26.01.2024 Not One Step to the East

Wäre eine andere "Ostpolitik" erfolgreicher gewesen?

Year after year, the Military Industrial Complex gets whatever it wants and they get it in a bipartisan way. When it comes to tax breaks for the wealthy on top, no problem. But when it comes to the needs of working families, we 'can't afford it.' Give me a break. Bernie Sanders

Historiker sind dafür da, dass sie im nach hinein alle Daten der Geschehnisse soweit verfügbar zusammentragen, um sich ein Urteil über die Entwicklung zu machen. Mary Elise Sarotte hat über Jahre alles über die Zeit von 1990-2000 und die deutsche Wiedervereinigung bis zum Eintritt der osteuropäischen Staaten in die NATO untersucht und in ihrem Buch „Not one step“ aufgeschrieben.

Alle ihre Versuche darüber mit Medien und Politikern ins Gespräch zu kommen stießen auf Desinteresse – bis zum 24. Februar 2022. Nun liegt ihr Buch auch in deutscher Sprache vor. Wir wollen uns im folgenden mit ihrer Dokumentensammlung zu den Positionen der Politiker in USA, der EU und der ehemaligen Sowjetunion in dieser Zeit beschäftigen.

Die Ausgangsbasis

Beginnen wir im Frühjahr 90: Der russische Außenminister Falin forderte, dass sich die NATO aus einer mit der Bundesrepublik wieder vereinigten DDR raushalten möchte. Auch 84% der Westdeutschen wollten keine Atomwaffen in ihrem Land zeigen Umfragen aus dieser Zeit. Außenminister Genscher versichert bei der SIPRI-IPW Konferenz am 9. Februar 1990 in Potsdam erneut: "was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des NATO Territoriums nach Osten, d.h. näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben." Im auswärtigen Amt werden Analysten beauftragt eine Struktur der europäischen Sicherheit auszuarbeiten.

Am gleichen Tag (9.2.90) spricht auch US Außenminister Baker mit seinem Kollegen Schewardnadse und im Protokoll steht (EBB-613, NSA): Baker entschloss sich zu einem hypothetischen Zugeständnis und fragte, ob es ein Resultat geben könnte, dass garantieren würde, wenn es keine NATO Truppen im Osten gibt. Es könnte sogar absolut ausgeschlossen werden. NATO- Generalsekretär Wörner formuliert im Februar 90 vorsichtiger: Er fordert einen Sonderstatus (nur) für das Gebiet der DDR. (1990_Woerner.Manfred.pdf S.7)

Von grundlegender Bedeutung sind die Gespräche zwischen Außenminister Baker und Präsident Gorbatchow im Februar 90. Aus zwei Schreiben von Baker an Bundeskanzler Kohl, (10.2.90, DESE S. 793-794) ist zu entnehmen: "... was ist für Sie vorzuziehen? ein vereinigtes Deutschland außerhalb der NATO, selbstständig und ohne amerikanische Streitkräfte, oder ein vereinigtes Deutschland das Verbindungen zur NATO hat mit Zusicherung, dass die Jurisdiktion der NATO sich nicht einen Schritt weiter nach Osten von ihrer jetzigen Position verschiebt?" Diese Aussage wird über Jahre aus Moskau als ein ernst gemeintes Zugeständnis gewertet.

Im Frühsommer 1990 geht es um das Format der Gespräche und eines möglichen Abkommens zu einer deutschen Wiedervereinigung. Die Westmächte sind sich sicher, dass Deutschland keine Verhandlung über seinen Kopf dulden würde. Deshalb wäre ein 2+4 Format sinnvoll. In Camp David werden die Regeln vor den Verhandlungen festgelegt und auch was diskutiert werden soll und was nicht.

Am 17. Mai 1990 bekräftigt NATO Generalsekretär Wörner noch einmal: "die Tatsache selbst, dass die Allianz bereit sei keine NATO Truppen jenseits des Gebiets der Bundesrepublik zu stationieren, gibt der Sowjetunion starke Sicherheitsgarantien." (NATO Online Libary 17.5.90 nato.int/) Selbst eine fortdauernde Existenz der NATO könnte aus folgender Aussage in Frage gestellt werden. Am 23.3.90 in Luxemburg fordert Außernminister Genscher in einer Rede vor der WEU die NATO und den Warschauer Pakt auf, in einen "Verbund gemeinsamer kollektiver Sicherheit für Europa zusammen zu kommen in dem die beiden Bündnisse schließlich aufgehen können."

Nun befürchten die USA, es gelänge der sowjetischen Seite mit bundesdeutscher Hilfe die Zukunft der NATO in Europa zu beschränken "wodurch wir ein Deutschland bekommen, das halb in der NATO und halb draußen ist, was die Grundlage für eine kontinuierliche US Präsenz untergräbt." (NATO Liason: General Principles for Development)

Zur Verbesserung des Verhandlungsklimas bietet Kanzler Kohl Gorbatschow am Montag, 10.9.90 12 Milliarden DM für den Abzug und die Neu-Ansiedlung der sowjetischen Truppen an. Darüber hinaus gibt es einen zinslosen Kredit von 3 Milliarden DM. Am 12.9. soll der 2+4 Vertrag unterschrieben werden. Am Vorabend stellen die USA (und GB) den Vertragstext in Frage. So kommt es in der Nacht zur "Bademantelkonferenz" der westlichen Außenminister. Die USA und Großbritannien wollen im Blick auf Polens Wunsch auf NATO Beitritt das 2+4 Verhandlungsergebnis nicht unterschreiben, ohne dass darin steht, dass NATO Truppen über das Gebiet der DDR Gebiet bewegt werden können, wenn es die deutsche Regierung erlaubt. (Genschers Aussage: https://vm.tiktok.com/ZGJcmsqma/ ) Außenminister Genscher erreicht den Kompromiss, dass dies in einem Zusatzprotokoll zum 2+4 Vertrag steht, vorausgesetzt eine künftige deutsche Regierung würde diese Truppenbewegung erlauben.

Der verbitterte russische Außenminister Falin muss Gorbatschows Einverständnis hinnehmen und erklärt am 20. Dezember 1991 seinen Rücktritt. Die 12 Milliarden, die Deutschland an Russland für die Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrag gezahlt hatte, verschwanden, sobald sie die russische Grenze überquert hatten vermutlich in korrupte Hände.

Zum Jahreswechsel 90/91 gibt es in Washington 2 Positionen. US Verteidigungsminister Dick Cheney: "Wir sollten alles tun, was wir können, um die Sowjetunion zu zerschlagen." Außenminister Baker dagegen hielt es für richtig, dass "wir die Sowjetunion zusammenhalten vor allem wegen des Kommandos und der Kontrolle über deren Atomwaffen." (Strauss, The Bolshevik Goetterdaemmerung)

Im Frühsommer 91 gibt es aus Polen, Ungarn und der Tschecheslowakei Signale für ein Interesse an der NATO. Schon im Vorjahr, am 7. Juni 1990, hatte der ungarische Ministerpräsident Josef Antell die sofortige Auflösung des militärischen Teil des Warschauer Pakts gefordert. Präsident Gorbatschow fordert dagegen weiterhin (Nov 90) die Bedeutung der KSZE zu erhöhen und als Kern eines paneuropäischen Sicherheit Systems für Ost und West zu etablieren.

Zuckerbrot und ...

Zunächst locken die USA weiter mit Abrüstungsvorschlägen. So schlägt am 5. Oktober 1991 Präsident Busch vor, sämtliche atomaren Artilleriegeschosse und Sprengköpfe für Kurzstreckenraketen aus Europa abzuziehen und zu zerstören. Bush schlägt auch vor, alle Atomraketen von Schiffen und U-Booten zu entfernen und Atomwaffen für landgestützte Marineflugzeuge abzuziehen. In einem Telefonespräch am 27. September 1991, rief Busch Gorbatschow an und erläuterte, diese seine geplanten Schritte seien einseitig aber das Weiße Haus hoffe, die Sowjetunion werde parallele Schritte unternehmen. Gorbatschows Antwort war positiv.

Anstelle einer NATO Erweiterung schlägt die sogenannte Baker-Genscher Initiative vor, einen nordatlantischen Kooperationsrat (HNKR) für Dialog und Zusammenarbeit zu gründen. Die osteuropäischen Staaten sind enttäuscht, weil sich sich zurück- oder gleichgesetzt sehen mit Ländern wie der Ukraine, Georgien und Kasachstan. Im Dezember 91 schreibt der (inzwischen) russische Präsident Jelzin an das NATO Hauptquartier in Brüssel, er hoffe Russland könne der Allianz beitreten. Er meint damit die NATO nicht den HNKR. Ob der HNKR daher vielleicht auch Mittel war, um sich nicht mit einem NATO Antrag Russlands zu beschäftigen, bleibt offen. (The Secretarys meeting with Jelzin, 16.12.91)

Jelzin erläutert den USA bei einem Treffen bereitwillig, wie die Sowjetunion im Ernstfall ihre Atomwaffen starten würde. (Die Befehlskette der drei Koffer, Notes from 1-on-1-mtg, Command&Control of Nuclear Weapons 12/16/91)

Am 25.12.1991 um 19:00 Uhr hält Gorbatschow eine zwölfminütige Fernsehansprache und unterschreibt die Auflösung der Sowjetunion. Der russische Präsident Jelzin lässt sofort danach die Sowjetfahne über dem Kreml einziehen und ersetzt sie durch die russische Fahne. Alle Atomwaffen werden nun durch Russland kontrolliert, stehen aber noch außer in Russland zumindest in der Ukraine und Kasachstan.

Der russische Präsident Jelzin übernimmt eine Garantie für die sowjetischen Auslandsschulden in Höhe von 65 Milliarden $. Darunter sind auch Schulden des Zaren, die die Bolschewiki nach der Oktoberrevolution eigentlich schon gestrichen hatten.

Hardliner stellen sich auf

Zum Jahreswechsel 91/92 übernimmt erstmals eine kleine Gruppe von (privaten) Analysten der RAND Cooperation Planungen für die NATO Erweiterung. Nach ihrer „Analyse“ würde Polen ohne eine NATO Mitgliedschaft "selbst Atomwaffen anstreben, um sich gegen Russland verteidigen zu können". Nur eine NATO Mitgliedschaft der osteuropäischen Staaten würde eine weitere Verbreitung von Atomwaffen verhindern.

Der Konflikt zwischen den Hardlinern und den Vorsichtigeren (Wirtschaftsprofessor und damals Deputy Secretary of Defense William Perry) besteht darin, dass die Vorsichtigen befürchten, dass die Ukraine und Georgien zurück in die Hände Russland kommen, wenn man ihnen keine NATO Perspektive anbietet. In der Ukraine stehen zu dieser Zeit noch 1200 Langstrecken Raketen die auf Städte in den USA gerichtet sind. In der Ukraine leben bei 50 Mio Einwohnern 12 Millionen Russen viele davon in "Mischehen".

Der Verfall der ukrainischen Wirtschaft ist dramatisch, sie schrumpft in den Jahren von 91-96 jährlich um 9-22 %. Die USA versuchen einen Bomben-für-Butter Deal. Im Frühjahr 93 bietet Special Adviser to the Secretary of State Warren Christopher Strobe Tolbat eine mittel- und osteuropäische Sicherheitszone an. National Security Advisor Anthony Lake, ein starker Unterstützung der NATO Erweiterung schlug dagegen am 3. Mai 1993 eine radikale Lösung vor: "... wenn wir die Ukraine in die NATO aufnehmen. würde sich die Atomwaffen Frage von allein regeln. Lediglich die Ziele der Atomraketen würden sich ändern."

Der 1. Schritt nach Osten

Der polnische Präsident Walesa empfängt am 24. August 1993 Präsident Jelzin und bringt ihn mit Alkohol und Essen zu einer impliziten Übereinkunft, dass Polen sich der NATO zuwenden dürfte, wenn es in keinem Streit in der Ukraine intervenieren würde, außer im Fall eines militärischen Angriffs. Der russische Außenminister ist am Tag darauf über dieses Zugeständnis entsetzt. (Essen und Drinks, SDC-93-Warsaw-12724, 26.8.93)

Zwei Wochen später, am 15. September 1993 beklagt Jelzin, dass die Aufnahme Polens in die NATO nicht hinnehmbar sei, da sie den Geist der 2+4-Verträge verletze.

NATO Generalsekretär Wörner sieht durch den Walesa Coup "die Landschaft in Hinsicht auf die NATO-Mitgliedschaft verändert." Und die RAND Corporation schreibt in einem Artikel im September 93, dass es eindringlich notwendig ist für eine Erweiterung der NATO zur kollektiven Verteidigung und Sicherheit im Süden und Osten einzutreten.

Im September 93 sind sich Russland und die Ukraine einig über den völligen Abzug, den Abtransport der atomaren Sprengköpfe nach Russland zur Demontage innerhalb von 24 Monaten. Die ukrainischen Schulden gegenüber Russland sollen durch die langjährige Nutzung des russischen Hafens von Sewastopol abgegolten werden. Am 14. Januar 1994 unterschreibt die Ukraine ihre Atomwaffen bis zum Jahre 1996 abzugeben.

Neuer Name für alte Schläuche: Am 12. Januar 1994 wird von Präsident Clinton die Partnerschaft for Peace (PfP) als Alternative zu einer NATO Mitgliedschaft oder als eine Vorstufe propagiert. Damit sollen alle Beitrittswilligen mit der Ukraine, Belarus, Russland, auf eine Stufe gestellt werden. Den osteuropäischen Ländern gefällt dies wiederum nicht. (5 SDC-USNATO-05209)

Katze aus dem Sack

Verteidigungsminister Volker Rühe stellt fest: "Nicht alle Länder in Mittel und Osteuropa sind Beitrittskandidaten. Ungarn, Polen und die Tschechoslowakische Republik hätten gute Chancen aber Russland kann nicht integriert werden, weder in die Europäische Union noch in die NATO." Auch in den USA sind die PfP Befürworter, wie Minister Perry auf dem Rückzug. Und im September 94 überzeugte Präsident Clinton Jelzin: "... es werde eine NATO Erweiterung geben. Wir machen damit weiter." (Second Clinton/Yelzin One-on-One, 28.9.94)

Nun hätte man mit den "abgestuften" NATO Mitgliedschaften von Frankreich (außerhalb der Struktur) und Dänemark, Norwegen (ohne Stationierung fremder Truppen) Möglichkeiten gehabt bei der Erweiterung die volle Garantie nach Art. 5 zu vermeiden. Jedoch sollten alle neue NATO Mitglieder alle Rechte und Pflichten erwerben. Damit ist die Partnerschaft for Peace tot. (NATO Expansion, 4.10.94)

Nägel mit (militärischen) Köpfen macht der NATO Rat am 1. Dezember 1994 in Brüssel. Es gibt ein NATO Kommuniqué, das offiziell die Tür zur Erweiterung öffnet. "Wir erwarten und begrüßen eine NATO Vergrößerung, die die demokratischen Staaten östlich von uns umfasst. (Preventife Defnse S. 30) Es soll langsam vorgegangen werden, mit Polen, Ungarn und der Tschecheslowakei. Sollte Russland ruhig bleiben, so wären als Nächstes die baltischen Staaten dran.

Das Kommunique des NATO Treffens in Brüssel war ein Affront gegenüber Russland. William Perry, Under Secretary of Defense unter US Verteidigungsminister Les Aspin konnte nicht verstehen, warum das Weiße Haus eine Konfrontation in Brüssel und Budapest (beim Treffem Clinton-Jelzin) provoziert hatte, obwohl noch keine endgültige Entscheidung über die NATO Erweiterung getroffen wurde. Was war der Nutzen von so viel Schaden? Der Verteidigungsminister beschwerte sich auch bei Nelson Strobridge Talbott, Special Adviser to the Secretary of State Warren Christopher: "buchstäblich niemand im Pentagon wusste vor der Veröffentlichung etwas über die vier Schlüsselpassage im Kommuniqué vom 1. Dezember 1994."

Am 13. Januar 1995 erklärt Minister Blinken die Partnership for Peace für tot. Gleichzeitig bittet Blinken den britischen Premier Major Entscheidungen zur NATO Erweiterung bis nach der russischen Wahl im März aufzuschieben. Es ist unerlässlich, dass nichts durchsickert über die geplante NATO-Erweiterung. (Troika Meeting on European Security/NATO Enlargement, 16.6.95)

Die russische Regierung versucht dagegen weiter vergeblich die Bedeutung der OSZE als Kernstück des europäischen Sicherheitsystems zu verankern.

Geld gegen Verzicht

Jelzins Wirtschaftsreformen in Russland waren praktisch gescheitert. Einige Oligarchen hatten sich atemberaubend bereichert, während die Kaufkraft des Rubel schwand. Insidergeschäfte bei der Privatisirung, wie die berüchtigten Kredit-gegen-Aktien Handel waren im Grunde eine korrupte Versteigerung staatlicher Werte. US Außenminister Blinken gewährt Russland 4,5 Milliarden $ direkte Hilfe für Wirtschaftsreformen, Inflationsbekämpfung und Währungsstabilisierung. Mary Elise Sarotte schreibt; Die 96 und Anfang 97 beherrschende Frage war, wie viel es kosten würde Russland zu kaufen. Der Kaufpreis sollte entscheiden, wie viele osteuropäische Staaten im ersten Schritt NATO Mitglieder werden dürften.

Durch die Wirtschaftskrise in Russland sinkt das Bruttoinlandsprodukt jährlich um 7-9 %. Der IWF gibt einen Kredit über 10 Milliarden $. Insgesamt erhält Russland 1997 46 Milliarden $, das entspricht 10 % des eigenen BIP. Für Kredite in Russland werden teilweise 100 % Zinsen verlangt. Im Juni 97 gibt der IWF erneut 17 Milliarden. Diese fließen sofort durch Zinszahlungen und Korruption wieder aus Russland heraus. Am 17. August 1998 sind viele russische Banken pleite. Wirtschaftsexperten im Westen hatten für diesen Fall 20-40 Mio. Arbeitslose in Russland vermutet (erhofft? Inzwischen gilt ja sogar als deutsche Position das Ziel Russland zu ruinieren.). Es sind jedoch weniger als 1 Million.

Aber auch militär-politischen Positionen spielen neben dem Herrsche-und-Teile eine Rolle. Als nach der Trennung von Tschechien und der Slowakei slowakische Führer öffentlich die Frage stellten, ob NATO-Atomwaffen auf slowakischen Boden stationiert werden dürften, stellten amerikanische Diplomaten pikiert fest: "Die Haltung Bratislava's sei für die US Regierung nicht klar. Man wüsste nicht, ob die Slowakei unsere Werte teilt." (SDC 1996-Bratis-1048,17.6.96)

Auch die Nuancen der Erweiterungsbefürworter sind interessant. Rühe an Talbott: "...wir sollten aufhören, uns was vor zu machen und einfach ganz offen sagen, dass Russland nie in die NATO kommen wird." Talbot an Christopher: "...man solle zu niemanden nie sagen. Jeder könne anklopfen, ob die Tür dann geöffnet wird, ist eine andere Frage." Clinton: "... die Russen werden nicht fähig sein uns von irgendetwas abzuhalten, was sie nicht mögen. Sie könnten bloß ihr Missfallen ausdrücken in dem sie nicht mitspielen." (zitiert nach Goldgeier&McFaul, Power S.204-205)

So kommt es am 27. Mai 1997 in Paris zur Unterzeichnung der NATO-Russland Akte und im Dezember 97 wurden auch die Beitrittsprotokolle für die drei osteuropäischen Staaten zum NATO Eintritt unterzeichnet. Die Ratifizierung sollte 98 erfolgen und der Prozess der Eingliederung in die militärischen Strukturen bis April 99 abgeschlossen sein.

Ende des Kuschelkurs

Am 13.10.99 wird das über Jahre ausverhandelte Atomteststop-Abkommen im US Senat mit 49 zu 51 Stimmen abgelehnt. Talbot bekräftigt die bereits von Bahr bekannte Aussage, dass Politik stets durch Interessen geleitet ist. Die Grenze der NATO zu Russland ist von 1900 km auf 150 km geschrumpft. Minister Perry bedauert in seinen Memoiren, dass die Rüstungskontrolle Opfer der NATO Erweiterung wurde.

Obwohl Russland in verschiedenen Konflikten in Bosnien-Herzegowina (mit UN Mandat) und im Kosovo (ohne) sogar mit eigenen Truppen NATO Aktivitäten unterstützt hat, werden diese im Juni 1999 durch ein Flugverbot über NATO Gebiet (Ungarn, Tschechien) an der Versorgung ihrer Soldaten behindert und diese zum Abzug gezwungen.

Fazit

Mary Elise Sarotte beendet ihr Buch mit der Frage nach möglichen Alternativen, die allesamt zu einem ähnlichen Zustand für die NATO aber einer friedlichen Koexistenz in Europa hätte führen können.

  • Die Partnership for Peace hätte Russland einbeziehen können, ohne ein Risiko für die NATO.
  • Die russischen Befürchtungen hätte man senken können, allein wenn sich die NATO einen anderen Namen gegeben hätte.
  • Statt der Art. 5 Garantie für die Neumitglieder, insbesondere für die baltischen Staaten wären nationale Beschränkungen möglich gewesen.
  • Nachdem die Funktion und Notwendigkeit der NATO durch das Ende des kalten Krieges infrage gestellt wurde, erweiterte sie sich, bis sie wieder notwendig wurde.

Viele Nebenschauplätze, wie die gescheiterten "Farben-Revolutionen" in Georgien, der Ukraine wurden hier nicht untersucht. Aber den Ablauf der Geschehnisse und die Entscheidungen, bzw. die seltsame Nichtentscheidung z.B. im Brüssler NATO-Kommuniqué überhaupt in die Öffentlichkeit zu bringen, dafür sei Mary Elise Sarotte gedankt.

Mehr dazu in "Not one step" - Nicht einen Schritt weiter nach Osten, Mary Elise Sarotte, ISBN 978 3 406 80831 9
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