#waking

z428@loma.ml

Vor Sonnenaufgang, in Bewegung. Die Welt besteht aus Schemen - von Bahnen, die über Straßen und Kreuzungen rollen und trübes Licht in schmutzigen Waggons verstecken. Von frühen und späten Pendlern, die auf Haltestellenbänken sitzen, warten, Bildschirme anstarren, schlafen. Von jenen, denen der Schlaf schon lang abhanden kam und die die Schreibtische der Erdgeschossbüros putzen, die Flure kehren. Von Glasfronten beliebiger Hotels, hinter denen Touristen und Geschäftsreisende den Weg durch karg möblierte Frühstücksräume zum ersten Kaffee suchen. Endpunkte verbinden. Türen öffnen, Türen schließen. Bestandsaufnahme entlang der eigenen Gänge. Und vorsichtiger Start, hoffend auf Fokus und Leere der Stunde vor dem Kalender. Dauerhafte Rezepte gegen Langeweile. Habt es mild heute!

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z428@loma.ml

Früher Morgen, immer ein wenig verknittert, jeden Tag in anderen und doch irgendwie gleichen Falten. Lauwarmes Wasser, dann erster Kaffee aus derselben blauen Tasse mit Muscheln und Seestern. Ein stummer Gruß nach gegenüber genickt, zum einzigen Fenster, das bislang auch erhellt ist. Ferner: Jene Frage, die seit dem Abend umtreibt, in eine Nachricht formulieren, und den Entwurf doch wieder zu löschen nach nochmaligem Querlesen der Historie und der Einsicht, dass sich manche Details nur zu bestimmten Zeiten offenbaren. Immerhin. (Mond treibt über der Betonbrache, in einem kleinen See aus Licht. Fern klingelt eine Straßenbahn. Der Takt wird wieder lauter. Habt es mild heute!)

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Irgendwann wird man wieder wach, lässt Kissen und Decken hinter sich, akzeptiert, dass vor den Fenstern noch kein Unterschied zwischen Himmel, Häusern, Bäumen zu erkennen ist, und taucht Hände und Arme in kaltes Wasser. Manchmal treibt gedankenlose Leere durch solche Momente, manchmal fehlen Worte, um selbst das Fehlen von Worten zu beschreiben. Während dieser Stunden ist der Tag nurmehr Ahnung, der Plan ein unscharfes Gefühl von Wichtigem und Unangenehmem und die Sichtweite noch genau so begrenzt wie da draußen zwischen schlafenden Fassaden. Erster Kaffee. Vorsichtig dosierter Kontakt mit Nachrichten. Lauschen in die Dunkelheit der Höfe, bevor die Dinge wieder Schwung holen. Habt es mild heute!

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Vor der Bäckerfiliale sind Flaschen zu Bruch gegangen, Bier trocknet auf dem Beton. An der Hauswand dahinter klebt ein Sticker, der mit großen nachdrücklichen Buchstaben ENTEIGNEN fordert, aber es bleibt im Dunkeln, an wen er sich richtet. Radfahrer diskutieren schreiend in voller Fahrt, ein älterer Herr liest Zeitung und wartet auf den nächsten Bus. Und Mond, ruhend in den Ästen der Straßenbäume.

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Lang brauchte diese Nacht, um Ruhe zu finden. Selbst an der Grenze des Morgens klingen noch vereinzelt Stimmen, und es bleibt unklar, ob die Gespräche fortgesetzt werden oder nie eine Pause fanden. Fern läuten die Glocken, ein Zug rumpelt zu seinem Bahnhof, die Katze streckt sich auf der Couch. Aufwachen und zu sich, zu den Dingen finden, während das Wasser lauwarm und nur spärlich aus alten Rohren fließt. Vorsichtiges Sinnieren über Unzufriedenheit, Wohlstand und Privilegien, vor dem ersten, Kaffee, einschließlich des ersten Kaffees. Habt es mild heute!

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(Wach, viel zu früh. Keine Träume, derer man sich erinnern könnte, aber jede Menge irritierende Gefühle, wenn man hinter bestimmte mentale Ecken schaut. Unten ist Bademorgen und noch sind die Kinder klein genug, derlei Gegebenheiten durch pure Weisung anzunehmen. Jemand hustet laut und so rauh, dass schon das Zuhören schmerzt. Bäcker, Obst, Kaffee. Genug Aufgabe für den Moment. Die Reihenfolge der Dinge zählt, auch an Wochenenden. Habt es mild heute!)

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Früh in den Höfen. Klarer Morgen, offener Himmel, intensiv leuchtende Sterne über den Tannen. Mond schon jenseits der Dächer. Frösteln: Restmüdigkeit, nur halb aufgewacht, umgeben von feuchter Kühle. Stadt klingt weit genug entfernt hinter den Mauern, hier seufzen unruhige Träume aus so manchem Schlafzimmer, zeichnet das Aufflammen und Verlöschen der Lampen in den Treppenhäusern Bilder vom Aufbruch in Weite und Pfade des Tages. Motoren starten, dort, wo die großen Transporter ihre Nächte zubringen. Klappernde Schlüssel, Ketten. Noch keine Vögel, vereinzelt singen die Weckrufe der Mobiltelefonen ihre vertrauten, beliebigen Lieder. (Gähnen. Aufstieg zur Küche. Plan für die kommenden Stunden schon grob im Kopf, Suche nur noch nach dem Anfang. Habt es mild heute!)

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Neuer Morgen, andere Ruhe. Der Versuch langsamer Bewegungen, um noch für eine Weile in dem Nebel zu bleiben, der vom Fluss her in die Viertel zieht. Aber schließlich reißt die Verbindung doch, wird die Welt klarer, weiter, lauter. Sonne im Rücken, knapp über dem Dunst. Flugreisende unterwegs südwärts, vier Turbinen ziehen scharfe Linien, die erst weit hinter der Maschine ins Nichts zerfasern. Eine Traube von halbwüchsigen Kindern drängt aus der Straßenbahn, über Gleise und Asphalt in den Schulhof, während etwas weiter schwere Limousinen in zweiter Reihe parken. Hausmeister, Erstkontakte an der Kellertreppe. Türen schließen. Einfinden, als körperlicher und geistiger Akt. Und ein stummer Gruß hin zu den Tauben, vor dem zweiten Kaffee. Habt es mild heute!

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Früh am Morgen, leere Büros. So lang in den Zimmern noch mehrheitlich Ruhe und Dämmerung herrschen, dürfen die Tauben auf der Reling vor der Terrasse schlafen; die ersten Bewohner der Küchen, die nach Tassen, Kaffee, Form und Einstieg in ihre eigenen Rituale suchen, nehmen keinen Anstoß an den grauen Vögeln. Zu lang warten, bis der Bildschirm erwacht, um zu merken, dass der Laptop noch in der Tasche steckt. Fenster öffnen. Augen reiben. Im Treppenhaus hustet jemand, schmerzhaft und laut. Der Fahrstuhl schließt. Auf irgendeinem Tisch klingelt ein Telefon, und an diesem Punkt des Tages ist der Ton noch durchdringender und aufschreckender als sonst. (Tetris, blaue Blöcke, Abstecken der Wege bis zum Nachmittag. Und dann weiter, nur mäßig zufrieden mit dem Ergebnis. Habt es mild heute!)

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(Erster Morgen seit langem, an dem die Räume spürbar ausgekühlt sind. Erster Morgen seit langem, an dem man heizen möchte und spürt, dass die stählernen Rippen sich nicht erwärmen. Also ein zweiter Pullover, Wasserkocher, geschlossene Küchentür. Der Sprecher im Radio irrt durch Belanglosigkeiten wie die zwei Ameisen, die es mit der Gartenernte in die Wohnung geschafft haben und die jetzt über glänzende Fliesen laufen, einem Muster folgend, das wohl ihr Geheimnis bleiben wird. Auch: Erste Störungsmeldungen, unerfreulich, aber nicht unerwartet. Schneller Einstieg, routinierte Griffe, wenig Denken. An den Heimbürofenstern kratzt Regen. In jeder Hinsicht noch fern der Dämmerung. Habt es mild heute!)

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(Weiterblättern. Aufgeschreckt, nicht verschlafen, nicht wach, immer wieder erstaunt, wie viel Zeit es mitunter braucht, sich selbst neu an der Realität auszurichten. Bilder und Geister im Halbdunkel zurücklassen, darauf harrend, dass der Morgen sichtbar werden mag. Noch kein Kaffee, Kinderlieder nebenan, eine Ahnung von Nebel über den Höfen. Die eigenartige Atmosphäre früher Sonntage. Habt es mild heute.)

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(Andere Morgenrituale: Dusche, erst zu heiß, dann zu kalt. Gespenster verjagen. Abgeschiedenheit des fensterlosen Bades. Stille im Haus, aber eine Ahnung anderer wacher Etagen, weil der Wasserdruck immer wieder beträchtlich schwankt. Den Kalender durchgehen, mit innerem Auge, die Blöcke einordnen und die Grenzen, die spärliche Leere dazwischen. Wünsche und Erwartungen nebeneinanderlegen, das Mögliche erfühlen. Dann Küchenkaffee. Knappes Frühstück. In die Spätnachtruhe der Höfe lauschen. Unsicher, ob die östlichen Dächer schon Dämmerung hinter sich wissen, ob der Freitag überhaupt schon begann. Habt es mild heute!)

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Träumen im Rauschen, Aufwachen zu leisem Tropfen. Noch geistiger Leerlauf: Durch den Kopf irrlichtern lang verschollen geglaubte Begriffe, mit denen die Mundart der Heimat verschieden starke Niederschläge bezeichnet, für die man derzeit keinen richtigen Bedarf hat und die sich trotzdem wieder und wieder im Bewusstsein nach vorn drängen. Der erste Versuch, Reste von Schlaf aus Augen und Falten zu waschen, gelingt nur mäßig. Küche, Tasse, Krümel, Geschirr; morgens reibt man sich gern an jenen Dingen, die man geflissentlich ignoriert hat vor der Nacht. Mehr Busse als sonst in der Kreuzung, aber noch nicht mehr Menschen. Vereinzelt schleichen Zigaretten und Mobiltelefone über jenes Stück Weg außerhalb der rötlichen Laternenkegel. Nachbars Wecker schlägt an, ein einzelner Vogel ruft beharrlich die Dämmerung herbei. Erster Kaffee, Katze auf dem Sofa, kurzes Verharren in Zeitlosigkeit, so lang der Morgen das hergibt. Habt es mild heute!

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Wieder am anderen Ende der Nacht. Den Regen hören. Den Regen spüren, den der Wind des Morgens auf den alten Fußboden geworfen hat. Fenster schließen. Wasserkessel aufsetzen. Schrittweise und langsam gerade so viel von der Wirklichkeit erhellen, wie unbedingt erforderlich ist, um aus dem kurzen Schlaf heraus zu sich zu finden. Blick in den dunklen Hof, dann in den hellen Kühlschrank. Gähnend. Radiostimmen immer schneller verstummen lassen, weil die besprochenen Lücken zwischen der Musik spürbar fordern. Stattdessen Warten auf die verschiedenen Geräusche der erwachenden Stadt, aber bisher scheint das Quartier noch unwilliger als sonst, in seine Routinen zu starten. (Kaffee. Post. Knappe Notizen. Halb vor dem Aufbruch auf den Kurs des Tages. Habt es mild heute!)

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Unterwegs, Nacht noch in den Gliedern, oder Kopf noch in der Nacht. Plötzlich wieder andere Farben: Glanz von Rücklichtern auf feuchten Straßen, Welt als Zerrbild im stehendem Wasser, zitternd mit den Vibrationen des Morgenverkehrs, der vollen Bahnen. Grelle Warnwesten, zum Trocknen über Kleiderständer geworfen vor den Fenstern der Büros jenseits des Hofes. Und das diffuse Wechselspiel der Grautöne, das immer noch die gesamte Stadt überspannt. (Dann: Kalibrierung der Eigenwahrnehmung im Fahrstuhl, insgeheim schimpfend gegen die Notwendigkeit, verspiegelte Oberflächen zu verbauen. Erster Kaffee erstes Wasser erstes Kehren durch das Postfach. Und vorsichtig Schwung holen, für die verschiedenen Pläne, die man in der Schublade des Schreibtischs hofft. Habt es mild heute!)

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Nacht zog über die Stadt, windig und kühl, aber ohne Regen. Am Morgen weicht die abgestandene Luft zumindest aus einigen Zimmern, während eine viel zu wache Katze Fliegen jagt. Erster Frühverkehr auf der Kreuzung, etwas dichter, als von den letzten Wochen gewohnt. Beeindruckend die Fähigkeit des Geistes, noch, die Stimme des Radioweckers zu hören, ohne Bedeutung in den Sätzen zu finden, ohne Anstoß daran zu nehmen. Sich selbst begegnen, vor mattem Spiegel. Erste Punkte auf der Karte des Tages abstecken. Noch keine genauere Vorstellung haben, welcher Weg all diese verbindet. Formbare Planlosigkeit, merklich vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute!

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Immer wieder früh: Das Gestern sortieren, das manchmal weniger, manchmal mehr auf die Seele drückt. Zudem: Wenn man die Vorhänge im Haus in einer anderen Reihenfolge als gewohnt öffnet, zeichnet der Sonnenaufgang kurzzeitig völlig fremde Räume und man erkennt, wie tief Gewohnheiten prägen. Noch kein Blick nach draußen, noch keine Ahnung von Wiesen und Himmel, für den Moment tickt die alte Wanduhr leise, knacken Dielen unter den nackten Füßen, ist der kurze, gerade Weg zwischen Bett, Bad, Küche der sinnvolle und richtige. Habt es mild heute!

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Robustheit und Nachdruck der inneren Uhr: Plötzlich wieder Morgen fern der Stadt, früher, als er sein müsste, aber irgendwann bleibt der Schlaf zurück mit den rennenden Stunden und verliert sich schließlich zwischen all jenen Gedanken, die im Zwielicht am wachsten sind. Holztreppe, kaltes Wasser, Rotkehlchen im Futterhäuschen. Keine Dorfkatzen in diesen Tagen, die Wiesen liegen unberührt und still bis zu jener Linie, an der der Drahtzaun das Land zerschneidet und hinter dem abgeerntete, halb gepflügte Felder beginnen. Die erste Glocke hört man heute nur, wenn man an der richtigen Stelle steht und kurz den Atem anhält. Kaffee, Brötchen, hoffentlich genügend Planlosigkeit. Warten auf den Sonnenaufgang. Habt es mild heute!

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Später, früher. Tagesbeginn, daran gemessen, wann der uralte rostige Golf seinen Motor startet und rumpelnd aus dem Viertel rollt. Dunkle stimmlose Geister flattern durch die Dämmerung über den Dächern, das träge Auge ist noch unfähig, Fledermäuse und Vögel zu unterscheiden. Geöffnete Fenster in der gegenüberliegenden Fassade, so weit man blicken kann. Und eine Ahnung von Schlaf in all den ungesehenen Räumen. (Die Themen des Abends sind die Themen des Morgens. Erster Kaffee, Blättern durch Listen von Nachrichten, Aussortieren, was heute nicht wichtig sein soll. Übrig bleibt in jedem Fall genug. Habt es mild heute!)

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