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Ukrainischer Außenminister gibt bei Trickanruf Angriffe auf Krim zu. Interessant ist an dem Gespräch aber etwas anderes. (Von Reinhard Lauterbach)
Zwei russische »Prankster« – also Leute, die sich am Telefon für jemand anderen ausgeben, um den Angerufenen zu unvorsichtigen Äußerungen zu verleiten – haben den ukrainischen Außenminister Dmitro Kuleba aufs Kreuz gelegt. Das wurde am Donnerstag bekannt. Was sie Kuleba entlockten, traf in Moskau auf ein etwas mattes: »Haben wir es nicht immer gesagt?« Ein billiger Triumph, denn ist es eine Überraschung, dass Kuleba gegenüber dem angeblich anrufenden früheren US-Botschafter in Moskau, Michael McFaul, »unter uns gesagt« zugab, dass die jüngsten Anschläge auf der Krim und im russischen Belgorod das Werk ukrainischer Geheimdienste waren? Wessen Hand soll sich denn sonst da betätigen? Es ist Krieg, und da wird nicht mit Samthandschuhen agiert. Auch dass die jüngsten ukrainischen Offensiven von US- und britischen Stabsoffizieren geplant wurden und die Ukrainer dabei im wesentlichen die Rolle des Kanonenfutters gespielt haben, war im Westen mindestens in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der New York Times zu lesen. Sachlich ist das ziemlich kalter Kaffee.
Das einzig Interessante an Kulebas Äußerungen war die Aussage, das Minimalziel der Ukraine sei, das rechte Dnipro-Ufer zurückzuerobern. Das bedeutet: das linke, südliche, nicht unbedingt. Und von dort geht der Nord-Krim-Kanal ab, über den die Halbinsel Krim mit Süßwasser versorgt wird. Seine Schließung durch die Ukraine anno 2014 dürfte eines der wichtigsten Motive für Russland gewesen sein, im Frühjahr auch ins Gebiet Cherson vorzustoßen.
Es ist natürlich viel zu früh, aus dieser informellen Äußerung irgendwelche möglichen Verhandlungsoptionen abzuleiten. Aber zwei bis drei Dinge fallen auf: erstens, dass der US-Milliardär Elon Musk, der ja immer gern den »Master of the Universe« spielt, kürzlich ungebeten – aber immerhin, man kann ja mal sondieren – einen Friedensplan aus dem Hut gezaubert hat. Dieser sah unter anderem vor, Russland die Wasserversorgung der Krim zu garantieren.
Zweitens die Tatsache, dass Kuleba diese Äußerung gegenüber einem vermeintlichen US-Diplomaten machte. Mit etwas spekulativer Phantasie könnte man denken, dass Kuleba hier der US-Seite – von der man immer wieder liest, sie wirke hinter den Kulissen auf Kiew ein, Konturen einer Verhandlungslösung zu skizzieren – hier genau solche Umrisse signalisiert. Alles noch inoffiziell und jederzeit dementierbar. Aber immerhin.
Und drittens: Vor einigen Wochen schrieb das dem US-Militär nahestehende »Institute for the Study of War«, wenn die Russen Cherson jetzt von sich aus räumten, könnten sie sich »geordnet und unter minimalen eigenen Verlusten zurückziehen«. Wer soll ihnen das denn garantieren? Die USA? War das ein dezenter Wink?
Ein militärischer Sieg über Russland wäre für den Westen vielleicht erreichbar. Aber er trüge das ständige Risiko in sich, dass Russland, wenn seine Lage sich dramatisch verschlechtern sollte, doch seine Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen wahrmacht. Für diesen Fall hat Washington mit »drastischen Konsequenzen« gedroht – härteren vermutlich, als die Ukraine den USA eigentlich wert wäre, weil sie dem Risiko eines direkten russischen Gegenschlags ausgesetzt würden. Atomar verwüstet hätte die Ukraine übrigens auch für die NATO keinen großen Wert mehr.