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Russland auf Crashkurs
- Von Reinhard Lauterbach
Die Entscheidungen der letzten Tage – die Mobilisierung von 300.000 Reservisten in Russland und die Vorbereitung von Referenden über den Beitritt zur Russischen Föderation in den besetzten Gebieten und den »Volksrepubliken« – sind Folgen der russischen militärischen Niederlagen der letzten Wochen. Daran gibt es nichts zu deuteln, und auch wenn westliche Politiker dasselbe sagen, muss man nicht so tun, als wäre es nicht so. Besonders deutlich wird dieser Kontext bei den Drohungen Wladimir Putins, notfalls auch Atomwaffen einzusetzen. So etwas sagt man genau dann, wenn man merkt, dass man »konventionell« nicht mehr weiterkommt.
Besonders fatal wird das, wenn man wie Präsident Putin gleichzeitig die Schwelle für einen solchen Atomschlag heruntersetzt, indem man die eroberten Teile der Ukraine nach entsprechenden Referenden in den eigenen Staat aufnimmt und damit Angriffe auf sie zu Angriffen auf diesen macht. Dass das die Hitzköpfe in Kiew nicht beeindruckt, die sich dabei sehen, »die Russenfrage zu lösen«, ist klar. Putins Warnung war erkennbar an diejenigen gerichtet, in denen er sowieso die eigentlichen Drahtzieher sieht: die USA. Zwischen ihnen und der Sowjetunion war lange Jahre von einem »Gleichgewicht des Schreckens« die Rede. Putins Warnung, die Drohung mit einem Atomschlag sei »kein Bluff«, ist dabei genau Teil des Pokerspiels.
Wie die Beitrittsreferenden ausgehen werden, ist im Grunde egal. Es wird schon das »richtige« Ergebnis herauskommen. Allein die mehrtägige Dauer der Abstimmung gibt viele Möglichkeiten der Manipulation, ebenso die vorgesehene Option, auch in Russland selbst an den Abstimmungen teilzunehmen. Insbesondere in den Gebieten Cherson und Saporischschja ist der Rückhalt der Bevölkerung für die russische Herrschaft nach allem, was man weiß und erschließen kann, bisher bei weitem nicht so enthusiastisch wie im März 2014 auf der Krim oder bei den Unabhängigkeitsreferenden der beiden »Volksrepubliken« Donezk und Lugansk später im selben Jahr. Das Problem ist, dass Russland auf die Region Cherson schon deswegen kaum je wird verzichten wollen, weil über deren Gebiet die Wasserversorgung für die Krim erfolgt. Ohne diese wären große Teile der Halbinsel ein ödes Stück Trockensteppe. Damit manövriert sich Russland in eine Sackgasse, die kaum noch eine Kompromisslösung offen lässt. Das ist eine Hochrisikostrategie, die nur auf der Hoffnung beruht, die USA würden sich nicht trauen, die Sache auf die Spitze zu treiben. Und wenn doch, genau auf Grundlage der düsteren Absichten zur Zerschlagung Russlands, die ihnen Putin vorwirft?
In dieser Situation ist die chinesische Stellungnahme, die zu einer Verhandlungslösung aufruft, die »die Interessen beider Seiten berücksichtigt«, auch eine deutliche Distanzierung von russischen Maximalpositionen. Das »große historische Russland« oder die »historischen Länder Neurusslands« sind Chinas Sache nicht.
- https://www.jungewelt.de/artikel/435181.auf-crashkurs.html
Vielleicht zur allgemeinen Einschätzung von Presse- und Medienberichten aller Art ganz hilfreich zu wissen, was Putin wirklich gesagt hat:
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