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Medienuntersuchung: Nabelschau des Westens

Langzeitstudie beleuchtet Einseitigkeit in Berichterstattung der Leitmedien. Globaler Süden und dessen Notlage weitgehend ausgeblendet (Von Ralf Wurzbacher)

Von den 34 im ersten Halbjahr 2022 ausgestrahlten ARD-»Brennpunkt«-Sondersendungen beschäftigten sich 29 mit dem Krieg in der Ukraine, aber keine einzige mit dem Thema Hunger. Im gleichen Zeitraum spielte dieses bei der »Tagesschau« eine geringere Rolle als die britischen »Royals«, und dem Sport war mehr Raum gewidmet als sämtlichen Staaten des globalen Südens. Obwohl diese Weltregionen 85 Prozent der Bevölkerung der Erde beheimaten, entfielen auf sie nur etwa sechs Prozent der Sendezeit. Ludescher ist ein unermüdlicher Rechercheur. Seine Ursprungsstudie bringt er regelmäßig auf den neuesten Stand der Entwicklungen, etwa während der Pandemie und neuerdings im Licht des Ukraine-Kriegs. Beide Ereignisse haben die Unwuchten im Nachrichtengeschäft weiter zuungunsten des medialen Niemandslandes verstärkt. Dabei leiden gerade die armen und ärmsten Weltgegenden am stärksten unter den kapitalistischen Verwüstungen des globalen Nordens – Stichwort: Klimakrise.

Wobei: Auch ein Hurrikan kann das Zeug zum »Scoop« haben. Allerdings verpufft der akute Sensationswert sehr rasch, und die »Nachwehen« für Mensch und Natur sind später keine Meldung mehr wert. Und freilich gilt auch für Katastrophen ein Raster der Wichtigkeit. Für Wirbel in den Medien sorgen vornehmlich solche im »Freundesland« (z. B. Hurrikan Katrina, New Orleans), während jährlich Dutzende andere solcher Stürme, Überschwemmungen und Feuersbrünste unterbelichtet oder komplett außen vor bleiben. Nach Bangladesch und Indien stand zuletzt halb Pakistan nach heftigsten Regenfällen unter Wasser, wodurch Millionen Menschen obdachlos wurden und vielerorts Seuchengefahr besteht. In den Nachrichten fand und findet die »Jahrhundertflut« kaum Beachtung. Entsprechen langsam gehen bei den Hilfsorganisationen die Spenden ein....
- vollständiger Artikel: https://www.jungewelt.de/artikel/435207.medienuntersuchung-nabelschau-des-westens.html

Dr. Ladislaus Ludescher: Das Verschwinden der 85 %

Schätzungsweise 6,7 Milliarden Menschen leben in den Staaten des Globalen Südens. Das entspricht ungefähr 85 % der Weltbevölkerung. Dass der Globale Süden im Gegensatz hierzu in den Nachrichten konsequent und eklatant vernachlässigt wird, gehört zu den Konstanten der deutschen, aber auch ausländischen Berichterstattung.
- https://www.flurfunk-dresden.de/2022/08/30/das-verschwinden-der-85/

Dr. Ladislaus Ludescher: Vergessene Welten und blinde Flecken (Die Langzeitstudie)

Relevant für die öffentliche Meinungsbildung sind daher nicht nur die ausgestrahlten Berichte, sondern ist insbesondere auch das Fehlen von Nachrichtenbeiträgen. Medien sind aufgerufen, einen Diskurszirkel zu vermeiden, der tradierte, festgefahrene Strukturen der Berichterstattung, die dem subjektiv-emotional Aufsehen erregenden und vermeintlich oder mutmaßlich kulturell oder geografisch näher Stehenden eine höhere Bedeutung zuschreibt, als dem faktisch Bedeutsamen, möglicherweise aber kulturell oder geografisch Entfernten.

Dies schließt insbesondere die, wie die Untersuchung zeigt, höchst asymmetrische Berichterstattung über Katastrophen im „Westen“ und im Globalen Süden ein. Wenn Katastrophen, die sich in der sog. Dritten Welt täglich ereignen, für alltäglich genommen werden und daher ihren Status als „berichtenswerte“ Nachrichten verlieren, ist damit ein hohes Gefahrenpotential für die Ausgewogenheit der medialen Aufmerksamkeit verbunden, die im extremsten Fall in eine mediale Blindheit gegenüber bestimmten Ländern oder Themen führen kann.
- Die Studie selbst sowie eine Zusammenfassung können auf folgender Internetseite heruntergeladen werden: www.ivr-heidelberg.de/studie
http://www.ivr-heidelberg.de/studie