25.10.2021 Zerstörerisches Potential (a)sozialer Netzwerke
Kipppunkte auch bei sozialen Netzen zu erwarten
Nicht nur beim Klimawandel gibt es Kipppunkte, bei deren Erreichen oder Überschreiten sich die Entwicklung in unerwünschte Richtungen bewegen kann. Mit einem Multi-Agenten-Modell hat ein interdisziplinäres Team aus Soziologen und Physikern ein Computermodell entwickelt, um den Anstieg der politischen Polarisierung zu analysieren und möglichst vorherzusagen.
Nach dem in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlichten Bericht über ihre Berechnungen, zeigt ihr Modell Kipppunkte, bei deren Erreichen die gesellschaftliche Polarisierung irreversibel wird.
Zunächst gab es zwei Beobachtungen beim Aufbau des Modells, die gängigen Meinungen widersprechen.
- Der Einfluss (a)sozialer Netzwerke ist geringer als gemeinhin angenommen, da auch Menschen, die sich hauptsächlich dort aufhalten noch vielen anderen Einflüssen ausgesetz sind und von diesen geformt werden.
- Verschiedenen Meinungen ausgesetzt zu sein, ist sicher gut, doch Untersuchungen zeigten: setzt man Menschen fremden, konträren Meinungen aus, werden ihre politischen Positionen nicht offener und flexibler, sondern sie verhärten sich noch. Was bedeutet diese Erkenntnis für den in den Schulen geförderten Besinnungsaufsatz? Oder ist gerade der ein Mittel solche Verhärtungen durch sein "einerseits und andererseits" zu vermeiden?
Insbesondere der 2. Punkt führt dazu, dass verschiedene Meinungen nicht für Ausgleich und zu Nachdenken führen, sondern dass sich schließlich verfeindete Gruppen gegenüber stehen. Nach diesen Erkenntnissen wurden KI-gestützte Software-Agenten programmiert, die anfangs zufällig miteinander agieren konnten. In dem Modell bildeten sich Gruppen heraus, deren innerer Zusammenhalt wuchs und deren Abschottung zu den "Anderen" wuchs.
Ab bestimmten Punkten waren diese Gruppen nicht mehr in der Lage, über Gruppengrenzen hinweg zu interagieren. Ebenso zeigte es sich, dass selbst bei noch möglichen Rückentwicklungen, diese einem Hystereseeffekt unterlagen, also die Aufläung viel langsamer ablief als die Bildung der Gruppe. Auf gesellschaftliche Verhältnisse übertragen würde das heißen, dass erhebliche Anstrengungen unternommen werden müssen, um eine erreichte Polarisierung wieder unter einen bestimmten Wert zu drücken.
Mehr dazu bei https://www.heise.de/news/Computermodell-zeigt-zerstoererisches-Potenzial-von-sozialen-Netzen-6222858.html
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