03.07.2024 Un-Rechtsstaat Deutschland
Auslieferung auf die Schnelle
Im Zusammenhang mit unseren Artikeln, die sich für die Freiheit von Julian Assange einsetzen, ergab sich auf Diaspora eine Diskussion über Rechtsstaatlichkeit in den westlichen Ländern. Die einen meinten, dass "formal alles rechtsstaatlich abläuft", während andere meinten, dass sich die Staaten nur solange an ihre Gesetze halten, solange sie ausreichend durch eine freie Presse und Bürgerrechtsgruppen kontrolliert werden. Sobald diese "Vierte Gewalt" schläft oder korrumpiert wird, wie wir es in südlichen Ländern oft beobachten, sind Gesetze und Vorschriften für die Staatsgewalt nur noch hinderlicher Ballast.
Dann kommen nicht nur Journalisten, sondern auch mal Baum- oder andere Naturschützer einfach ums Leben, siehe z.B. hier
- Mord an einem Journalisten und Waldschützer in Honduras https://amerika21.de/2024/02/268071/mord-journalist-waldschuetzer-honduras
- Waldschützer aus Rumänien: “Ich wurde viele Male fast getötet” https://www.moment.at/story/waldschuetzer-gabriel-paun-wald-rumaenien/
- Mexiko: Waldschützer und "Hüter der Monarchfalter" in Michoacán ... https://amerika21.de/2020/02/237111/mexiko-monarchfalter-umweltschutz-mord
- Journalisten getötet - Barometer - Reporter ohne Grenzen https://www.reporter-ohne-grenzen.de/barometer/2022/journalisten-getoetet
Da sagen dann die "einen": da hat der Assange doch Glück gehabt, der ist nun frei. Warum aber ein doch angeblich von den USA unabhängiger Staat wie Großbritannien Millionen Pfund aufwendet, um ihm 10 Jahre den Weg aus der Londoner Botschaft zu versperren und ihn wegen eines Auslieferungsverfahren bei dem üblicherweise eine Fußfessel Verwendung findet, gleich 4 Jahre in einen Hochsicherheitsknast steckt, erscheint doch merkwürdig und hat mit Rechtsstaatlichkeit wenig zu tun.
Zurück nach Deutschland
Als Teil der oben genannten "Vierten Gewalt" möchten wir - genau um die Rechtsstaatlichkeit zu bewahren - auf einen unerhörten Fall aus der letzten Woche hinweisen. LTO beschreibt den Vorgang so:
Die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Berlin hat eine non-binäre Person mit deutscher Staatsangehörigkeit in der Nacht nach Ungarn überstellt. Noch in der selben Nacht hatte der Berliner Anwalt Sven Richwin die Staatsanwaltschaft informiert, dass er Rechtsschutz beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gegen die Auslieferung beantragt. Die Behörde hielt dies nicht von einem schnellen Vorgehen ab. Das BVerfG hat die Auslieferung am Freitagmorgen um 11 Uhr untersagt.
Am 27.6. um 17.26 Uhr hatte das Kammergericht Berlin der Auslieferung nach Ungarn zugestimmt. Noch in der Nacht zum 28. 6. um 6.50 Uhr wird die Person den österreichischen Behörden zur "Durchlieferung" nach Ungarn übergeben. Um 3 Uhr nachts wurde die Behörde über einen Eilantrag gegen die Auslieferung beim BVerfG informiert und schon um 10.50 Uhr untersagte die Erste Kammer des Zweiten Senats des BVerfG eine Überstellung nach Ungarn.
Die GStA verwies gegenüber dem BVerfG, dass die Person bereits um 10 Uhr an die ungarischen Behörden übergeben worden sei. Wie die vom BVerfG angeordnete "Rückführung in die Bundesrepublik Deutschland" zu bewerkstelligen sei, steht in den Sternen.
Die Eile bei der Überstellung innerhalb von Stunden nach einem halben Jahr Untersuchungshaft kann nur politische Hintergründe haben. Derzeit haben ihre deutschen Anwälte keinen Zugang zu der Gefangenen in Ungarn. LTO zitiert zu dem Vorgang Angela Furmaniak aus dem Vorstand des Republikanischen Anwälteverein (RAV):
"Wir sind schockiert, dass die Berliner Generalstaatsanwaltschaft den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nicht abgewartet und noch während des laufenden Verfahrens Maja T. nach Ungarn gebracht hat. Damit hat sie wahrgemacht, wovor es jedem rechtsstaatlich denkenden Menschen graut: eine queere Person in ein offen queerfeindliches System wie Ungarn zu schicken, verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention."
Mehr dazu bei https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/maja-t-auslieferung-ungarn-bverfg-eilantrag-zu-spaet/
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