bündnis aus Mörderstaaten das „kleinere Übel“, den anderen der sich aus „Sicherheitsinteressen“ durch die Ukraine mordende russische Imperialismus. Von „kleinerem Übel“ zu „kleinerem Übel“, das wird kein Mensch mit Augen im Kopf leugnen, geht indessen die Welt zugrunde. Für Linke ist es stets einmal mehr die Ausrede, gerade jetzt nicht mit wirklich sozialistischer Politik beginnen zu müssen, für die man sich zu klein und zu schwach hält, sondern sich irgendeinem Akteur anzudienen, von dem man hofft, das eigene Interesse mit durchzusetzen.

Dem entgegen wäre es an der Zeit, mit dem Opportunismus des gebeugten Haupts zu brechen. Liebknecht, Luxemburg und Lenin gehörten im Ersten Weltkrieg zu einer absoluten Minderheit von Aufrechten, die in Zeiten fast vollständiger nationalistischer Verdummung die rote Fahne hochhielten, hinter der sich wenige Jahre später Millionen Menschen versammelten.
- vollständiger Text: https://lowerclassmag.com/2022/07/09/die-linke-und-die-ukraine-dem-krieg-den-krieg-erklaeren/

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