#stahlhelm

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

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..., dass die Tiraden des UN-Beauftragten für Kerneuropa, Andrij Melnyk, dessen Geschichtsbild sich knapp überhalb der Grasnarbe von Alfred Rosenberg befindet und dessen Borniertheit jener von Lord Halifax ähnelt, hierzulande einfach so hingenommen wurden, ist als Symptom des Verfalls einer politischen Kultur, die die Bezeichnung Kultur aus dieser Gleichung schon lange gestrichen hat, überaus erhellend. Wenn danach (!) am 22. Juni 2022 (!) laut »Spiegel« Putin »wie eine Symbiose aus Hitler und Stalin« sein soll, dann ist das in etwa ebenso tragfähig, als würde man meinen, die Symbiose aus Franklin Delano Roosevelt und Idi Amin ergäbe Wolf Biermann. Dieser Schwachsinn ist übrigens weiträumig unwidersprochen geblieben – selbst nach der erzwungenen Abberufung von Melnyk wird nur fehlender »Takt«, nicht aber die historische Geisterfahrt moniert.

Wie sich doch manche Bilder gleichen: Unter normalen Umständen hätte so ein Melnyk maximal Marktredner in Lwiw werden können, der sich nach getaner Arbeit in sein Stammlokal zurückzieht und garstige Lieder singt. Kein Schaden – kein Problem. Im Zeitalter der spätimperialistischen Normalität allerdings, wo das unvermittelte Nebeneinander von Massenschlacht und Massentod mit dem Eventcharakter des Spektakulären sich offensichtlich nicht beißt, sondern ergänzt, wo sich die EU einen Gedenktag an die Opfer von Nazismus und Stalinismus leistet, ohne überhaupt zu ahnen, welche geschichtlichen Zusammenhänge sie aus dem Vorfeld des Zweiten Weltkrieges streicht, und wo Kriege in der Welt nur noch um ihrer selbst geführt werden, weil Kriegsziele, Friedensbemühungen und Friedensschluss gar nicht mehr erkennbar und gewollt sind – in diesem Zeitalter mit seinen Abenteurern, kriegerischen Gesamtjournalisten und einfach nur Verantwortungslosen ist die Suche nach Alternativen selbst zu einem Verbrechen geworden, das ausgelöscht gehört und also einem »Vernichtungskrieg« unterzogen werden muss.

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

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Die SPD zieht den Stahlhelm auf

80 Jahre Zurückhaltung: 2022 – 80 = 1942

Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil legte vor Genossinnen und Genossen auf die »Zeitenwende« von Genosse Scholz noch was drauf: Deutschland habe »nach knapp 80 Jahren der Zurückhaltung heute eine neue Rolle im internationalen Koordinatensystem«. Schon das Wort »Zurückhaltung« ist eine Zumutung. Aber was ist mit den 80 Jahren? (von Wolf Wetzel)

Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil hielt am 21. Juni 2022 auf der Tiergarten-Konferenz der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin eine Grundsatzrede vor Seinesgleichen, in der er die von seinem Kollegen Scholz ausgegebene »Zeitenwende« eine uralte Richtung gab:

Nach Herrn Klingbeil habe Deutschland »nach knapp 80 Jahren der Zurückhaltung heute eine neue Rolle im internationalen Koordinatensystem«. Man überliest das schnell, bis es einen frieren kann – wenn man bereit ist nach- bzw. zurückzurechnen: Knapp 80 Jahre habe sich Deutschland zurückgehalten, womit er nicht die sexuelle, sondern die militärische Zurückhaltung meinte. Wenn Herr Klingbeil im selben Jahr lebt wie wir alle, dann lag das letzte Jahr vor der »Zurückhaltung« so um das Jahr 1941/42.

1942 mordeten sich deutsche Soldaten bis nach Stalingrad durch. Dort begann dann der Anfang vom Ende des Dritten Reiches, das im Osten über Polen, Ukraine bis nach Russland reichen sollte. Dort kam die 6. Armee (plus Verbündete) mit etwa 300.000 Soldaten zum Stehen, wurde eingekesselt und musste schließlich aufgeben (1943). Der »Führer« verweigerte eine Kapitulation. Im Winter war es dort ziemlich kalt, so um die minus 30 bis 40 Grad. Meine Mutter, damals im »Bund deutscher Mädel« (BDM) aktiv und engagiert, strickte warme Socken und schickte Winterkleidung an die Front. Es nutzte alles nichts.

Seitdem gilt »Stalingrad« als die Schmach für deutsche soldatische Tugenden, die wohl Herr Klingbeil mitaufruft. Nach Stalingrad gab es eigentlich nur noch einen lang gezogenen Rückzug, der 1945 mit der umfassenden Kapitulation endete.

Wenn man sich diese Zeitspanne vor Augen hält, der dann fast 80 Jahre »Zurückhaltung« folgten, dann bekommt man eine gruselige Ahnung davon, wie der Zweite Weltkrieg, die Kapitulation und die eigentlich beabsichtige Demilitarisierung Deutschlands im Innersten verstanden wird. Nicht nur unter den »Ewiggestrigen«, den »Stahlhelmfraktionen« in den Parteien und auf der Straße, sondern gerade auch unter (führenden) Sozialdemokraten. Eine Zeit der erzwungenen »Zurückhaltung«, also eine maßlose Demütigung, die man den Siegern, vorne weg der Sowjetunion nie verzeihen wird.

Aber auch Klingbeils Blick auf die Zeit nach 1948, auf die Gründungsjahre der Bundesrepublik Deutschland ist an revanchistischem, reaktionären Gedankengut satt genährt. Was fällt nach Klingbeils Ansicht also alles unter diese »Zurückhaltung«?

Unter anderem die Proteste gegen den Aufbau der Bundeswehr, also ihre Wiederbewaffnung in den 1950er-Jahren, der Kampf gegen die »Notstandgesetze« in den 1960er Jahren, die es erlauben sollen, die Bundeswehr auch im Inneren einzusetzen, die Versöhnung mit Frankreich, der berühmte Kniefall von Willy Brandt, die Entspannungspolitik, die Friedensbewegung der 1980er-Jahre, als man eine »Raketenlücke« erfand, um die atomare Aufrüstung (Pershing I und II) auf die Spitze zu treiben, die »Gorbi, Gorbi-Rufe« bei der Wiedervereinigung, die zahlreichen Zusagen, dass man sich bei der NATO-Osterweiterung »zurückhalten« werde …

All das fällt in Klingbeils Weltbild letztlich unter eine »Zurückhaltung«, die man jetzt endlich abschütteln und aufgeben kann.
- https://overton-magazin.de/kolumnen/kohlhaas-unchained/80-jahre-zurueckhaltung/