Außerdem gibt es an vielen Kreuzungen Kontrollpunkte der Territorialverteidigung, oder wie sie hier auch genannt wird, des »Volkssturms«. An den Kontrollpunkten brennen Lagerfeuer, auf denen sie ihr Essen kochen. Lokale Ladenbesitzer sind gezwungen, sie mit Produkten zu versorgen, wenn sie dort weiter arbeiten wollen.[...] Um ihre Macht und Straffreiheit zu demonstrieren, prahlen die Maschinengewehrschützen an einer der Straßensperren damit, dass sie den Besitzer eines Autoservices an einen »Pfahl der Schande« gebunden haben – er hatte sich geweigert, ihre Autos kostenlos zu warten. Die Praxis, Menschen an Pfähle zu binden, hat sich überall zu verbreiten begonnen. Ein Vorwand kann auch nur ein Verdacht sein. Der Verdacht auf Diebstahl, illegalen Handel, Plünderung oder sogar der Verdacht auf fehlende nationalistische Ansichten. Der »Volkssturm« führt keine Ermittlungen durch – eine unbegründete Anschuldigung reicht aus. Die »verdächtigen« Personen werden oft gewaltsam entkleidet und körperlich gezüchtigt. Ein besonders sadistisches Vergnügen bereitet ihnen offenbar das öffentliche Auspeitschen von Frauen und Mädchen, die sie »bestrafen«, weil sie des Diebstahls verdächtigt werden; jedenfalls erzählen sie mit einer gewissen Freude davon. Da die Nationalisten die Territorialverteidigungseinheiten leiten, sind Roma, die aufgrund rassistischer Stereotype des Diebstahls verdächtigt werden, eine der ersten Gruppen, die getroffen werden. Schon lange vor den aktuellen Feindseligkeiten griffen ukrainische Nationalisten regelmäßig Roma an, brannten ihre Lager nieder und organisierten Lynchmorde. Sie nannten es »Müllsäuberung« und gaben sich als »Umweltschützer« aus.
- Straffreiheit in Kiew: Ukrainische Nationalisten verfolgen Roma und Menschen mit Verbindungen zu Russland als angebliche Plünderer (Von Dmitri Kowalewitsch, Kiew) https://www.jungewelt.de/artikel/423478.krieg-in-der-ukraine-straffreiheit-in-kiew.html