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Zurück ins Mittelalter. Roma am Pranger in der Ukraine

“In den letzten Tagen gingen Fotos durch die soziale Medien, auf denen Romnja zu sehen waren, die mit gelbem Klebeband an Pfosten gebunden waren. Ihre Gesichter wurden grün oder blau angemalt. Schnell machten sich Äußerungen breit, dies sei „Putin-Propaganda“ und Fake News. Tatsächlich werden die Bilder in russischen Medien verbreitet. Jedoch werden sie genauso von ukrainischen Rechtsextremen verbreitet – mit rassistischen Äußerungen gegen Roma. In westlichen Medien hingegen werden sie verschwiegen. Nach unseren Informationen handelt es sich um eine anscheinend aktuell gängige Methode der Selbstjustiz in der Ukraine, mit denen vermeintliche „Diebe“ bestraft werden. Beweise für die Diebstähle gibt es keine. Die Fotos der Selbstjustiz jedoch sind echt. Menschen, die des Diebstahls verdächtigt werden, werden an Pfosten gebunden, angemalt, teilweise werden sie entkleidet, geschlagen, und es gibt auch Nachrichten über Vergewaltigungen. Das ganze erinnert an mittelalterliche Pranger. Selbst Kinder werden nicht verschont. Dass es gerade Romnja waren, deren Bilder viral gingen, führt in Kombination mit dem antiziganistischen Motiv der unterstellten Diebstähle reflexartig zu Hate Speech gegen Roma. (…) Die Flucht von Romnja aus der Ukraine wird stark behindert…”

Diese Selbstjustiz betrifft nicht nur Romja:

Außerdem gibt es an vielen Kreuzungen Kontrollpunkte der Territorialverteidigung, oder wie sie hier auch genannt wird, des »Volkssturms«. An den Kontrollpunkten brennen Lagerfeuer, auf denen sie ihr Essen kochen. Lokale Ladenbesitzer sind gezwungen, sie mit Produkten zu versorgen, wenn sie dort weiter arbeiten wollen.[...] Um ihre Macht und Straffreiheit zu demonstrieren, prahlen die Maschinengewehrschützen an einer der Straßensperren damit, dass sie den Besitzer eines Autoservices an einen »Pfahl der Schande« gebunden haben – er hatte sich geweigert, ihre Autos kostenlos zu warten. Die Praxis, Menschen an Pfähle zu binden, hat sich überall zu verbreiten begonnen. Ein Vorwand kann auch nur ein Verdacht sein. Der Verdacht auf Diebstahl, illegalen Handel, Plünderung oder sogar der Verdacht auf fehlende nationalistische Ansichten. Der »Volkssturm« führt keine Ermittlungen durch – eine unbegründete Anschuldigung reicht aus. Die »verdächtigen« Personen werden oft gewaltsam entkleidet und körperlich gezüchtigt. Ein besonders sadistisches Vergnügen bereitet ihnen offenbar das öffentliche Auspeitschen von Frauen und Mädchen, die sie »bestrafen«, weil sie des Diebstahls verdächtigt werden; jedenfalls erzählen sie mit einer gewissen Freude davon. Da die Nationalisten die Territorialverteidigungseinheiten leiten, sind Roma, die aufgrund rassistischer Stereotype des Diebstahls verdächtigt werden, eine der ersten Gruppen, die getroffen werden. Schon lange vor den aktuellen Feindseligkeiten griffen ukrainische Nationalisten regelmäßig Roma an, brannten ihre Lager nieder und organisierten Lynchmorde. Sie nannten es »Müllsäuberung« und gaben sich als »Umweltschützer« aus.
- Straffreiheit in Kiew: Ukrainische Nationalisten verfolgen Roma und Menschen mit Verbindungen zu Russland als angebliche Plünderer (Von Dmitri Kowalewitsch, Kiew) https://www.jungewelt.de/artikel/423478.krieg-in-der-ukraine-straffreiheit-in-kiew.html

Foto: Facebook-Account von Igor Zinkevych

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