16.01.2022 Wie versprochen, so gebrochen

"And if U[nited] G[ermany] stays in NATO, we should take care about non-expansion of its jurisdiction to the east."

So hat es US Außenminister Baker dem sowjetischen Außenminister Shevardnadze auf der Ottawa Open Skies Konferenz am 12. Februar 1990 versichert. Dass Versicherungen nichts wert sind und im Falle eines Falls für ihre "Versicherung" auch nicht zahlen wollen, das wissen wir aus anderen Zusammenhängen.

Alles von der berühmten Zusicherung des US-Außenministers James Baker, dass die NATO-Erweiterung "keinen Zentimeter nach Osten" gehen werde, als er am 9. Februar 1990 mit dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow zusammentraf, über eine Kaskade von Zusicherungen hinsichtlich der sowjetischen Sicherheit, die Gorbatschow und anderen sowjetischen Amtsträgern während des gesamten Prozesses der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 und bis ins Jahr 1991 von führenden westlichen Politikern gegeben wurden, geht jetzt aus freigegebenen Dokumenten der USA, der Sowjetunion, Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs hervor, die u.a. vom National Security Archive der George Washington University veröffentlicht wurden.

Vielleicht interpretieren die USA auch das Wort "jurisdiction" neuerdings nicht mehr als Rechtsprechung, Zuständigkeit, Zuständigkeitsbereich (Übersetzung durch deepl.com). Auf jeden Fall haben sich alle Medien und Politiker bei uns inzwischen darauf eingeschossen, dass Russland keinen Anspruch darauf hat, darüber mitzureden ob die Ukraine Mitglied der NATO werden darf.

Nach dem Beitritt von Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, den 3 baltischen Staaten und der ehemaligen DDR beansprucht die NATO ihre andauernde Expansion entweder als Gewohnheitsrecht oder schlimmer als Recht des Stärkeren. Anstatt 1990 die einmalige Chance für eine friedlichere Weltordnung zu ergreifen und unter dem Schirm der UNO ein europäisches Sciherheitssystem aufzubauen, kam es zur Übernahme der osteuropäischen Staaten unter die militärische Kontrolle der USA. Dabei hätten die USA auch in einem von den UN garantierten Sciherheitssystem durch das Vetorecht im Sicherheitsrat genügend Mitentscheidungsrecht über die Zukunft Europas gehabt - aber nicht allein, wie es jetzt die NATO Strukturen garantieren.

Fehler der Geschichte

Was bei den überhasteten Verhandlungen 1989 bis 1992 alles schief gegangen ist, listen inzwischen freigegebene Dokumente aus diesen Jahren auf. In den Dokumenten finden sich Sicherheitsgarantien gegen eine NATO-Erweiterung an die sowjetische Führung von Baker, Bush, Genscher, Kohl, Gates, Mitterrand, Thatcher, Hurd, Major und Woerner. In mehr als 30 Dokumenten finden sich Versicherungen westlicher Politiker über die geplante Zurückhaltung gegenüber einem kompromissbereiten Gorbatschow. "Vergessen" wurde lediglich diese Verhandlungspositionen in ein völkerrechtlich verbindliches Dokument zu gießen.

Die letztlich unterschriebenen Dokumente - auch auf diese wird in dem unten verlinkten Artikel verlinkt - beschreiben den guten Willen der beteiligten Seiten an zukünftig gewollter friedlicher Koexistenz, aber das hat nicht gereicht. Dieser gute Willen hat auf russischer Seite trotz beginnender Expansion der NATO immerhin über 10 Jahre angehalten, denn Wladimir Putin schlug in seiner Rede im Deutschen Bundestag am 21.9.2001 noch eine gemeinsame Entwicklung des Raums von Wladiwostok bis Lissabon vor. Für Europa war dieses Angebot sicher verlockend, für die USA eher eine Bedrohung ihrer Rolle in der Welt - und schon wurde nicht daraus.

Während der Warschauer Pakt als Militärbündnis aufgelöst wurde, ist die NATO nun nicht nur zusätzlich in den oben genannten Staaten präsent, sondern zündelt auch in Zentralafrika und hat sogar eine bundesdeutsche Fregatte in das südchinesische Meer geschickt. Das scheint für ein "Nordatlantik-Pakt"-Mitglied weit vom Kurs entfernt ...

Fazit? Angesichts der Gefahr eines Atomkriegs bei einer militärischen Auseinandersetzung zwischen der NATO und Russland, gibt es nur die Möglichkeit diplomatischer Lösungen und dieser Weg muss mit allen Kräften gegangen werden. Die gescheiterte Ausgrenzungs- und Sanktionspolitik des Westens hat die Spannungen nur erhöht und Russland weiter isoliert.

Es lohnt sich - auch wenn die Chancen von 1990 vertan wurden - trotzdem, die Dokumente und Aussagen der Verhandler in dieser historischen Epoche zu lesen ...

Mehr dazu bei https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early
Link zu dieser Seite: https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/7895-20220116-wie-versprochen-so-gebrochen.htm
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