#schwedendemokraten

benedict16b@despora.de

Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):

Katja Salomo, Marcel Helbig & Susanne Marquardt (28 Jul 2023): Radical right-wing support among urban voters in Germany: Disentangling the roles of immigration, immigration history, segregation, and poverty in the neighborhood, Journal of Urban Affairs.

[Im Folgenden wird für die Bezeichung 'Migrantenanteil in der Bevölkerung' aus Gründen der Platzersparnis 'Migrantenanteil verwendet.]

Die Autoren machen die Feststellung, daß AfD-Unterstützer typisch von der Gesellschaft enttäuscht sind, um ihren Status fürchten und skeptisch gegenüber der Demokratie eingestellt sind. Vor allem aber haben sie einen Groll gegenüber der Migration.

Auffällig auch die ausgeprägte Zustimmung zur AfD in Ostdeutschland. Die Autoren weisen auf Mängel in der Infrastuktur, öffentlichen Dienstleistungen und der Institutionen hin.

Die Parlamentswahl in Deutschland von 2017 zeigte, daß die AfD besonders erfolgreich war in Wahlkreisen mit hoher Arbeitslosigkeit, einem großen Migrantenanteil an der Bevölkerung, sowie in Gegenden mit viel Abwanderung und einer alternden Bevölkerung, wie es für Ostdeutschland typisch ist.

Allerdings zeigen einige Studien aus anderen europäischen Ländern die Bedeutung von lokalen Merkmalen wie Migrantenanteil oder Segregation Einheimische - Migranten auf. Positive soziale Kontakte und die Nähe zwischen Einheimischen und Migranten führen zu einem entspannten Verhältnis, was sich in einer negativen Korrelation Migrantenanteil - AfD-Zustimmung ausdrückt (Kontaktthese).

Dagegen wird von Einheimischen Migration auf der Ebene einer ganzen Stadt, Region oder auf Landesebene anders wahrgenommen. Durch Medien und die Politik wird ein Bild von der Migration vermittelt, das nicht immer konsistent mit den Erfahrungen in der eigenen Nachbarschaft ist.

In der Studie werden also Arbeitslosigkeit, Migrantenanteil, Armut, Segregation in Relation zu den Wahlergebnissen der AfD gesetzt; jeweils auf der Ebene von Wahlkreisen und Nachbarschaften. Mit der wahrgenommenen Migration sind oft auch Ängste verbunden, besonders bei steigenden Migrationszahlen.

Aus Literaturstudien ist bekannt, daß in nordeuropäischen Ländern mit einem ausgebauten Sozialstaat die Effekte von Arbeitslosigkeit auf die Zustimmung zu rechtsextemen Parteien nur minimal sind. Größeren Einfluß haben Armut - von Geringverdienern und Langzeitarbeitslosen - und die Angst vor Statusverlust.

Die Datenauswertung im Rahmen der Studie behandelt die folgenden Fragestellungen: unter welchen Bedingungen stellen lokale Armut, Segregation im Wohnumfeld und ein Mangel früherer Erfahrungen im Umgang mit Migranten die Kontaktthese in Frage?

Die Auswertung von 33 größeren Städten, von denen sowohl die Wahlergebnisse, also auch Daten über Armut, Arbeitlosigkeit zwischen 2013 und 2017 vorliegen, wird auf drei Hypothesen getestet:

H1: Führt ein Anstieg des Migrantenanteils in der lokalen Nachbarschft zu besseren Wahlergebnissen der AfD?

H2: Gibt es einen kritischen Werte für den Migrantenanteil in der Vergangenheit, bei dessen Unterschreitung der Zustrom von Migranten zu kulturellen Schocks bei der einheimischen Bevölkerung führt? Solche Effekte sind aus der internationalen Literatur bekannt.

H3: Beeinflußt die zunehmende Segregation in deutschen Städten, auch vor dem Hintergrung des verstärkten Zustroms von Migranten nach 2015, die Wahlergebnisse der AfD?

Segregation wird in der Literatur in verschiedenen Aspekten betrachtet:
framing: Bewohner wohlhabender Gegenden assozieren die häufig in ärmeren Gegenden lebenden Migranten negativ, mit Stereotypen, besonders bei Minoritäten,

Halo-Effekt: Bewohner wohlhabender Gegenden mit kleinen Migrantenanteilen in der Nähe ärmerer Nachbarschaften mit hohen Migrantenanteilen fürchten u.a. um die Qualität der Schulen und die Auswirkungen auf die Immobilienpreise,

Segregation erschwert die Kontakte zwischen nahegelegenen Nachbarschaften, wodurch bei unterschiedlichen Migrantenanteilen der soziale Austausch zwischen Einheimischen und Migranten erschwert wird. Diese Form des Halo-Effektes wird durch Diskriminierung und Mangelversorgung auf dem Wohnungsmarkt verstärkt.

Die genannten Hypothesen werden mit einem statistischen Modell geprüft, das auf Seite 6 der Veröffentlichung kurz beschrieben ist.

Als Ergebnis notieren die Autoren, daß mit steigendem Migrantenanteil auf der Ebene der Nachbarschaft die Zustimmung zur extremen Rechten abnimmt, entsprechend der Kontaktthese aufgrund vielfacher sozialer Kontakte.

Weiterhin bekräftigen die Ergebnisse, daß mit einem großen Migrantenanteil auf der Ebene der Gesamtstadt und gleichzeitig einem großen Zustrom von Migranten die Zustimmung zur AfD wächst. [Also im Widerspruch zur Kontakttghese.]

Den größten Einfluß auf die Zustimmung zu rechtsextremen Parteien hat jedoch die Armutsquote. Die Autoren können keinen kritischen Schwellenwert der Armutsquote finden, ab dem der beschriebene Effekt sichtbar wird. Die Auswirkungen von ökonomischer Deprivation und der Migration sind damit unabhängig.

Das ist umso bedeutender, als in armen Nachbarschaften der Migrantenanteil nicht nur viel höher ist als in wohlhabenden Nachbarschaften, sondern überdies viel schneller wächst.

Die Daten zeigen jedoch, daß in Nachbarschaften mit einem Migrantenanteil <5% bis 2017 das Anwachsen des Migrantenateils zu einer steigenden Zustimmung zu rechtsextremen Parteien führt. Erklärt wird das von den Autoren mit dem Akkulturierungs-Stress. Solche Nachbarschaften sind im Übrigen meistens wohlhabender.

Überdies ist in Städten mit einem geringen Migrantenanteil die Verteilung stärker segregiert, die Migranten leben häufiger in Nachbarschaften mit einem großen Migrantenanteil. Wohlhabende Nachbarschaften mit einem kleinen Ausgangsmigrantenanteil in segregierten Städten neigen also zu AfD-Zustimmung.

Generell fördert Segregation Einheimische - Migranten die Zustimmung zu rechtsextremen Parteien.

Die Autoren fassen zusammen, daß in ärmeren Nachbarschaften der Grad der Armut die hauptsächliche Erklärung für die Zustimmung zu rechtsextremen Parteien ist, in wohlhabenden Gegenden ist es dagegen typsch der geringe Ausgangs-Migrantenanteil, der für die dortigen Bewohner das Risiko von einem Akkulturierung-Stress mit sich bringt.

Damit folgern sie, daß es nachteilig ist, die Last der Integration von Migranten ärmeren Nachbarschaften aufzubürden.

#sverige #schweden #deutschland #tyskland #afd #sverigedemokraterna #schwedendemokraten #kontaktthese

benedict16b@despora.de

Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):
Almahfali, M.; El-Husseini, R.:"Exploiting Sociocultural Issues in Election Campaign Discourse: The Case of Nyans in Sweden",(Societies, 2023, 13, 257)

Das Hauptthema der Studie ist die Partei NYANS, die sich als Migrantenpartei versteht. Gegründet wurde diese Partei 2019 von dem türkischstämmigen Politiker Mikail Yüksel, mit dem Fokus auf die muslimische Wählerschaft.

In Wahlbezirken mit einem hohen Migrantenanteil kam 2022 NYANS auf bis zu 30% der Wählerstimmen, besonders in segregierten, low-income Gebieten. Allerdings nur in sozialen Brennpunktgebieten, was darauf hindeutet, daß NYANS nicht dem mainstream in der migrantischen Gemeinschaft entspricht.

NYANS stellt sich als Interessenvertretung von Minoritäten hin, als Kämpfer gegen Afrophobie, Islamophobie, gegen Diskriminierung... Jedoch wird diese Partei von Journalisten enger Bindungen an Erdogan, des Islamismus, und der Konspirationstheorien verdächtigt.

Gegenwärtig ist NYANS eine von mehreren kleineren Parteien in der EU, die sich als Vertreter islamischer Minoritäten verstehen. Zum Beispiel die Islampartei in Belgien, NIDA und DENK in den Niederlanden.

In der Studie wird ausgeführt, daß die Partei NYANS sich in ihren Diskursen an die soziokulturelle Richtung der extremen Rechten anlehnt, wenngleich der ideologische Bezugspunkt im Islamismus liegt.

Von der extremen Rechten werden Themen wie Unterdrückung im Namen der Ehre, Zwangsheirat, weibliche Genitalverstümmelung, Segregation und Parallelgesellschaft in die Öffentlichkeit gebracht. NYANS auf der anderen Seite widmet sich den gleichen Themen, jedoch aus islamischer Sicht.

Bei der Gemeinsamkeit der Themen unterscheiden NYANS und die Schwedendemokraten (SD) sich hinsichtlich der Themenverwendung, der Zielgruppen und des kulturellen Kontextes. Insgesamt liefert das Thema Migration sowohl für die SD, als auch für NYANS die Kernthemen.

Bei der Analyse des Wahlkampfes von NYANS spielen die sozialen Medien eine besondere Rolle. Soziale Medien spielen bei neuen Parteien eine große Rolle. weil Neuwähler gezielt angesprochen werden können. Unter Umgehung der etablierter Medien und Politik können die Wähler sich so direkt über diese Parteien informieren.

Die Analyse von NYANS wird mit der Methode der Kritischen-Diskurs-Analyse (CDA) ausgeführt. Als Datenquelle werden die arabisch- und schwedischsprachigen socialmedia-Einträge in dem Monat vor der Parlamentswahl 2022 herangezogen.

Die CDA betont den Zusammenhang zwischen Diskursen und Macht, Ideologie, Institutionen und sozialen Identitäten. Der Fokus auf Ungleichheit und Dominanz hat seinen Ursprung in der Bearbeitung sozialer Themen.

Die Analyse von Diskursen ist notwendig, um die Realität zu erfassen; die politische Bedeutung von Institutionen, nationale Identitäten, Menschenrechtsdiskurse. Betrachtet werden strukturelle Eigenschaften sprachlicher Äußerungen, aber nicht so sehr die damit verbundenen sozialen Ideen.

Im Vordergrund steht das Interesse, die dominanten Themen herauszuarbeiten. Ziel ist es auch, Themen sichtbar zu machen, die leicht übersehen werden, manchmal auch von Entscheidungsträgern, insbesondere dann, wenn eine Dekonstruktion der pronlematischen Diskurse angebracht ist.

Neben den Versuchen politischer Parteien, die Wähler mit Aufmerksamkeit erregenden Themen zu erreichen, wird auf die Methode des framing zurück gegriffen: Exklusion und Selektion. Themen werden hervorgehoben oder versucht totzuschweigen. Das zu analysieren versucht die CDA.

Mit der Analyse der Medien ist das Thema Repräsentation verknüpft. Damit ist die Wirkmächtigkeit von Zeichen, Sprache, Bildern gemeint, um eine Sicht auf die Welt zu vermitteln. Manche politische Themen werden hervorgehoben, andere versucht tot zu schweigen. Z.B. crime und gender. Defizite bei der Repräsentation können zu aufgeregten Debatten führen, sowohl in den klassischen Medien, als auch in den sozialen Medien.

Für diese Studie ist besonders die Untersuchung der Repräsentation von Minoritäten in den Medien relvant, weil traditionell ein verengter Blick vorherrscht und die Darstellung von Minoritäten durch Stereotypen gekennzeichnet ist, mit einer verengten Perspektive und zur Generalisierung neigend.

Mit den beschriebenen Analysewerkzeugen erhalten die Studienautoren das Ergebnis, daß soziokulturelle Themen wie Koranverbrennung, angebliche Kindesentführung durch schwedische Behörden, Hijab, Beschneidung von Jungs, oder Islamophobie in der medialen Selbstdarstellung von NYANS überwiegen.

Andere Themen, wie soziale Wohlfahrt, Energieversorgung, Wirtschaft haben dagegen nur geringe Bedeutung bei NYANS in der Wahlkampgne von 2022.

Mit dem 'framing' sind Mechanismen thematischer Fokussierung und Exklusion anderer Themen verbunden. Bei der Analyse stellt sich heraus, daß NYANS sich verstärkt an konservative Muslime richtet, die von der Furcht getrieben sind, daß ihre religiösen Glaubensätze Schaden nehmen könnten.

Ein anderes Ergebnis ist, daß NYANS während der Wahlkampagne 2022 sehr deutlich den linken Parteienblock, besonders Linkspartei & Sozialdemokraten, für ihre angeblich strengere Politik gegen Migrangen und Muslime, angreift. Die extreme Rechte wurde dagegen nicht kritisiert.

Themen der anti-linken Propaganda sind z.B. Schleierverbot, Koranverbrennung, Arbeit gegen Gewalt im Namen der Ehre, Kindererziehung. Dabei spielt ersichtlich auch die Konkurrenz mit linken Parteien eine Rolle, weil traditionell Migranten vielfach diese Parteien wählen.

Die Studienautoren bemerken, daß trotz des vorgetragenen Engagement für Minoritäten, es vor allem muslimische Minoritäten sind, die adressiert werden. Die Form der Ansprache ist dabei emotionalisiert. Nach Meinung der Autoren werden vor allem arabischsprachige Migranten angesprochen, die nach 2015 Schweden erreichten.

In der Repräsentation von NYANS durch Symbole, Sprache und Bilder sind besonders verschleierte Frauen sehr hervorgehoben. Das steht im Gegensatz zu der Diversität in der muslimischen Gemeinschaft Schwedens. Damit wird zudem eine exkludierende Strategie gegenüber nicht muslimischen Minoritäten Schwedens sichtbar.

Themenwahl bei der Wahlkampagne 2022 und die inhaltlichen Positionen deuten darauf hin, daß NYANS von außen die Institutionen von Schweden in Frage stellt. Mithin nimmt NYANS den Charakter einer nichtschwedischen Partei an. Die Wähler von NYANS werden damit in eine Position gedrängt, wo sie als Individuen dem Land Schweden gegenüberstehen, jedoch nicht als schwedische Staatsbürger.

Die Autoren konstatieren Unterschiede zwischen der offiziellen programmatischen Selbstdarstellung und den Diskursen, die auf die Zielgruppenn von NYANS fokussieren. So wird offiziell die Verteidigung von allgemeinen Rechten der Minderheiten proklamiert, zielgruppenorientiert jedoch die politische Linke Schwedens attackiert. Weil der linke Block vielfach Migrationsthemen aufgreift, ähnelt somit der Auftritt von NYANS dem agieren der extremen Rechten. Die wiederum wird in den Auftritten von NYANS ignoriert, genauso wie die allgemeine, nichtmigrantische Öffentlichkeit.

#sverige #schweden #deutschland #tyskland #nyans #sverigedemokraterna #schwedendemokraten #afd

benedict16b@despora.de

Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):
Oliver Filipov Madjar & Joel Kvarnsjö: "Nyanser i partiet Nyans: en induktiv tematisk analys av partiet Nyans", (Lunds Universitet, 2022)

Die Studie behandelt die 2019 gegründete Partei NYANS. Die Partei stellte sich erstmals 2022 zur Wahl und konnte zwei Vertreter in die Kommunalvertretungen entsenden. In einigen Großstadtbezirken erhielt sie 20 % der Stimmen.

Im Gegensatz zu den rechtspopulistischen Schwedendemokraten ist NYANS die erste Parteineugründung seit langer Zeit, die sich außerhalb des bestehenden Gesellschafts- und Politiksystems positioniert.

NYANS wird kritisiert, z.B. als eine Bedrohung für die offene Gesellschaft (M. Johansson, Sozialdemokratie und sehr einflußreicher Minister bis 2022), oder als eine Bedrohung für die Demokratie (M. Malmer Stenergard, Konservative und seit 2022 Ministerin). Auch wird befürchtet, daß NYANS das Recht zur öffentlichen Meinungsäußerung gefährden könnte.

Die Studie untersucht die Beziehung NYANS zur liberalen Demokratie im Zeitraum September 2020 - 30.11.22. Es gibt viele Zeitungsartikel darüber, aber nur wenige wissenschaftliche Arbeiten. Das Thema ist für die EU relevant, weil es neben NYANS noch andere Parteigründungen gibt, z.B DENK in den Niederlanden.

NYANS ist eine der ersten Parteien, die nicht aus Autonomiebestrebungen autochthoner Minderheiten entstanden ist, sondern von Migranten der jüngeren Geschichte. NYANS zielt nicht auf Separatismus u.ä,, sondern auf Gesetzesänderungen zu Gunsten von Minoritäten.

Die Studienautoren arbeten nach den Richtlinien des schwedischen Wissenschaftsrates. Zu beachten sind "Respekt" und "Verantwortung". Beides ist nach den Autoren gegeben, weil sie nicht einzelne Personen bloßstellen, sondern auf eine theoretische Weise die Relation zur liberalen Demokratie untersuchen (Respekt); und weil ihre Forschung nicht gegen irgendetwas gerichtet ist, sondern wissenschaftliche Kenntnisse über neue Parteien in Schweden und Europa erweitern möchte.

Die Autoren folgen der Beschreibung der liberalen Demokratie durch den US-Politologen Robert Dahl. Für Dahl sind die Kriterien: Effektive Mitbestimmung, gleiches Stimmrecht, informiertes Sachverständnis[?] "upplyst förstående", Kontrolle über Sachentscheidungen, Inklusion aller Erwachsenen. Mit der effektiven Mitbestimmmung ist auch das Recht der freien Meinungsäußerung verbunden.

Der lange Arm Erdogans: Dieser Begriff ist in den Niederlanden geprägt worden und bezieht sich auf die Versuche, aktiv die Politik in Westeuropa zu beeinflussen, durch Proklamationen und Aktionen in der EU. So wird darauf hingewiesen, daß Erdogan die Islamisierung Europas fordert.

Die Autoren arbeiten mit der Methode der quantitativen Themenanalyse nach Braun & Clarke. Die Autoren haben sich für die induktive Form entschieden, um unvoreingenommen aus dem empirischen Material thematische Strukturen zu entwickeln. Zu der Entscheidung für die induktive Methode hat auch der Mangel an wissenschaftlichen Arbeiten über NYANS beigetragen, und der grundsätzlich flexiblere Umgang mit dem empirischen Material.

Bei der Durchführung der Forschung sind die Kriterien Validität und Reliabilität zu erfüllen. Die Autoren verwenden ein alternatives Konzept von Validität und Reliabilität nach Quinn, Patton, Michael, 'trustworthiness', mit den Kriterien 'Glaubwürdigkeit', 'Übertragbarkeit', 'Verläßlichkeit', ['Folgerichtigkeit'] 'bekräftelse' und 'Nachprüfbarkeit'. Erläuterungen dazu finden sich in der Studie.

Mit dem Kriterium 'Glaubwürdigkeit' sind wiederum die vier Formen der 'Triangulierung' verbunden: Theorie-T., Methoden-T., "undersöknings-T "[Community-T.], Datenquellen-T. Auch diese Begriffe werden in der Studie näher erläutert.

Resultat:
Bei der Auswertung der Einträge in den sozialen Medien fanden die Autoren drei Cluster:
1. Islamophobie, Mißtrauen gegen schwedische Institutionen, Koranverbrennungen und angebliche Islam-Feindschaft des Staates,
2. Selbstdarstellung von NYANS, um sich in der Wahrnehmung der Wähler und des Establishment als glaubwürdige und kompetente Kraft zu legitimieren,
3. Themen wie Völkermord, Rechte, Diskriminierung und Geschichte der Minoritäten, insbesondere von Minoritäten in Schweden, z.B. der Samen.

'Mißtrauen' ist nicht nur mit dem LVU-Thema verkinüpft [Behörden entführen angeblich muslimische Kinder, um sie in LVU-Heimen einzusperren], sondern auch mit der Rolle des Staates und der Polizei bei den Koranverbrennungen. NYANS fordert, Koranverbrennungen als Rassismus und Hetze gegen eine Volksgruppe unter Strafe zu stellen, im Gegensatz zu dem in Schweden gültigen Prinzip der Freiheit zur Meinungsäußerung.

Der Cluster 'Selbstdarstellung' beinhaltet nicht nur Selbstlegitimierung, sondern auch den Versuch, speziell mit den schwedischen Sozialdemokraten bei dem Thema Minderheitenrechte zu konkurrieren, und weil etliche sozialdemokratische Politiker zu NYANS gewechselt sind. Damit stellt sich NYANS als eine Alternative zu den Sozialdemokraten hin.

Der dritte Cluster 'Völkermord' beinhaltet viele Beiträge in den sozialen Netzwerken über die Geschichte des Völkermordes, besonders auch das Thema Srebenica und die Verbrechen an den Bosniern, aber auch das Thema Antisemitismus. Antisemitismus soll nach NYANS ein eigener Straftatbestand in Schweden werden.

In diesem dritten Cluster wird auch die behauptete Diskriminierung der Muslime in Schweden behandelt. Die islamischen Feiertage sollen bezahlte Feiertage werden, und Muslime zu einer staatlich anerkannten Minortätengruppe in Schweden. Weiterhin sollen religiöse Freischulen mehr Autonomie gegenüber staatlichen Kontrollen bekommen.

Das Thema Israel und Palästina läßt sich nicht eindeutig einem Cluster zuordnen. NYANS befürwortet eine diplomatische Distanzierung sowie Boykottmaßnahmen gegenüber Israel und meint, daß Israel angesichts der Unterdrückung der Palästinenser keine echte Demokratie ist. Die doppelten Standards Schwedens und der Welt gegenüber Ukraine und Palästina werden kritisiert.

Der Vergleich der offiziellen Internetseit mit den offiziösen Beiträgen in den sozialen Medien zeigt Differenzen. Etliche Themen der Internetseite finden sich nicht in den sozialen Medien, oder sind kaum vertreten: Afrophobi, Wohnungen, EU, Wirtschaftsunternehmen, Ordnung & Sicherheit, Rente, Rentenbesteuerung, Gesundheit. Die Internetseite fungiert damit eher als Außendarstellung, und gibt nicht so sehr die interne Meinungsbildung wieder. Die Beiträge in den sozialen Medien können dagegen besser auf gesonderte Wählergruppen fokussieren.

'Erdogans langer Arm' ist in der schwedischen Internetdarstellung wenig sichtbar, allerdings gab es Versuche von NYANS, in der Türkei Wähler und Unterstützung zu mobilisieren.

Die Ausgangsfrage der Studie - das Verhältnis von NYANS zur liberalen Demokratie - beantworten die Autoren so, daß nach den Kriterien von R. Dahl keine Widersprüche zu erkennen sind.

Allerdings geben die Autoren zu bedenken, daß die Kriterien von R. Dahl möglicherweise die schwedische Demokratie nicht präzise umreissen. So ist für die schwedische Demokratie das Vertrauen in die staatlichen Behörden und das Recht auf die freie Meinungsäußerung von grundlegender Bedeutung. Gegen diese beiden Säulen der Demokratie opponiert NYANS. Die Autoren weisen auch darauf hin, daß NYANS bei der Parlaments- und Kommunalwahl Wahlfälschungen behauptet hat. Auch das ist geeignet, Vertrauen zu zerstören.

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