#weltzerstörung

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #krieg #geschichtsrevisionismus #russophobie #imperialismus #kapitalismus #klima #weltzerstörung

Kaputter Kapitalismus = Beschleunigte Zerstörung

Eine gleichgültige Classe politique tritt den Marsch in den Abgrund an. Über den Krieg in der Ukraine, über Bellizismus und die Zukunft des Kapitalismus (Von Karl-Heinz Dellwo)

In keinem Land scheint der Russenhass so schnell aktivierbar zu sein wie in Deutschland¹, das nun zum fünften Mal daran beteiligt ist, Russland vom Westen her seinem Europa zu unterwerfen.² Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gab direkt nach Beginn des russischen Krieges in der Ukraine die alte Naziparole aus, nach der die russische Industrie zu vernichten und Russland zu einem Agrarland zu machen sei.³
Krieg als Befreiungsschlag

Diese Schnelligkeit, mit der hier altnazistische Parolen aktiviert werden und mit der eine politisch mehr oder weniger unbeleckte neue Politik- und Medienkaste, die gerade noch das Loblied des »grünen Kapitalismus« sang, in den Kriegsmodus schalten konnte, verweist auf eine historische Fäulnis des Bisherigen und weckt seltsame Assoziationen zur Vorkriegszeit und zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Als der 1914 begann, öffneten sich alle gesellschaftlichen Schleusen. Schnell waren alle politischen Unterschiede eingeebnet: Bis auf eine marginale Minderheit wollte sich jeder am Krieg beteiligen. Die Sozialdemokraten liefen zum Kaisertum über (und haben sich von diesem Verrat inhaltlich nie wieder erholt). Der Kaiser kannte bekanntlich keine Parteien mehr, sondern nur noch deutsche Vaterlandsverteidiger. Die Jugend orientierte sich an der national-idealistisch mystifizierten Schlacht in Langemarck im November 1914, eine vom deutschen Heer militärisch dümmlich organisierte Kriegsaktion ohne jede Relation zu den erreichbaren Zielen, aber mit großen Opfern – Futter für den verlogenen Patriotismus.

Die 20 Jahre vor Beginn des Ersten Weltkrieges erinnern an die 20 Jahre vor Beginn des neuen Bellizismus heute. Der imperialistische Kaiserstaat dümpelte vor sich hin, die Gesellschaft war öde, eingemottet. Eine Antwort auf die Frage, wie sich die Zukunft gestalten ließe, gab es nicht, da eine Änderung des auf der Dreifaltigkeit von Gott, Kaiser und Vaterland beruhenden Systems hin zu einem modernen Kapitalismus ausgeschlossen schien und sich keine Akteure fanden, um diese umzusetzen. Der Ausbruch des Krieges war das Resultat eines längst vorangeschrittenen Zerfalls. Mariupol ist nur geographisch von Langemarck in Belgisch-Flandern entfernt. Bezogen auf die verlogene Mystifizierung, diesmal nicht durch eine Oberste Heeresleitung, sondern eine NATO-affine Journalistenbrigade in der Etappe, liegen die Orte fast deckungsgleich aufeinander, wobei es gar nicht so leicht ist, aus den Bandera-Faschisten und den aus verschiedenen Ländern hinzugeströmten Rechtsradikalen und Neofaschisten eine politisch-moralisch ansehnliche Kampfgruppe zu machen.
Goebbels’ »Eintopfsonntag«

Hier zeigt sich vielleicht ein anderer Hintergrund für die offenkundige Kriegsgeilheit eines Teils der neuen politischen und medialen Kaste: Sie sind allem überdrüssig. Sie sehnen sich danach, von der Unmöglichkeit erlöst zu werden, das systemimmanent Nichtänderbare als unter ihrer Kontrolle stehend darzustellen und ins Glückliche wenden zu können. Die neue Liebe zum Bellizismus und zum Traum vom militärischen Sieg gegen konkurrierende Systeme enthüllt ebenso: Es gibt keine Lösung für ihr postuliertes Projekt des plötzlich vom Menschen und nicht mehr vom abstrakten Wert ausgehenden Kapitalismus. Sie wissen es längst: All ihre Versprechungen werden unerfüllt bleiben. Sie werden wie in der Vergangenheit jede soziale, ökologische und politische Position räumen, die politisch oder ökonomisch den Gesetzen der Marktlogik widerspricht.

Längst ist schon wieder möglich, was gestern für immer verworfen und ad acta gelegt worden war: Atomkraft, Weiternutzung der fossilen Energieträger Kohle, Öl bis hin zum Gasfracking, Zentralverwaltung der Energiewirtschaft als Teil einer neuen Kriegswirtschaft, und statt Winterhilfswerk für die Wehrmacht: »Frieren für den Sieg!« Der Verzicht wird von oben propagiert. Die öffentlich hochgehaltene Moral der Entbehrung offenbart seltsam zutreffende Analogien, beispielsweise zum »Eintopfsonntag«⁴, zu dem die Naziführung ab Oktober 1933 die Bevölkerung anhielt. Diese neue, von oben propagierte gesellschaftliche Pflicht, verbunden mit der Aufforderung, jeweils 50 Pfennige für das Winterhilfswerk zu spenden, war als gemeinschaftsbildende Aktion gegen den Feind gedacht. Im Laufe des Zweiten Weltkrieges wurde der »Eintopfsonntag« dann noch religiös aufgeladen, indem er zum »Opfersonntag« umdefiniert wurde.

Die Politik hat sich längst in zwei völlig voneinander geschiedene Sphären geteilt: Es gibt die Politik des An-die-Macht-Kommens, und es gibt die Politik vom Standpunkt der Macht aus. Beide haben am Ende nur wenig miteinander zu tun. Vor allem aber: Keine besitzt Souveränität gegenüber der Ökonomie. Ihre Aufgabe scheint es zu sein, im Sinne von Roland Barthes »das Leben abzuführen« und der Herrschaft der Verwertung alle Macht zu übertragen.....
- Das ist nur der Anfang. Den ganzen Text gibt es hier https://www.jungewelt.de/artikel/437750.kaputter-kapitalismus-beschleunigte-zerst%C3%B6rung.html und demnächst auch hier https://www.crisiscritique.org/