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So geht Stellvertreterkrieg.

Während in der Ukraine inzwischen dem eigenen Militär eine »unlösbare Aufgabe« bescheinigt wird, machen führende westliche Sponsoren auf Zweckoptimismus. (Von Reinhard Lauterbach)

Während in der Ukraine inzwischen dem eigenen Militär eine »unlösbare Aufgabe« bescheinigt wird: die russischen Stellungen im Süden des Landes zu durchbrechen und gleichzeitig operationsfähig zu bleiben, machen führende westliche Sponsoren auf Zweckoptimismus. So der britische Verteidigungsminister James Heappey in einem Gespräch mit dem Telegraph vom Donnerstag.

Erstens: Alles laufe nach Plan, wie im vergangenen Winter mit Briten und US-Amerikanern ausgemacht. Man kann das angesichts des vernehmlichen Gegrummels von seiten diverser Pentagon-Beamter in Hintergrundgesprächen mit der dortigen Qualitätspresse zwar bezweifeln, aber man kennt natürlich auch in London die Clausewitz-Weisheit, dass man im Krieg immer mit »Friktionen« zu rechnen habe – dass also etwas schiefgehen könne und werde. Es kann doch nicht sein, dass gemeinsam mit der ukrainischen Offensive vielleicht noch die Planungsfähigkeit des britischen und US-Generalstabs in Frage gestellt werden müsste. Wie sähe das aus, angesichts des vielen Geldes, das man in diese und den Krieg investiert hat.

Jetzt also wird die Aussage gedreht, und Heappey bescheinigt der Ukraine »angemessene Vorsicht« beim Vorgehen gegen die »tiefen russischen Minenfelder«. In dieser Situation sei es »nur klug«, dass Kiew »den Großteil seiner mit westlichem Gerät ausgestatteten Brigaden außer Sicht und außerhalb des Kampfgeschehens« halte. Da braucht man sie nämlich am nötigsten, um den Eindruck von der Unbesiegbarkeit westlicher Kampftechnik zu wahren, von dem ja in starkem Maße die abschreckende Wirkung dieser Technik auf potentielle andere Gegner abhängt.

Kein Wunder also, dass Heappey den unlängst bekanntgewordenen kritischen Bericht aus der Bundeswehr-Führung über die Qualität der ukrainischen Streitkräfte, insbesondere ihres Offizierskorps, nicht etwa in der Sache bestreitet, sondern ihn als »nicht besonders fair« kritisiert. Daran mag soviel wahr sein, dass der Bundeswehr die praktische Feuerprobe bisher – zum Glück – erspart geblieben ist und man deshalb nicht weiß, wie sie in der gegebenen Kampfsituation abgeschnitten hätte; aber eine Widerlegung der Befunde ist das nicht gerade.

Vor allem aber: Es geht hier um einen Krieg, in dem täglich Hunderte Soldaten Leben oder Gesundheit verlieren und ein ganzes Land zerstört wird. Und Heappey stellt sich hin wie der Reporter bei einem Kricketspiel und sagt, alles laufe »nach Plan«. Dann heißt das, dass dieser Plan die entsprechenden Opfer vorhersah und akzeptierte. So wie es die Rand Corporation tat, die schon 2019 in einem Papier mit dem Titel »Russland überdehnen« einräumte, dass die Realisierung dieses Szenarios, Russland zu einer Intervention in der Ukraine zu provozieren, zu hohen Verlusten – und vielleicht einem nachteiligen Frieden – für die Ukraine führen werde. So geht Stellvertreterkrieg.
- https://www.jungewelt.de/artikel/455797.von-der-seitenlinie.html

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