Furcht und Angst sind schlechte Ratgeber ...

... auch beim Radfahren. Den meisten Verkehrsteilnehmern ist durchaus bewusst, dass die Fahrbahn beim Gebrauch von Fahrzeugen der schneller und bequemer zu benutzende Strassenteil ist. Die Flucht auf Gehwege oder per Beschilderung als Radwege ausgewiesene separate Strassenteile oder Radstreifen wird häufig mit der Angst begründet, durch ein Auto überfahren zu werden, dessen Fahrer oder Fahrerin die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat.

Dass Autofahrer in nennenswertem Umfang Radfahrer absichtlich auf diese Weise überfahren, glaubt kaum jemand wirklich. Problem: dass Autofahrer dieses auch unabsichtlich nahezu nie tun, weil die meisten schweren Unfälle von Radfahrern Querungsunfälle sind und dass deswegen diese Flucht meist mehr Schaden anrichtet als solchen vermeidet, hilft offenbar auch nicht, die unbegründete Angst vor dem Fahren auf der Fahrbahn abzulegen. Häufig wird diese Fehleinschätzung dann damit rationalisiert, dass man ja immerhin in den seltenen Fällen geschützt sei, in denen eben doch ein Autofahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert - oder eine Autofahrerin. Zumindest die Kinder, so das im Rahmen dieser kognitiven Dissonanz visualisierte Bild, müsse man doch aus der Gefahrenzone heraushalten.

Eine Twitter-Meldung https://twitter.com/SAARTEXT/status/1386244605679706114 und ein Artikel des saarländischen Rundfunks zeigt, dass dies leider blosses Wunschdenken und ein Irrtum ist.

Ein Autofahrer, der die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hat, bleibt um Zuge des so verursachten Unfalls in den seltensten Fällen auf der Fahrbahn, sondern das Fahrzeug landet irgendwo jenseits des Straßenrandes, z.B. an einem Baum oder auf einer Wiese. Der SR berichtet über einen Fall, der sich offenbar heute morgen [s.w.u.] zugetragen hat.

Ein fünfjähriger Fahrradfahrer ist bei einem Verkehrsunfall am Wochenende auf der Landstraße zwischen Landstuhl und Ramstein von einem Auto erfasst und schwer verletzt worden. Nach Angaben der Polizei geriet eine 35-jährige Pkw-Fahrerin aus bislang unbekanntem Grund in den Gegenverkehr, veriss das Lenkrad und kam von der Fahrbahn ab. Dort stieß sie gegen ein Verkehrsschild und überrollte danach auf dem Fahrradweg das Kind. Der fünfjährige Fahrradfahrer erlitt schwere Verletzungen und musste in eine Klinik gebracht werden.

Das Foto von der Unfallstelle ist nur bei Twitter zu finden.

Um einem vorhersehbaren Einwand vorzugreifen: nein, ich meine nicht, das man fünfjährige Kinder alleine auf einer Überlandstrasse auf der Fahrbahn fahren lassen sollte. Aber ich weiss, dass es ein Irrtum ist, sich als Erwachsener durch die Angst vor (oder die Drohung mit) solchen Unfällen von der Fahrbahn vertreiben zu lassen. Wenn man die Verkehrsregeln beherrscht, ist man auf der Fahrbahn auch als Radfahrer schneller, bequemer und auch sicherer unterwegs als jenseits der Fahrbahn. Und das ist auch der Fall, wenn Eltern mit ihren Kindern unterwegs sind und diese unter Kontrolle haben. BTDT.


(Dies ist ein Repost eines ursprünglich auf pluspora verfassten Postings. Die letzten Wochen war pluspora recht wackelig ...)

Eine weitere vorsorgliche Ergänzung: Mit "auf der Fahrbahn fahren" meine ich nicht das Fahren auf einem abgetrennten Rad- oder Sch(m)utzstreifen, sondern die gemeinsame Fahrzeugnutzung einer einheitlichen Fahrbahn mit einem oder mehreren Richtungsfahrstreifen - also das, was faktisch die Definition des Begriffs Fahrbahn darstellt. Diese Erläuterung ist leider erforderlich geworden, weil in Fortsetzung der in einem älteren Posting beschriebenen Masche immer wieder neue Varianten des Baus von Radfahrerreservaten als "Fahrbahnfahren" verkauft wird.

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