#avantgarde

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#music #avantgarde #cairo #egypt #electronic #experimental #freeimprovisation #international #middleeast #psychedelicrock #synth #underground

Fuck Synchronization by Moon Juice

  • **"𝑹𝒆𝒄𝒐𝒓𝒅𝒆𝒅 𝒐𝒏 𝒂 𝒓𝒐𝒐𝒇𝒕𝒐𝒑 𝒊𝒏 𝒕𝒉𝒆 𝒏𝒆𝒊𝒈𝒉𝒃𝒐𝒓𝒉𝒐𝒐𝒅 𝙤𝙛 𝙖𝙡-𝑫𝒐𝒌𝒌𝒊 𝒊𝒏 𝒄𝒆𝒏𝒕𝒓𝒂𝒍 𝑪𝒂𝒊𝒓𝒐 𝒂𝒏𝒅 𝒑𝒐𝒔𝒕-𝒑𝒓𝒐𝒅𝒖𝒄𝒆𝒅 𝒃𝒚 𝒕𝒉𝒆 𝒔𝒂𝒍𝒕 𝒍𝒂𝒌𝒆𝒔 𝒐𝒇 𝑺𝒊𝒘𝒂 - 𝒕𝒉𝒆 𝒃𝒂𝒏𝒅 𝑴𝒐𝒐𝒏 𝑱𝒖𝒊𝒄𝒆 𝒕𝒓𝒂𝒗𝒆𝒍𝒔 𝒇𝒓𝒐𝒎 𝒌𝒓𝒂𝒖𝒕 𝒈𝒓𝒐𝒐𝒗𝒆𝒔 𝒕𝒉𝒓𝒐𝒖𝒈𝒉 𝒎𝒊𝒏𝒊𝒎𝒂𝒍𝒊𝒔𝒕𝒊𝒄 𝒕𝒆𝒙𝒕𝒖𝒓𝒆𝒔 𝒕𝒐 𝒇𝒓𝒆𝒆 𝒋𝒂𝒛𝒛 𝒉𝒂𝒓𝒑𝒔𝒊𝒄𝒉𝒐𝒓𝒅..." **

Moon Juice are:
- Cherif El Masri: guitar
Johan Graden: synthesizers
Konrad Agnas: drums

  • With guests: Nadah El Shazly: vocals on tracks 1-5, 9 Aya Hemeda and Omnia Hemeda: vocals on track 6 Alan Bishop: vocals and saxophone on track 8
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#music #alternative #arab #arabic #avantgarde #experimental #international #middleeast #palestinian #psychedelic #rock #underground

Where's My Eidi? by Dunums

  • ...traditional Arab oud meditations, iconoclastic poetry and spoken word incantations, and searing electric experiments drawing from an international history of underground music from Karkhana back to The Minutemen. Buried within all of these diverse morsels of past influences however, it is the unique diasporic identity of Dunums itself that shines brightest here - truly a case of "the sum being greater than the parts."
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#kunst #kultur #literatur #theater #politik #kommunismus #avantgarde #geschichte

„Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“

  • Bertolt Brecht, Me-Ti. Buch der Wendungen

Der Nicht-Tui: Bertolt Brecht zum 125. Geburtstag

Faschistische wie liberale Antikommunisten haben versucht sein Werk auszumerzen: Die Faschisten verbrannten seine Bücher im Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz. Sie hätten ihn auch umgebracht, wäre er nicht wenige Wochen zuvor, am Tag nach dem Reichstagsbrand, geflohen – zunächst für einige Jahre ins Exil nach Dänemark und dann über Schweden, Finnland und die Sowjetunion schließlich nach Santa Monica an der US-amerikanischen Pazifikküste. In den USA zerrte man ihn wenige Jahre später, zu Beginn des „Second Red Scare“, also der zweiten Welle der Kommunistenverfolgungen in den USA (1947-1957), mit Hunderten anderen Intellektuellen vor das „House Committee of Un-American Activities“. Und nach seiner Rückkehr nach Europa belegte ihn das Bürgertum in der postfaschistischen Bundesrepublik und in Österreich zunächst mit Aufführungsboykotten oder versuchte sein durch und durch politisches Werk zu entpolitisieren.

Totzukriegen war der vor 125 Jahren, am 10. Februar 1898, im bayrischen Augsburg geborene Schriftsteller Bertolt Brecht jedoch nicht: Schon in den frühen 1920er Jahren war der Dramatiker, Lyriker und Belletrist eine lebende Legende. Und bis heute kann man ihn mit Fug und Recht als den bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker der Welt bezeichnen.

In den westlichen Besatzungszonen hatte man Brecht die Einreise verwehrt. Auch auf die Bemühungen seiner Berliner Freunde, nicht zuletzt Wolfgang Langhoff vom Deutschen Theater, zog er 1948 nach Berlin in die Sowjetische Besatzungszone und spätere DDR. Das „Theater am Schiffbauerdamm“, das bis heute das Brecht-Theater „Berliner Ensemble“ beherbergt, wurde zu seiner neuen Heimat. Von hier ging sein globaler Einfluss aus. Sein „episches Theater“, seine theoretisch unterfütterten Überlegungen zum „Verfremdungseffekt“ und die Überwindung der „Guckkastenbühne“, der spezifische Einsatz von nichtaristotelischen Lied-Chorälen revolutionierten das moderne Theater weltweit. Es gibt ein internationales Theater vor und ein internationales Theater nach Brecht. „It’s very Brechtian“ gehört zum Arsenal heutiger Theaterkritiken ganz selbstverständlich dazu, denn Brechts Handschrift und die Übernahme seiner Techniken durch nachgeborene Stückeschreiber*innen sind unverkennbar. Ohne ihn gäbe es heute weder Tony Kushner noch Osvaldo Dragún.

Als Marxist liebte Brecht das Historische, das materialistische Denken und die Dialektik. Sein philosophisch-aphoristisches Hauptwerk „Me-ti: Buch der Wendungen“ war in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren neben den Marx’schen „Grundrissen der politischen Ökonomie“ und den Schriften des italienischen Marxisten Antonio Gramsci eine wesentliche Lektüre für die Wiederentdeckung eines unverknöcherten, lebendigen Marxismus. Der Philosoph Wolfgang Fritz Haug erhob Brecht später zusammen mit Gramsci zurecht in den Stand eines marxistischen Philosophen erster Güte. Für Brecht, der seinen Marxismus in der Mitte der 1920er Jahre im Umfeld der KPD – Mitglied wurde er indes nie – und von Intellektuellen wie Karl Korsch, Ernst Bloch, Fritz Sternberg und seinem engen Freund Walter Benjamin lernte, waren alle scheinbaren Dinge in Wirklichkeit Verhältnisse und (Entwicklungs-)Prozesse. Und so sah er auch sich selbst, als Intellektueller in einem Netz von Beziehungen, im Kollektiv, im Bund mit den revolutionären Teilen der organisierten Arbeiter*innenbewegung. Für die ich-fixierten Intellektuellen hatte er nur Spott übrig.

Mithilfe der Dialektik lässt sich auch der Schriftsteller selbst entschlüsseln: Brecht war Sohn eines Prokuristen und späteren Direktors einer Papierfabrik, also Sohn bürgerlicher Funktionseliten. Aber er liebte Arbeiter*innen, Gosse, Kleinkriminelle und den Boxkampf. Und er beging konsequenten Verrat an seiner Herkunftsklasse, indem er sein Denken und Schreiben in den Dienst der sozialistischen, revolutionären Arbeiter:innenbewegung stellte.

Brecht kritisierte nun nicht die Gier einzelner kapitalistischer Gauner, sondern wollte den Kapitalismus als System abschaffen und durch die klassenlose Gesellschaft, durch den Kommunismus ersetzen. Aber er beharrte darauf, dass die „Kapital-Verbrecher“, die „Charaktermasken“ des Kapitals auch „Name und Anschrift“ haben. Gegen sie schrieb er Texte wie „Das Lied vom Klassenfeind“.

Brecht war ein weitläufig gebildeter, sich ständig weiterbildender Großintellektueller. Aber er misstraute seiner Zunft grundsätzlich, nannte sie ziel- und erkenntnislose „Tuis“ (Tellekt-Uell-Ins“), die ihren Intellekt vermieten, „Bemäntler“, „Weißwäscher“, „Kopflanger“ der Bourgeoisie. Sei es, weil sie sich unmittelbar und bewusst in den Dienst der Verteidigung der bestehenden Eigentumsordnung und Machtverhältnisse stellten oder durch apolitische Haltungen und Eskapismus aus dem Streit der Welt herauszuhalten trachteten. Hiergegen forderte Brecht ein „simples Denken“, das gesellschaftliche Zusammenhänge erhelle statt sie zu verrätseln, das in Zustände des Unrechts eingreife und sich ins Handgemenge mische statt schöngeistig nur sich selbst zu gehören.

Brecht war mithin ein großer Kritiker des Formalismus, spottete über die Formalisten, die aus einem Lorbeer eine Kugel zu formen trachten, bis vom Lorbeer, also dem Inhalt, nichts mehr übrig ist. Dennoch verteidigte er im „Expressionismusstreit“ mit Georg Lukacs auch die modernen Literaturtechniken: den Gedankenassoziationen im Kopf wiedergebenden „Bewusstseinsstrom“, den inneren Monolog, die Montage, also das Zusammenfügen verschiedener Textgattungen, oder das filmisch beschreibende „camera eye“, so wie sich diese Erzählformen in der Literatur der Zeit finden ließen, bei John Dos Passos, James Joyce, Virginia Woolf, William Faulkner oder Franz Kafka. Die Vorstellung, dass sozialistische Literatur sich ausschließlich am bürgerlichen Realismus des 19. Jahrhunderts zu orientieren und, darauf aufbauend, einen „sozialistischen Realismus“ zu entwickeln habe, lehnte Brecht ab.

Brecht kritisierte aufs Schärfste und verspottete mit beißender Ironie die bürgerliche Moral, rechts- wie linksliberal. Sicherlich wäre er, um die jüngste Frage der FAZ zu beantworten, heute nicht im wohlfeil-moralinsauren Sinne des Wortes „woke“. Aber er fühlte zutiefst egalitär, solidarisch, sozialistisch, internationalistisch und lebte seine Ideale, pflegte tiefe Freundschaften.

Brecht war ein „zoon politikon“, ein durch und durch politischer Mensch und Kämpfer. Aber er mahnte, dass der Kampf auch die Züge verzerre und betonte nicht zuletzt in seinen Gedichten, in der „Hauspostille“ und andernorts, das Sinnliche, nah am Herzen Stehende, Achtsame so sehr wie er es auch selbst lebte.

Er scharte eine Reihe der avantgardistischsten Komponisten seiner Zeit um sich, vor allem den Arnold Schönberg-Schüler Hanns Eisler, aber auch Paul Dessau und Kurt Weill. Letzterer wiederum machte ihn in den USA und der Welt berühmt. Zugleich pflegte er die Nähe zu Arbeiterschriftstellern wie Willi Bredel aus dem kommunistischen „Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“ und Arbeiterschauspielern wie Ernst Busch oder Erwin Geschonneck, die die von Eisler, Dessau und Weill vertonten Brecht-Stücke und Lieder zur Aufführung brachten und als Massengesang in der Arbeiter*innenklasse verankerten, nicht zuletzt durch Brechts Arbeit am Film „Kuhle Wampe“.

Brecht war klug und gebildet und als „Enfant terrible“ des jungen Weimarer Theaters erfolgreich. Schon mit Anfang 20 sagte er über sich, er sei auf dem Weg zum „Weltstar“. Aber er war bescheiden genug, seine Grenzen anzuerkennen, und begab sich wieder in die Rolle des Schülers, des Lernenden, des Lesenden und studierte zum Verständnis der Funktionsweise der Weizenbörsen „Das Kapital“, wurde Marxist.

Brecht lehrte Generationen von Schüler*innen, von Manfred Wekwerth bis zu Carl „Charly“ Weber. Aber er lernte auch ständig selbst und war in diesem Sinne unserem heutigen Verständnis der dialogischen Pädagogik von Antonio Gramsci weit voraus, ein lebendes Beispiel. „Alle Menschen sind Intellektuelle, aber nicht jeder Mensch erfüllt die Funktion eines Intellektuellen“ – Brecht lebte diesen Gramscianischen Satz.

Später wurde ihm unter anderem von Johen Fuegi der Vorwurf gemacht, dass er in seinen vielen Liebschaften auch intellektuelle Vorteilsnahme betrieben habe. Der Vorwurf: Seine Stücke wären nicht ohne die Frauen in seinem Umfeld – Elisabeth Hauptmann, Ruth Berlau, Margarete Steffin – möglich gewesen. Die Brechtforscherin Sabine Kebir hat hiergegen eingewandt, dass Brecht durch und durch Feminist war. Er habe nicht nur die emotionale und finanzielle Unabhängigkeit der Liebenden als Voraussetzung für Liebesfähigkeit gesehen, sondern auch als Ghostwriter unentgeltlich für die Frauen in seinem Umfeld gewirkt, als ihre Karrieren nicht vom Fleck kamen. Auch hätten Helene Weigel und er die Frauen – für Weigel ja eigentlich Nebenbuhlerinnen – immer uneigennützig unterstützt, wo dies nötig war. So oder so: In jedem Fall entsprach dies Brechts Vorstellung von kollektivem, kooperativem Arbeiten und Verantwortungsübernahme über die Kleinfamilie hinaus. Für Brecht war dabei Liebe ganz allgemein eine „Produktion“, die „Freundschaft“ voraussetze, weil nur durch sie sich Liebe immer wieder neu herstellen könne.

Und schließlich: Der 16jährige Gymnasiast Brecht war auch einmal kriegsbegeistert und sah im Ersten Weltkrieg die Pflicht zur Verteidigung des Vaterlands, als die russische Armee in Ostpreußen einmarschierte und man im Westen gegen den französischen Erzfeind kämpfte. Aber er erkannte, wie so viele Schriftsteller seiner Zeit, bald seinen fürchterlichen Irrtum und schrieb alsbald Antikriegsgedichte wie „Die Legende vom toten Soldaten“. Und später sein berühmtes Drama „Mutter Courage und ihre Kinder“, „Schwejk im Zweiten Weltkrieg“ und die „Kriegsfibel“.

Begraben liegt Bertolt Brecht heute auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte, wo sie – fast – alle liegen, die ihn inspirierten, die mit ihm lebten, liebten und kämpften: Der große Dialektiker Hegel, Helene Weigel, Ruth Berlau und Elisabeth Hauptmann, die Brecht-Komponisten Hanns Eisler und Paul Dessau, die Zeitgenossinnen aus dem Umfeld des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller Anna Seghers, Elfriede Brüning und Wieland Herzfelde, die Regisseure Wolfgang Langhoff, Slatan Dudow und Peter Palitzsch, die Brecht-Schauspieler Erwin Geschonneck, Ekkehard Schall und Gisela May, Peter Palitzsch, seine Tochter Barbara Brecht-Schall, der Brecht-Herausgeber Werner Hecht und der ohne Brecht undenkbare Heiner Müller.

Brecht ruht so direkt neben dem Haus, in dem er in Ostberlin zusammen mit Helene Weigel lebte, und in dem heute das Literaturforum im Brecht-Haus sein Zuhause hat. Der Mensch, dessen grundsätzlicher Antikapitalismus für das Bürgertum so unbequem war, dass man ihn und sein Werk auszulöschen versuchte, bleibt lebendig und aktuell. Denn die Aufgabe, das Privateigentum an den Produktionsmitteln abzuschaffen, die Klassengesellschaft zu überwinden und eine neue Welt, in der der Mensch dem Menschen kein Wolf mehr, sondern ein Helfer ist, ist nach wie vor unverwirklicht.
- von Ingar Solty (Referent für Friedens- und Sicherheitspolitik am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Redakteur der Zeitschrift LUXEMBURG.)

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#kultur #kunst #theater #nationalismus #avantgarde #ukraine #schändung #vermächtnis #brecht

»Unser Gesangsstil wird ›weißer Klang‹ genannt. [...] Wir wollen nicht gegen die Traditionen unserer Eltern kämpfen, sondern gegen ihren ›Sowjetismus‹. Wir sind die Krieger der Gegenkultur, die das, was wichtig ist, hochhalten und den Leuten den Sowok (Schimpfwort für den Sowjetmenschen) aus der Seele fegen müssen.« (Dakh Daughter Solomia Melnyk)

»Wir sind Banderistinnen« (Dakh Dauters, 2017)

Bizarre Bandera-Bräute

Faschistische Retroavantgarde mit den Dakh Daughters auf dem Augsburger Brecht-Festival (Von Susann Witt-Stahl)

Die schillernden Auftritte des ukrainischen Musiktheaterseptetts werden seit Jahren auf den großen Bühnen der westlichen Welt als intellektuelle Offenbarung gefeiert. Das deutsche Feuilleton überschlägt sich vor Begeisterung für die »Gothic Girls«, wie die Taz die bei ihren Auftritten stets weiß geschminkten Dakh Daughters nennt. Kommenden Sonntag werden sie beim Brecht-Festival in Augsburg ihr szenisches Konzertprogramm »Ukraine Fire« gegen »den imperialistischen Feldzug Putins« präsentieren.

Mit ihren schrillen Kostümierungen, Debütantinnenballkleidern, Ballettröckchen und Netzstrümpfen oder huzulischen Schafwollmänteln bieten die Dakh Daughters jungen Frauen allerlei Identifikationsmodelle an – von der hellenischen Göttin bis zum Riot Grrrl. Theaterregisseur Wlad Troizkij, der sie 2012 in Kiew als »Freak Cabaret« ins Leben gerufen hat, wollte eine ukrainische Antwort auf »Pussy Riot mit guter Musik« – einer Mixtur aus Ethnofolk, Punk, Chamber Pop und Martial Industrial – schaffen. Vor allem geht es aber offenbar darum, die rund 30 Jahre nach Ende des Real­sozialismus verbliebenen Restbestände von Klassen- durch Rassenbewusstsein zu ersetzen: »Unser Gesangsstil wird ›weißer Klang‹ genannt«, sagte Dakh Daughter Solomia Melnyk in einem Interview. »Wir wollen nicht gegen die Traditionen unserer Eltern kämpfen, sondern gegen ihren ›Sowjetismus‹. Wir sind die Krieger der Gegenkultur, die das, was wichtig ist, hochhalten und den Leuten den Sowok (Schimpfwort für den Sowjetmenschen) aus der Seele fegen müssen.«

Und so dienen die Performances, in denen die Dakh Daughters grell überzeichnete, mal archaisch, mal mondän anmutende Frauenfiguren verkörpern, die stets soviel menschliche Wärme ausstrahlen wie Magda Goebbels, besonders einem Ziel: der Verwirklichung eines Retroavantgardekonzepts, mit dem das durch die Oktoberrevolution und die Sowjetherrschaft gezeitigte »Trauma« der lange verhinderten Nationenbildung überwunden werden soll. Den Fluchtpunkt suchen und finden die Dakh Daughters in der dunkelsten Vergangenheit des ukrainischen Nationalismus: »Wir sind Banderistinnen«, bekannten sie sich 2017 zur ukrainischen Version des Nazismus, benannt nach dem Volkshelden der extremen Rechten in ihrem Land, Stepan Bandera. Seine Horden hatten in den 1940er-Jahren unter der Losung »Tod der moskowitisch-jüdischen Kommune!« als Ukrainische Aufständische Armee (UPA) und Hilfstruppe Hitlerdeutschlands Hunderttausende Menschen ermordet.

2013 inszenierten sich die Dakh Daughters als Megären der Maidan-Revolte gegen »das absolut Böse«. Auf der großen Bühne füllten sie die Pausen zwischen den Hasstiraden von Rednern des Rechten Sektors und der nazistischen Swoboda-Partei mit künstlerischen Darbietungen für den von ihnen erklärten Krieg »um den Frieden und die richtige Mythenbildung«.

»Frieden« heißt für die Dakh Daughters natürlich Sieg über den Todfeind. Folglich tingeln sie seit der Eskalation des Stellvertreterkonflikts zwischen Russland und der NATO nicht nur durch den Westen, um »das Schlechte kulturell wegzukodieren«. Völlig »unverschlüsselt« fordern sie auch mehr Waffen für die Ukraine und die Durchsetzung einer Flugverbotszone – den totalen Krieg. Schließlich sei heute durch den »Terrorismus« Russlands wie damals, »vom sowjetischen Imperium speziell gegen die Ukraine organisiert«, ein »schrecklicher Völkermord« in Gange, verlautbarten sie anlässlich des »Holodomor«-Gedenktags zur Hungerkatastrophe von 1932. »Die Ukraine verteidigt die Welt!« meinen sie und huldigen dem Militär, den »mächtigsten, stärksten und klügsten Menschen unseres Landes – unseren Kriegern des Lichts«. Und so begrüßte die Gruppe die Freilassung einiger Kommandeure des Naziregiments Asow im Zuge eines Gefangenenaustauschs mit überbordender Freude: »Möge Gott ihnen Kraft geben!«

Dakh Daughters begnügten sich schon früh nicht mit der Rolle der Femme Fatales des ukrainischen Faschismus. Als sie bei ihrem ersten eigenen Konzert im April 2013 im Michailowski-Operntheater in St. Petersburg ihren »prophetischen« und mit allerlei Herrenmenschengesten aufgeladenen Hit »Rosen/Donbass« vortrugen, hob die Keyboarderin dramaturgisch unvermittelt und ohne erkennbare Ironie den rechten Arm zum Hitlergruß.

Was das Publikum in New York, London, Paris und im März auch im Deutschen Theater in Berlin noch schweigend genießt – der Führer der Asow-Bewegung, zu der auch SA-ähnliche Schlägertrupps, die Partei Nationales Korps sowie ein Kulturindustrie- und Propagandaapparat gehören, weiß es längst öffentlich zu würdigen: 2016 verlieh Andrej Biletski den Dakh Daughters für ihren »hervorragenden Beitrag« zum Aufbau einer vereinten Ukraine eine Urkunde, natürlich mit dem von ehemaligen SS-Insignien entlehnten Asow-Wolfsangel-Emblem.

Die Schändung des Vermächtnisses von Bertolt Brecht – ausgerechnet zu seinem 125. Geburtstag –, zu der die bizarren Bandera-Bräute nun nach Augsburg eingeladen sind, ist »von der Kunstfreiheit gedeckt«. Noch mehr aber vom kulturbeflissenen Bürger, der selbst dann noch Brechts in den 1930er-Jahren ausgesprochene Warnungen vor dem Kapitalismus verhöhnt, wenn dieser wieder in »brutalster Feigheit, eben in faschistischer Form«, auftritt. Denn er wird dessen »Kampfplatz« auch im finstersten Moment der Zeitenwende nicht verlassen, »bevor er seine allerdreckigste Erscheinungsform angenommen hat« (»Kapitalismus und Faschismus«).
- https://www.jungewelt.de/artikel/444624.theater-bizarre-bandera-br%C3%A4ute.html

olladij@diaspora.permutationsofchaos.com

Was hat die# Documenta 2022 mit der #Finanzkrise von 2008 zu tun? „Nichts“, würden die meisten Menschen sagen. Weil mir seit Eröffnung der Kunstschau in Kassel ständig Déjà-vu-Erinnerungen an die Weltfinanzkrise durch den Kopf gehen, mache ich heute den Versuch, eine Gemeinsamkeit zwischen beiden Ereignissen zu behaupten: Denn Finanzkrise und Documenta sind zwei Anschauungsbeispiele für das „Prinzip Verantwortungslosigkeit“.
Die Documenta gilt als Schau der künstlerischen #Avantgarde. In diesem Jahr versteht sie sich aber als Zurschaustellung einer alternativen #Ökonomie, sodass selbst die Kunstkritiker fragen, ob es noch um #Kunst gehe oder nicht vielmehr um eine „polit-ökonomische Kundgebung“.
Den polit-ökonomischen Anspruch leugnen die Akteure in #Kassel keineswegs. Ich fasse die Ideen zusammen: Statt einzelner Künstler gibt es auf der aktuellen Documenta ausschließlich Kollektive. Diese propagieren eine ökonomische Alternative des „globalen Südens“ gegen den Individualismus, Elitismus und entfesselten #Kapitalismus des „globalen Nordens“. Individualismus und Kapitalismus gelten ihnen als die Ursachen für alles Böse in der Welt: Geldgier, #Patriarchat, #Kolonialismus. Die Opfer dieser Unterdrückung begehren nicht nur auf, sie bringen auch ein alternatives Konzept zur Darstellung, wie wir künftig besser leben und wirtschaften können.

https://zeitung.faz.net/fas/wirtschaft/2022-07-03/24ead4074cdfffc9bb82e13498e21aea/ #ruangrupa #indonesien #antisemitismus #sharing #wirtschaft #finanzen #krise #aufklärung

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#music #punk #avantgarde #folk #post-punk #Totnes

Strike by Lining Time

  • Strike is the album Lining Time made. It plays out like a freedom spell, like liberatory healing magic. Reveling in the power of the voice, Lining Time sing. Not at us, but for us. As if by putting voice to the traumas inflicted by the patriarchy and capital, they could be made right. As if the whole world might join in and sing along, might join in and take action - might join in and strike....