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Bundeshaushalt 2023: Kriegswirtschaft?
- von Gesine Lötzsch (haushaltspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion im Bundestag)
Nach NATO-Kriterien will die Regierung im nächsten Jahr 64 Milliarden Euro für das Militär ausgeben. Hinzu kommen noch acht Milliarden aus dem Sondervermögen Bundeswehr. Also insgesamt 72 Milliarden Euro für Aufrüstung. Das ist mehr, als die Ampel im nächsten Jahr für Bildung, Forschung, Familien, Senioren, Frauen, Jugend, Gesundheit, Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit, Verbraucherschutz, wirtschaftliche Zusammenarbeit, Inneres und Heimat insgesamt ausgeben will. Doch das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte diese Woche, dass er eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben über das bislang geltende Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts hinaus erwartet. Das wären dann 80 Milliarden Euro pro Jahr.
Die ganze Politik wird von dieser Regierung auf den Krieg und seine Folgen ausgerichtet. Da wundert es nicht, dass selbst einfache Dinge in diesem Land nicht mehr funktionieren. Sollen die Menschen den Eindruck bekommen, dass wir in einer Kriegswirtschaft leben? Selbst die ökonomisch unsinnige Schuldenbremse funktioniert nicht mehr. Finanzminister Lindner behauptet zwar, dass im nächsten Jahr die Schuldenbremse wieder eingehalten werden soll, doch das gelingt nur mit billigen Taschenspielertricks. Er hat zwei Sondervermögen geschaffen: Das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen Bundeswehr und den 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm gegen explodierende Gas- und Strompreise. Auch die zehn Milliarden Euro für die FDP-Aktienrente stehen nicht im Haushalt. Sie soll über ein Darlehen finanziert werden. Es bräuchte – wenn alles gut geht – 70 Jahre, bevor die Aktienrente einen Beitrag zur Stabilisierung des Rentensystems leisten könnte.
Warum all die Lügen und Tricksereien, um eine nicht funktionierende Schuldenbremse auf dem Papier stehen zu haben? Ganz einfach: Die Schuldenbremse soll vor allem im Sozialbereich gezogen werden – bis es quietscht. Das Bürgergeld steht mit knapp zwei Milliarden Euro im Haushalt. Da stecken die 53 Euro Regelsatzerhöhung drin. Zu wenig, um als Inflationsausgleich zu dienen. Die Krankenhäuser sollen einen Inflationsausgleich von sechs Milliarden Euro in zwei Jahren bekommen. Sie brauchen aber 15 Milliarden Euro, um ihre Kosten zu decken. Die Bundesregierung nimmt die Schließung von Krankenhäusern billigend in Kauf. Das erfolgreiche Bundesprogramm zur Förderung von Sprachkitas sollte laut Koalitionsvertrag ausgebaut werden, jetzt wird es nur noch ein halbes Jahr laufen und dann ganz eingestellt werden. Die nötigen 200 Millionen Euro hat die Bundesregierung nicht.
Wir erleben eine Regierung der zwei Geschwindigkeiten: Die Aktienrente wurde über Nacht beschlossen. Das Sondervermögen Bundeswehr brauchte nur 100 Tage von der Idee bis zur Grundgesetzänderung. Die Kindergrundsicherung kommt aber erst 2025. Das ist beschämend, wenn man weiß, dass in unserem reichen Land jedes fünfte Kind in Armut lebt.
- https://www.jungewelt.de/artikel/439403.kriegswirtschaft.html
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