Morgen und Hinterhof, langsam weichende Sterne. Unten inmitten der Häuser hält sich das Dunkel hartnäckiger. Und mit ihm das orientierungslose Gefühl kurz nach dem Aufschrecken aus schrägen Träumen, in jenem frühen Stück der Wirklichkeit, in dem die eigenen Unzulänglichkeiten, all das Halbfertige und Unbegonnene groß und kantig in einen verschwiegenen Himmel ragen und das Selbst, die Welt und alles andere spürbar überschatten. Einige Ecken weiter faucht ein Marder, Blech und Glas klappern. Nochmal Jungvögel in den Nestern, versteckt durch dichtes Grün. Noch einmal dieser Teppich aus Stimmen und Liedern kurz vor dem Sonnenaufgang. Nur langsam übernimmt der Chor der Wecker und Kaffeemaschinen, findet sich das Viertel in die erforderlichen Routinen. Immer noch mit Aufwachen beschäftigt, kurz vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute!
#waking
Etwas weiter treibt die Stadt in den Farben eines neuen Morgens, die die Reste unsteter Nacht auf Betongrau überstreichen. An der Haltestelle versteckt sich ein junger Straßenbahnfahrer hinter Bart und Kaffeebecher, atmet durch seine Zigarette und wartet auf Dienstbeginn. Väter begleiten Erstklässler zu Bussen und Schulhöfen, und plötzlich auf halber Strecke erlöschen auch die Laternen. I sometimes cry for the moon: Manchmal trifft die Playlist zur richtigen Zeit die richtigen Töne, oft genug wird die Welt mit Musik ein wenig weicher. (Dann: Kirchenglocken, weit geöffnete Terrasse, eine riesige Spiegelsonne auf der Glasfassade. Frühe Vögel finden einander in der Büroküche, um sich beim zweiten Kaffee anzuschweigen. Prioritäten und Realitäten. Habt es mild heute!)
Und wieder früher Morgen über müder Welt. Temperaturgefälle in den Zimmern, liegengelassenes Durcheinander entdeckt man um diese Stunde sehr verlässlich, und jede Lampe ist zu grell. Hinter der Wand erwachen Kleinkind und Eltern, der Fußboden quietscht, Wecker und Radio tönen gegeneinander an und beides möchte man gern ignorieren können. Vorsichtiger Blick am Plan entlang, keine Inhalte, nur Zahlen, um ein grobes Gefühl für Taktung und Lücken zu bekommen, die man sich selbst gelassen hat. Stille Bäume an schlafender Straße, weit vor dem ersten Kaffee, und noch kein wirkliches Gefühl für sich und den Montag da draußen. Habt es mild heute!
#outerworld #home_office_hours #concrete_city #waking_to_the_day
Halbschlaf ist dort, wo die Geräusche erwachender Stadt in die Traumbilder fließen und beides fortwährend seine Stimmung verändert. Und plötzlich ist es spät, schreckt man auf und mustert die grauen Wolken, wo eben noch fremde Sterne fremde Konstellationen formten. Tauben im Schneefang, unten frühstücken die Eltern auf dem Balkon, während die Kinder mit klapperndem Spielzeug von Zimmer zu Zimmer rennen und dabei kreischen und quieken. Aber vielleicht war das auch nur noch ein Seitenarm merkwürdiger Träume. (Erste Schritte, Wasser ins Gesicht, Brot, Kaffee. Die richtigen Dinge zur richtigen Zeit. Habt es mild heute!)
Aufwachen. Der Versuch, schnell jenen Zustand zu überwinden, in dem Automatismen das Handeln tragen, während Körper und Geist durch das seelische Morgentief trotten. Sparsame Beleuchtung, noch etwas Mond über den Höfen am Osthimmel, noch immer die Hitze des Tages zwischen allen Wänden. Nachbars Xylophonwecker schreit heute fordernder als sonst, an der Haltestelle verliert sich ein Einwohner der späten Nacht in murmelnden Selbstgesprächen, die gelegentlich lauter, aber trotzdem nicht verständlicher werden. Stadt summt und vibriert durch alles, volle Kalender, noch leerer Kaffeebecher, versunken in die verschiedenen Schattierungen von Blau dieser Augenblicke. Geschichten über Licht und seine Farben. Habt es mild heute.
#outerworld #home_office_hours #concrete_city #waking_to_the_day
Die kleine Lichterkette auf dem Fensterbrett ruht den ganzen Tag über, damit sie leuchten kann während der Nacht. Manchmal geht ihr beizeiten die Kraft aus, manchmal halten sich die Augen am kleinen Schimmer fest, wenn Traumbilder brechen und plötzliches Erwachen durch die Zimmer treibt. Manchmal reicht das Licht bis in den frühen Morgen, wie eine verstohlene Erinnerung an ein nahes Gestern, sichtbarer, greifbarer als sonst. Auch: Offenes Klavier, aber keine nachhallenden Töne im Gemüt. Linienmuster am Rande beschriebener Seiten, ein Schaltkreis, oder ein Gewirr aus Pflanzen, organisch oder auch nicht. Schwer zu deuten, kaum zu entschlüsseln. (Bus in der Haltestelle, Glocke, schließende Türen. Rauschen des Wasserkessels. Kondensbäche rinnen über Fließen. Halb auf Empfang, noch unsortiert im Jetzt. Habt es mild heute!)
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Bürokaffee, kurz nach der Dämmerung. Kekse, Reste von Kuchen, Licht auf dem Flur, aber die Zimmer sind noch still, nur das Wasser im Hof rauscht mit der üblichen Gleichförmigkeit. Minuten zuvor: Fahrradkeller, unbequem langer Kontakt mit dem Spiegelselbst, und immer wieder: Aufzüge ziehen nicht auf, wenn man keine Etage wählt. Noch früher: Fahrt in Schlangenlinie um parkende Lieferwagen, Mülltonnen, Laternenmasten und einige verbliebene störrische Äste von Stadtgrün, die durch rostige Zäune greifen. Und irgendwann davor: Verschlafen Anlauf nehmen, im Hinterhof, unter den Bäumen, unter den letzten Sternen des Morgenhimmels, die sich langsam im bunter werdenden Licht versteckten. (Schatten aus dem Gesicht wischen. Stimmung und Plan zurechtrücken. Durchgang zur Terrasse öffnen. Und dem Läuten hinter den Bahngleisen lauschen. Habt es mild heute!)
Early morning. Spotting constellations, watching dawn slowly fade in. // 📷 366skies
#366skies #outerworld #dresden #waking_to_the_day #smartphonephotography
#waking to the day
Mond an blassblauem Himmel, geleitet von zwei kleinen Lichtpunkten in gemessenem Abstand, die mit zurückweichender Nacht langsam an Kraft verlieren. Über dem Horizont blieben Wolken zurück, halten die Dunkelheit noch für ein paar mehr Minuten in der Tiefe zwischen den alten Wänden. Erster Bus, summender Motor, kein Halt. Das Geräusch nebenan, das nach Windspiel klingt, scheint tatsächlich von einem Wecker zu stammen, zumindest steht die Luft reglos und still auf Terrassen und Balkonen, und nur vereinzelt begrüßen heute Vögel die frühe Dämmerung. (Küche. Unsicher, ob die Müdigkeit, die man zurückbehielt, alt oder neu ist, und ob es eine wirkliche Rolle spielt. Erster Kaffee. Fortgesetztes Gähnen. Orangenmarmelade. Knapp bevor den Stunden und ihrem strengen Korsett. Habt es mild heute!)
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Sonntag, als Zeit und als Stimmungsbild. Ablassen vom Schlaf auf halbem Wege in den Sonnenaufgang. Spiel des Lichts in der Magnolie beobachten, und sei es als Tanz von Schatten, die man gar nicht mehr bewusst sieht und um deren Nähe man trotzdem weiß. Jemand ist schon wach, hier und andernorts. Gegenüber öffnen sich Gardinen, unten klappert Geschirr. Ort und Stunde gehört nach innen gekehrtem Schweigen, und bis zum ersten Kaffee ist die Welt damit vielleicht auch vollständig genug. Habt es mild heute!
Immer wieder Dorfmorgen. Man kommt schnell an, wacht hier auf in merkwürdiger Selbstverständlichkeit, ertappt sich bei einem unbehaglichen Gefühl paralleler Wirklichkeiten, die sonst eigentlich keine Berührungspunkte haben. Kernbeißer, Spatz, Grünfink am Futterhäuschen, unten vor dem kleinen Fenster in der hintersten Ecke des Hauses. Die Glocken sind längst wieder verstummt, über den Wiesen liegt der Klang jener Zwischenstunden, während derer der Schlaf nicht mehr tief, aber der Morgen noch nicht so recht greifbar ist. Selbst im Sommer bleibt das Wasser eiskalt, prickelt auf der Haut, verschreckt letzte Reste von Müdigkeit. Danach ist die Seele für einen Moment still und leer, und Dinge finden langsam ihren Ort, bevor der Tag richtig beginnen mag. Habt es mild heute!
Das übliche Morgengefühl, Stunden weiter: Viel zu spät nochmals in den Schlaf rutschen, mit dem Wecker heftig aufschrecken und das gewohnte Programm sicher und absolut mechanisch abfahren, weil der Geist nervös und wenig orientiert um sich selbst kreist und für bewusstes, klares Handeln noch schwer zu gebrauchen ist. Augenscheinlich Freitag, ein Zeitungsausträger zerrt seinen Wagen durch das Viertel, fern dröhnt die Müllabfuhr, die Krähen sitzen auf Laternen und scheinen von der Dämmerung nicht sonderlich beeindruckt. (Heimbüro. Knapp vor dem ersten Kaffee. Gähnen, während die Maschinerie sich ordnet, und gerade dankbar, dass der Bildschirm die Funktion eines Spiegels verweigert. Vielleicht muss man verknittert sein, um sich einigermaßen entfalten zu können. Habt es mild heute!)
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Mehr als sonst zwischen Tages- und Jahreszeiten. Diffuses Licht, grauer Schotter und der Sommer scheint einiges seiner Kraft eingebüßt zu haben. Zeitmessung an Wegpunkten, erstaunt darüber, wie ein Morgen entspannt starten kann, dann fast zu spät ist und sich irgendwann trotzdem einigermaßen im erwarteten Rahmen bewegt. Wer die Kaffeemaschine bestückt, ist nicht der Letzte auf diesen Fluren. Ferner: Wind in die Zimmer und Gänge einladen. Kalender, Notizblock, Bleistift, Stein so ausrichten, dass man mental nicht beständig über Ecken und Kanten stolpert. Sinnieren über Playlisten, Zufallswiedergabe und Selbstprogrammierung durch Musik. Und dann die Stunden aus der Schublade angeln und ausbreiten. Vorsichtig. Habt es mild heute!
Und als die Dunkelheit fast wieder durchschritten ist, zieht Regen über das Land, ganz plötzlich, wird von einem Säuseln zu einem Rauschen zu einem nassen Sturm, der an Fenstern reißt und feine Tropfen ins Gesicht sprüht, heult und klappert - um nur Augenblicke später genau so unvermittelt wieder geflohen zu sein. Neuer Morgen blickt in einen grauen Himmel, sieht helle, dunkle Wolken eilig in unbekanntes Irgendwo ziehen, hört, wie vereinzelt Tische und Stühle auf Balkonen bewegt werden, Türen schließen, Küchenradios erwachen. (Gähnen. Dem Krähenfunk lauschen. Erste Gedanken zur Räson bringen wollen, mit gewohnt mäßigem Erfolg. Undurchdachte Pläne zeigen ihre Schwachstellen besonders gern kurz vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute!)
Wieder unterwegs, mit fliehender Dämmerung, Sonnenaufgang im Rücken, Muster und Farben der Fenster als unscharfen Vorhang am Rande des Blickfelds, halbwegs konzentriert auf Spuren und Bahnen. Suche nach leereren Abwegen, wieder, weil die Menge zorniger Worte unter ölig lächelnden Gesichtern schon vor Wochen unerträglich war und sich trotzdem immer noch steigert. Ferner gelernt: Stadtgärtner haben die Wildnis zwischen Häusern und Brache zurechtgestutzt, ein großer Hund trottet über den Fußweg dort, wo noch bis vor kurzem Wegwarte und Weizen kniehoch aus den Steinen wucherten. Jetzt liegen Kaugummipapier und zerbrochenes Glas in den Fugen und die Straße wirkt um einiges trister, kahler. (Bürogarage. Aufzug. Eine Aufa aus Parfum, Deo und Schweiß und wieder Ringen mit dem Vorsatz, auf das Treppenhaus auszuweichen. Manche Gewohnheiten sitzen tief, und vielleicht wären derlei Leistungen vor dem zweiten Kaffee ohnehin zu viel verlangt. Habt es mild heute!)
Schließlich Montagmorgen. Erste Handgriffe, ungelenk und mechanisch wie immer, um eine Art früher Normalität herzustellen. Kühl und klar die Luft zwischen den Häusern. Gelegentlich wehen Gardinen in das Dämmerungsgrau. Nachbars Wecker klingt wie eine Spieluhr und wirkt für die kurze Zeit, die er singen darf, gleichermaßen beruhigend und seltsam deplaziert in Ort und Zeit. Wasserkessel, Augenreiben, Filtern all dessen, was die Stunden angesammelt haben. Noch unklar, wie viel Herbst der Tag bringen wird, wie viel Herbst das Gefühl schon zulassen möchte. Habt es mild heute!
Sonntag über dem Viertel. Warme Nächte, tiefe Dunkelheit, viel zu leichter Schlaf. So mäandert das Bewusstsein immer wieder zwischen Träumen und dem halb klaren Jetzt, verliert sich dann und wann darin. Irgendwo tönen Kinderlieder aus einem Radio, der Gesang klingt weniger befremdlich als die Instrumente. Fenster quietschen, Wasser tropft. (Aufwachen. Das Wetter und den Morgen erfühlen. Brötchen, Melone, Kaffee. Und das Privileg eines Tages ohne Plan. Habt es mild heute.)
Leise Nacht, unvermitteltes Aufschrecken, Griff nach wahrnehmbaren Eckpunkten, um Ort und Zeit einzuordnen und zu verstehen, dass der Morgen aus gutem Grund ohne Wecker beginnen darf. Decken und Kissen bleiben zurück. Man hüllt sich provisorisch in Kleidung, dem alten Haus jenseits der Zimmertür zu begegnen. Dorfmorgen, versteckt hinter kleinen Fenstern hinter hohen Bäumen. Bestenfalls eine Ahnung früher Sonne, ansonsten noch kein Bild von der Gestalt des erwachenden Tages. Für den Moment funktioniert die Welt noch sehr konzentriert und im Kleinen. Merklich vor dem ersten Kaffee. Habt es mild heute!
#outerworld #the_village_and_the_hills #waking_to_the_day #the_early_hours
#the village and the hills #waking to the day #the early hours
Erste Handgriffe wieder in jener Stunde, in der sich die Schatten auflösen und die Welt weitestgehend ihre erwartete Struktur zurückgewinnt. Keller, Hof und zurück. Im dunklen Treppenhaus, wie um sicherzugehen, dass man von der Umgebung erst einmal noch übersehen wird. Gegenüber sitzt die Elster auf dem Dachfirst, reglos wie so oft, und kurz graben Gedanken in der Tiefe von Erlernten nach Wissen darüber, wo Vögel eigentlich schlafen. (Dann halbdunkles Heimbüro. An Dingen hängenbleiben, Dinge rutschen und fallen hören, sich auf die Lippen beißen und warten, bis der Hauch von Ärger verflogen ist. Kurz vor dem ersten Kaffee: Die perfekte Zeit, sich selbst noch nicht begegnen zu wollen. Habt es mild heute!)
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