#schweden

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Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):
Svenolof Karlsson: "Dansk havsvindkraft nu en fråga för marknaden" (Second Opiniom, 23.4.2024)

Die dänische Regierung hat mit der Ausschreibung von sechs neuen offshore-Windparks den Versuch gestartet, das Marktinteresse durch ein Versteigerungsverfahren zu testen. Die Ausschreibung umfaßt eine installierte Kapazität von mindestens 1 GW, kann aber von den Betreibern auf bis zu 10 GW erhöht werden.

Die Konzessionen sollen über 30 Jahre reichen, wobei spätestens 2030 1 GW bereits installiert sein muß. Im Versteigerungsverfahren kommen die Angebote zum Zuge, die dem Staat am meisten bezahlen. Die Investitionskosten für 1 GW werden mit [umgerechnet 2.5 Mrd Euro] und mit 9500 Mannjahren kalkuliert. Die Investoren erhalten keine staatliche Unterstützung, und müssen den Staat überdies mit 20% beteiligen.

Die Erwartungen richten sich dahin, daß mit diesen Windparks Dänemark zu einer grünen Kraftzentrale der EU wird, und zu einem Exportland von Strom und grünem Wasserstoff wird.

Allerdings warnen Branchenorganisationen vor einer zukünftigen Instabilität des Stromnetzes durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Es seien innerhalb von 10 Jahren in West- und Nordeuropa ca 80 GW Regelleistung bereitzustellen [ca. die gesamte Kraftwerksleistung BRD]. Die dänische Regierung hat sich bis jetzt nicht zu den Auswirkungen der geplanten offshore-Windparks auf die Netzstabilität Dänemarks geäußert.

Der dänische Netzbetreiber ENERGINET warnt indessen davor, daß der Zuwachs der Erneuerbaren Energien in Dänemark die Netzstabilität gefährdet, sofern nicht die Hochspannungs-Umspannwerke und Überlandleitungen ausgebaut werden. Erfahrungsgemäß geschieht das jedoch langsamer als der Zuwachs der Erneuerbaren Energien.

Der Netzbetreiber ENERGINET weist überdies auf die wachsende Abhängigkeit des Landes von ausländischen Stromerzeugungskapazitäten, Stromimporten und Dienstleistungen für die Netzstabilisierung hin.

Das Regierungsvorhaben der Regierung wird von der Branchenorganisation "Green Power Danmarks" mit Zurückhaltung kommentiert. Das Projekt sei kompliziert, erfordert die Zusammenarbeit verschiedener Akteure und setzt eine entsprechende Nachfrage nach Strom und Wasserstoff voraus. Angesichts gestiegener Kosten der offshore-WKAs seien auch keine bedeutenden Versteigerungserlöse für den Staat zu erwarten.

Ein weiterer Kritikpunkt von Seiten dieser Organisation ist, daß die Projekte Kriegers-Flak II und Hesselø in den Ausschreibungen enthalten sind, obwohl deren fehlende Rentabilität bereits festgestellt wurde.

In dem Artikel wird auch auf die geplante Wasserstoffpipeline nach Deutschland hingewiesen. Die dänische Regierung fordert, daß das Risiko für mindestens 44% der Leitungsauslastung von den Marktakteuren über den Zeitraum von 10 - 15 Jahren getragen wird.

Und schließlich weist der Autor auf die paradoxe Situation hin, daß Dänemark als Pionier der Energiewende mit einem Anteil von über 60 Prozent der Erneuerbaren trotzdem im Vergleich zu den anderen nordischen Ländern eine Umweltbelastung ist, weil noch immer 21 % des Stroms mit fossilen Quellen erzeugt wird.

#sverige #schweden #danmark #dänemark #deutschland #tyskland #energiewende #elomställning

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Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):
Svenolof Karlsson: "Danmark betalar dyrt för förnybart", (Second Opinion, 2024)

Bei der folgenden Zusammenfassung des Artikels von S. Karlsson wird für die Umrechnung Dänische Krone (DKK) der Wechselkurs nach ECB von 7.5 verwendet. Die Zahlenangaben in {..} sind die von mir auf die Größe der deutsche Bevölkerung hochgerechnen Werte.

Seit 2001 sind in Dänemark 168 Mrd DKK = 22.4 Mrd Euro {322 Mrd Euro} für die Umstellung des Energiesystems geflossen. Bis 2006 wurde auch die Fernwärme auf fosssiler Basis gefördert, danach nur erneuerbare Energien, zu denen auch Biogas und Biomasse für die Stromerzeugung gehören. Ab 2014 kam die Förderung von Biogas für die Erzeugung von Prozesswärme hinzu.

Anhand einer Tabelle werden die Subventionen für die Erneuerbaren in Dänemark seit 2015 erläutert. [Der Autor erklärt jedoch nicht den scharfen Einbruch für die Windenergie ab dem Jahr 2021. Anscheinend wurden die Förderregeln zu diesem Zeitpunkt radikal verändert, zugunsten von 'biogas til upgradering' ?=? e-fuels oder Gas für Kraftfahrzeuge].

Für die Jahre zwischen 2021 und 2035 erwartet die dänische Energiebehörde, daß Biogas und dessen Veredlung den Großteil der Subventionen erhalten wird. Zwischen 2006 und 2035 prognostiziert die Behörde dafür insgesamt 62 Mrd DKK = 8.3 Mrd Euro {118.7 Mrd Euro, entsprechend 4 Mrd Euro / Jahr}. Dazu kommen indirekte Subventionen, wie Steuerbefreiungen oder Steuererleichterungen für die Anwender von Biogas.

Die Bereitstellung der finanziellen Mittel für die Subventionen erfolgte bis 2021 über den sogenannten PSO-Tarif und die Abwälzung der Kosten auf die Stromrechnungen der Privathaushalte. Ab 2021 werden die Kosten von dem dänischen Staatshaushalt übernommen.

Der für die Energieumstellung erforderliche Netzumbau erfordert nach einer Analyse der Branchenorganisation 'Green Power' zwischen 2024-2035 voraussichtlich 30 - 38 Mrd DKK. 35 Mrd DKK = 4.7 Mrd Euro {67 Mrd Euro, bzw ca. 10 Mrd Euro / Jahr}.

Die Finanzierung der privatwirtschaftlichen Investitionen in die Energieumstellung wird erschwert durch die Tatsache, daß der Stromverbrauch in Dännemark nicht so schnell anwächst wie prognostiziert, dagegen der Ausbau der Erzeugungskapazitäten sich an den früheren Prognosen orientiert. So ist der Stromverbrauch in Dänemark zwischen 2021 und 2024 nur um 1 TWh gestiegen, entsprechend 2 % des Elektrifizierungszieles bis 2030.

[Energie-Inseln, 'energiöarna vid Bornholm och i Nordsjön' : Dänemark plant seit 2020 Windparks in der Umgebung Bornholms und in der Nordsee, mit jeweils 2 GW und 3 GW.] Die Meinung in Dänemark tendiert dahin, daß ohne masssive Subventionen, u.a. von der EU, diese Projekte äußerst schwierig zu realisieren sind.

[Die Windkraft und die Elektrolysekapazitäten sollen in Dänemark ausgebaut werden, um Wasserstoff über eine noch zu bauende Pipelene nach Deutschland verkaufen zu können] Der Autor verweist auf einen Bericht in der Zeitung 'Die Welt'. Demnach hat der dänische Minister bei einem Treffen mit R. Habeck unmißverständlich klargestellt, daß Dänemark keinesfalls gewillt ist, das gesamte finanzielle Risiko des Projektes zu tragen.

Der Autor verweist auf die Stellungnahme eines Kapitalverwalters in dem gleichen Zeitungsinterview der 'Welt'. Demnach würde die dänische Wasserstoffindustrie von Kunden in Deutschland abhängig sein, die bereit sind, fünf bis zehnmal mehr wie für Erdgas zu bezahlen. Für Anwender mit nur einem kleinen Anteil an Energiekosten ist das denkbar, aber nicht für energieintensive Industrien.

Im Vergleich zu seinen skandinavischen Nachbarn emittiert Dänemark auffallend viel CO2, trotz des Anteils der erneuerbaren Stromerzeugung von über 80 Prozent. Die restlichen ca 20 % werden überwiegend fossil erzeugt. Beachtlich sind auch die im EU-Vergleich rekordhohen Stromgebühren [Stromsteuer] für Privathaushalte.

Mit dem Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung ist in Dänemark der Aufwand für die Netzstabilisierung gewachsen. Zwischen 2020-2022 haben die finanziellen Aufwendungen sich fast verdreifacht, auf mittlerweile 4.2 Mrd. SEK(Schwedenkronen, ca 400 Mio Euro, {5.75 Mrd Euro} ). Erklärt wird das durch die Tatsache, daß nur ca 15 % der Stromerzeugungskapazitäten auf die regelbare thermische Stromerzeugung entfallen, 85 % werden durch die Erneuerbaren und Importe bereitgestellt.

#sverige #schweden #danmark #dänemark #deutschland #tyskland #el #energiewende #vätgas #wasserstoff

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Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):
Samuel Neuman Bergenwall: "Mellanösternprojektet. Israeliskt militärt tänkande: från gräsklippning och gråzonsoperationer till storkrig",(FOI,2024)

Der Autor stellt fest, daß die Region Naher Osten zunehmend in Kriege verwickelt ist: Syrien, Westbank, Iran, Israel, Irak, Jemen, inklusive die internationale Schiffahrt. Die Großmächte werden in die Auseinandersetzungen einbezogen.

Die Studie fokussiert weniger auf die innenpolitischen Triebkräfte, in der israelischen Militär- und Sicherheitspolitik, sondern vor allem auf die miltärstrategischen Überlegungen und Debatten innerhalb des "Sicherheitsetablishment" aus ideengeschichtlicher Perspektive.

Die israelische Sicherheitsdokrin baut auf vier Prinzipien auf: Abschreckung, rechtzeitige Warnung, militärische Entscheidung und Verteidigung der Heimatfront. Seit der Staatsgründung sind die folgenden Sicherheitsdoktrinen formuliert worden:

Ben-Gurion-Doktrin:
Sicherheit durch Abschreckung durch eine qualitativ militärtechnologische Überlegenheit. Akzeptiert, daß absolute Überlegenheit nicht möglich ist. Vielmehr sollte die Zeitspanne zwischen militärische Krisen / Konflikten möglichst lang sein. Bedeutung von Geheimdiensten, und Anwendung von Gewalt auf fremdem Territorium. Im Konfliktfall werden militärische Siege angestrebt. Dazu kommt die militärische Abwehr von feindlichen Angriffen, z.B durch Raketenabwehr.

Die Ben-Gurion-Doktrin entstand in den ersten Jahren nach der Staatsgründung und reflektierte, daß die geringe Staatsfläche keine ausgedehnten Bodenkämpfe auf eigenem Territorium möglich macht. Die Doktrin zielt deshalb darauf, kriegerische Auseinandersetzungen auf das Feindterritorium zu verlagern, und die Eroberung fremden Territoriums, gebenfalls als Verhandlungsmasse.

Israel entsprach dieser Doktrin durch eine allgemeine Wehrpflicht und die Idee der 'Nation unter Waffen'. Mit den Territorialgewinnen Entspannung der Lage; auch durch die veränderten Beziehungen zu einigen arabischen Staaten, und weil die Zusammenarbeiten mit westlichen Staaten ausgebaut wurde, v.a. den USA.

Begin-Doktrin:
Israel strebt das Kernwaffenmonopol in der Region an. Versuche anderer Regionalstaaten, eigene Kernwaffenfähigkeiten aufzubauen, werden durch gezielte Militäraktionen und Mordanschläge gestört. Der Besitz von Atomwaffen wird von Israel weder bestätigt, noch dementiert; gilt jedoch als fast gesichert.

Merido-Report:
Es wird vorgeschlagen, der Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure kosteneffizient durch hochtechnologische Waffen zu begegnen, entsprechend der abnehmenden Bedeutung konventioneller militärischer Bedrohungen. Aus dieser eher optimistischen Sicht wird auch der Rückzug aus Gaza und dem Südlibanon vorgeschlagen. Dahinter steht der Übergang von symmetrischen zu asymmetrischen militärischen Konflikten.

Rabin-Doktrin:
Israel sah sich wiederholt Geiselnahmen ausgesetzt, um politische Forderungen durchzusetzen. Mit der Rabin-Doktrin werden Geiselnahmen nach Möglichkeit gewaltsam beendet, ohne Rücksicht auf eigene oder fremde Opfer. Verhandlungen nur als letzter Ausweg. In der Folge kam es oft zu Geiselentführungen, wodurch die Rabin-Doktrin weitgehend ins Leere läuft.

Mabam-Operationen und 'Rasenschneiden':
Mit gezielten Militäraktionen und verdeckten Mordanschlägen auf fremdem Territorium sind die Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure zu begegnen. Vielfach unter Einsatz der Luftwaffe. Diese Doktrin setzt eine exzellente Geheimdienstarbeit voraus. Es wird dabei möglichst unterhalb der Schwelle zu einem Krieg agiert. In Israel wurde kritisiert, daß dabei die konventionellen Bodentruppen und deren Modernisierung vernachlässigt werden. Ein früherer israelischer Armeeschef glaubte in dieser Doktrin ein Modell für andere Staaten erkennen zu können [!!!].

Mit Mabam und 'Rasenschneiden' wird dem Erstarken von Milizen in Syrien, Irak, Libanon, Hamas, Hizbollah, globaler Jihadismus Rechnung getragen, auch vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung des Iran und der waffentechnisch besseren Ausstattung der Milizen.

Dahiyad-Doktrin:
Bekämpfung nichtstaatlicher Akteure in einer zivilen Umgebung. Zerstörung ziviler Infrastruktur, auch als Abschreckung. Dörfer oder ganze Staaten, die feindlichen Kräften Unterschlupf oder Unterstützung geben, sind gemäß dieser Doktrin von Zerstörung (der Infrastrukur) bedroht. Ziel der Doktrin ist es, die Zivilbevölkerung dazu zu bringen, sich gegen die Terroristen zu stellen.

Die Dahiyad-Doktrin ist nicht offiziell. Der Name bezieht sich auf einen Vorort von Beirut, der in einem früheren Libanon-Krieg von Israel verwüstet wurde, und wo das Hizbollah-Hauptquartier lag. Der Begriff ist von Journralisten geformt. Von manchen Beobachtern wird vermutet, daß die Dahiyad-Doktrin in Gaza zur Anwendung kommt.

(strategische) Autonomie und Sicherheitszusammenarbeit: In der Anfangszeit strebte Israel militärische Autonomie an. Später kam die Zusammenarbeit in Fragen der Sicherheit, Geheimdienste, Waffentechnologie, Waffenkäufe hinzu. Mit den USA wurden einseitige militärische Beistandsabkommen geschlossen. Und mit moderaten arabischen Staaten Abkommen über Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten.

Mit den genannten Dokrinen paßte Israel sich über Jahrzehnte veränderten äußeren Rahmenbedingungen an. Der Studienautor weist auf die äußere und innere Legitimation hin. Die Zusammenarbeit mit (westlichen) Staaten wird von der öffentlichen Meinung und deren Sicht auf die israelischen Militäraktionen beeinflußt, besonders hinsichtlich des internationalen humanitären Rechts. In Israel selbst werden zivile und militärische Verluste ebenfalls beobachtet und beeinflussen die politische Stimmung.

Die Entstehung der Doktrinen sind vielfach von Kontroversen im israelischen Sicherheitsapparat begleitet worden, aber auch zwischen dem Sicherheitsapparat und der Politik.

Der Autor weist darauf hin, daß mit Netanyahu nach dem 7.10.24 Israel sich wieder auf eine mehr autonome Sicherheitsstrategie zurückzieht und Formen der konventionellen Kriegsführung ausbaut. Militärische Entscheidungen werden selbstständig und unabhängig von z.B. den USA getroffen. Die Wiederherstellung der Abschreckung wird vorangetrieben, die Leistungsfähigkeit der israelischen Geheimdienste vorgeführt.

Zu der veränderten Sicht auf den Einsatz von Bodentruppen in einer eher konventionellen Weise paßt auch die Ansage von B. Netanyahu, die Machtbalance im Nahen Osten für viele Jahre verändern zu wollen. Der Studienautor vermutet dabei einen Paradigmawechsel der israelischen Sicherheitspolitik.

#sverige #schweden #deutschland #tyskland #israel #netanyahu

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Lubbers, M., Otjes, S. P., & Spierings, N.: "What drives the propensity to vote for ethnic-minority-interest parties?", (2023,Acta Politica)

In den Niederlanden kandidierten 2021 drei kleinere Parteien aus den migrantischen Milieus zu den Parlamentswahlen: DENK (multikulturell), NIDA (islamisch-demokratisch), BIJ1 (intersektional, antirassistisch, feministisch). DENK erhielt 3 Parlamentssitze von 150, BIJ1 einen, und NIDA keinen.

Die Studienautoren sehen die Niederlande insgesamt durch die niedrigen Zugangshürden für neue Parteien in der Rolle als Kanarienvogel im Kohlenbergwerk. Trends im politischen System Europas sind in den Niederlanden so früher als woanders zu sehen.

Es zeichnet sich ab, daß die traditionelle Bindung zwischen Sozialdemokratie und migrantischen Gemeinschaften schwächer wird. Wo das politische System das zuläßt, formieren sich aus den migrantischen Gemeinschaften heraus neue Parteien; auch vor dem Hintergrund eines wachsenden migrantischen Anteils an der Bevölkerung.

Die Studienautoren merken an, daß die politischen Hauptthemen der ethnischen Mehrheitsbevölkerung auch wichtige Themen der neuen Parteien sind: Kultur, Ökonomie, Moral.

In der Studie wird u.a. die Verankerung dieser drei Parteien in den Wählerschichten aus Afrika, Lateinamerika, Asien untersucht. Dabei treten sichtbare Unterschiede zwischen DENK & NIDA auf der einen Seite, und BIJ1 auf der anderen Seite hervor. Die Gemeinsamkeiten von NIDA und DENK erklären die schwache Stellung von NIDA bei den Wahlen.

Es stellt sich heraus, daß DENK und NIDA den Lebensstil der ethnischen und religiösen Minoritäten bewahren wollen und sich gegen den Säkularismus und gegen die weitere gesellschaftliche Integration stellen. Die Positionen von DENK zu ökonomischen Fragen sind dagegen eher linksliberal.

Es sind vor allem holländisch-marokkanische, aber auch holländisch-türkische Wähler, die zu den Unterstützern von DENK gehören. Besonders bei der Wahl 2017 bediente DENK sich gut durchorganisierter sozialer Netzwerke, um verschiedene Migrantengemeinschaften zu erreichen.

Generell tendieren migrantische Gemeinschaften, so die Studienautoren, zu eher religiösen und konservativen Haltungen, die durch die Bindung an religiöse Netzwerke noch gestärkt werden. Dem steht oft eine Offenheit kulturellen Themen gegenüber, z.B offene Globalisierung.

Das politische Profil der Partei BIJ1 unterscheidet sich indessen von DENK & NIDA. Diese Partei wird von Wählern unterstützt, die eher dem linken Spektrum zuzuordnen sind, mit progressiven moralischen Positionen, Ablehnung der Todesstrafe, und einer eher säkulären Grundhaltung.

Die ethnische Verteilung der Wähler von BIJ1 konzentriert sich auf die Regionen südliche der Sahara und früher Holländisch-Indonesion (Surinam), entsprechend dem Wahlmanifest dieser Partei.

Generell gilt, daß die genannten drei Parteien DENK, NIDA und BIJ1 sich auf migrantische Wählerschichten konzentrieren, ohne jedoch die ethnischen Minderheiten der Bevölkerung in Gänze anzusprechen. Wähler mit Wurzeln in Ostasien oder Lateinamerika werden von diesen drei Parteien kaum erreicht und tendieren eher zu Parteien des linken oder liberalen Spektrums.

Insgesamt sind die Parteien DENK, NIDA und BIJ1 gegenwärtig noch weit davon entfernt, die migrantischen Gemeinschaften politisch zu repräsentieren. Die angesprochenen Ethnien haben in der Wählerschaft einen Anteil von ca 10%, jedoch erhalten die drei Parteien nur ca. 3% der Stimmen.

Durch das Erstarken der Rechten steht die Sozialdemokratie unter Druck, ihre Stammwählerschaft unter den Arbeitern zu halten. Damit verschieben sich die Position der Sozialdemokratie in Fragen Migration, Integration und Inklusion, und die traditionelle Bindung an die Arbeiterschaft, gut ausgebildete Wähler und Migranten geht verloren.

Gleichzeitig entwickeln andere linke Parteien eine modernere Haltung gegenüber Moral und nehmen eine kritische Haltung gegenüber der Religion ein.

Damit öffnet sich eine Lücke im politischen System, der von den Migrantenparteien ausgefüllt wird; und bei der es um die Verbindung von Multikulturalismus und einem religiös inspirierten Koservativismus bei moralischen Themen geht. Diese Tendenzen sind auch in anderen EU-Staaten zu beobachten.

Weiterhin sind es Diskriminierungserfahrungen als Gruppe, die den Zuspruch zu DENK & NIDA stärken, zusätzlich zu den multikulturellen Motiven. Die ethnischen Diskriminierungserfahrungen unterscheiden die ethnischen Minoritäten von den ethnischen Majoritäten.

Zu Untersuchung des Wahlverhalten migrantischer Wähler bedienen sich die Studienautoren eines dreidimensionalen Koordinatensystem, mit den Achsen: Kultur, Ökonomie und Moral. Ergänzt wird diese Methode durch die Unterscheidung von Gruppenidentitäten: Ethnie, Klasse, Religion.

Mit diesen Koordinatensystemen formulieren die Autoren 8 Hypothesen, die die folgenden Themenbereiche adressieren: Ethnizität & kulturelle Achse, Klasse & ökonomische Achse, Religion & moralische Achse. Die Hypothesen werden mit statistischen Verfahren geprüft und in der Studie verbalisiert.

#sverige #schweden #netherlands #niederlande #nyans #denk #nida #bij1

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Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):

Katja Salomo, Marcel Helbig & Susanne Marquardt (28 Jul 2023): Radical right-wing support among urban voters in Germany: Disentangling the roles of immigration, immigration history, segregation, and poverty in the neighborhood, Journal of Urban Affairs.

[Im Folgenden wird für die Bezeichung 'Migrantenanteil in der Bevölkerung' aus Gründen der Platzersparnis 'Migrantenanteil verwendet.]

Die Autoren machen die Feststellung, daß AfD-Unterstützer typisch von der Gesellschaft enttäuscht sind, um ihren Status fürchten und skeptisch gegenüber der Demokratie eingestellt sind. Vor allem aber haben sie einen Groll gegenüber der Migration.

Auffällig auch die ausgeprägte Zustimmung zur AfD in Ostdeutschland. Die Autoren weisen auf Mängel in der Infrastuktur, öffentlichen Dienstleistungen und der Institutionen hin.

Die Parlamentswahl in Deutschland von 2017 zeigte, daß die AfD besonders erfolgreich war in Wahlkreisen mit hoher Arbeitslosigkeit, einem großen Migrantenanteil an der Bevölkerung, sowie in Gegenden mit viel Abwanderung und einer alternden Bevölkerung, wie es für Ostdeutschland typisch ist.

Allerdings zeigen einige Studien aus anderen europäischen Ländern die Bedeutung von lokalen Merkmalen wie Migrantenanteil oder Segregation Einheimische - Migranten auf. Positive soziale Kontakte und die Nähe zwischen Einheimischen und Migranten führen zu einem entspannten Verhältnis, was sich in einer negativen Korrelation Migrantenanteil - AfD-Zustimmung ausdrückt (Kontaktthese).

Dagegen wird von Einheimischen Migration auf der Ebene einer ganzen Stadt, Region oder auf Landesebene anders wahrgenommen. Durch Medien und die Politik wird ein Bild von der Migration vermittelt, das nicht immer konsistent mit den Erfahrungen in der eigenen Nachbarschaft ist.

In der Studie werden also Arbeitslosigkeit, Migrantenanteil, Armut, Segregation in Relation zu den Wahlergebnissen der AfD gesetzt; jeweils auf der Ebene von Wahlkreisen und Nachbarschaften. Mit der wahrgenommenen Migration sind oft auch Ängste verbunden, besonders bei steigenden Migrationszahlen.

Aus Literaturstudien ist bekannt, daß in nordeuropäischen Ländern mit einem ausgebauten Sozialstaat die Effekte von Arbeitslosigkeit auf die Zustimmung zu rechtsextemen Parteien nur minimal sind. Größeren Einfluß haben Armut - von Geringverdienern und Langzeitarbeitslosen - und die Angst vor Statusverlust.

Die Datenauswertung im Rahmen der Studie behandelt die folgenden Fragestellungen: unter welchen Bedingungen stellen lokale Armut, Segregation im Wohnumfeld und ein Mangel früherer Erfahrungen im Umgang mit Migranten die Kontaktthese in Frage?

Die Auswertung von 33 größeren Städten, von denen sowohl die Wahlergebnisse, also auch Daten über Armut, Arbeitlosigkeit zwischen 2013 und 2017 vorliegen, wird auf drei Hypothesen getestet:

H1: Führt ein Anstieg des Migrantenanteils in der lokalen Nachbarschft zu besseren Wahlergebnissen der AfD?

H2: Gibt es einen kritischen Werte für den Migrantenanteil in der Vergangenheit, bei dessen Unterschreitung der Zustrom von Migranten zu kulturellen Schocks bei der einheimischen Bevölkerung führt? Solche Effekte sind aus der internationalen Literatur bekannt.

H3: Beeinflußt die zunehmende Segregation in deutschen Städten, auch vor dem Hintergrung des verstärkten Zustroms von Migranten nach 2015, die Wahlergebnisse der AfD?

Segregation wird in der Literatur in verschiedenen Aspekten betrachtet:
framing: Bewohner wohlhabender Gegenden assozieren die häufig in ärmeren Gegenden lebenden Migranten negativ, mit Stereotypen, besonders bei Minoritäten,

Halo-Effekt: Bewohner wohlhabender Gegenden mit kleinen Migrantenanteilen in der Nähe ärmerer Nachbarschaften mit hohen Migrantenanteilen fürchten u.a. um die Qualität der Schulen und die Auswirkungen auf die Immobilienpreise,

Segregation erschwert die Kontakte zwischen nahegelegenen Nachbarschaften, wodurch bei unterschiedlichen Migrantenanteilen der soziale Austausch zwischen Einheimischen und Migranten erschwert wird. Diese Form des Halo-Effektes wird durch Diskriminierung und Mangelversorgung auf dem Wohnungsmarkt verstärkt.

Die genannten Hypothesen werden mit einem statistischen Modell geprüft, das auf Seite 6 der Veröffentlichung kurz beschrieben ist.

Als Ergebnis notieren die Autoren, daß mit steigendem Migrantenanteil auf der Ebene der Nachbarschaft die Zustimmung zur extremen Rechten abnimmt, entsprechend der Kontaktthese aufgrund vielfacher sozialer Kontakte.

Weiterhin bekräftigen die Ergebnisse, daß mit einem großen Migrantenanteil auf der Ebene der Gesamtstadt und gleichzeitig einem großen Zustrom von Migranten die Zustimmung zur AfD wächst. [Also im Widerspruch zur Kontakttghese.]

Den größten Einfluß auf die Zustimmung zu rechtsextremen Parteien hat jedoch die Armutsquote. Die Autoren können keinen kritischen Schwellenwert der Armutsquote finden, ab dem der beschriebene Effekt sichtbar wird. Die Auswirkungen von ökonomischer Deprivation und der Migration sind damit unabhängig.

Das ist umso bedeutender, als in armen Nachbarschaften der Migrantenanteil nicht nur viel höher ist als in wohlhabenden Nachbarschaften, sondern überdies viel schneller wächst.

Die Daten zeigen jedoch, daß in Nachbarschaften mit einem Migrantenanteil <5% bis 2017 das Anwachsen des Migrantenateils zu einer steigenden Zustimmung zu rechtsextremen Parteien führt. Erklärt wird das von den Autoren mit dem Akkulturierungs-Stress. Solche Nachbarschaften sind im Übrigen meistens wohlhabender.

Überdies ist in Städten mit einem geringen Migrantenanteil die Verteilung stärker segregiert, die Migranten leben häufiger in Nachbarschaften mit einem großen Migrantenanteil. Wohlhabende Nachbarschaften mit einem kleinen Ausgangsmigrantenanteil in segregierten Städten neigen also zu AfD-Zustimmung.

Generell fördert Segregation Einheimische - Migranten die Zustimmung zu rechtsextremen Parteien.

Die Autoren fassen zusammen, daß in ärmeren Nachbarschaften der Grad der Armut die hauptsächliche Erklärung für die Zustimmung zu rechtsextremen Parteien ist, in wohlhabenden Gegenden ist es dagegen typsch der geringe Ausgangs-Migrantenanteil, der für die dortigen Bewohner das Risiko von einem Akkulturierung-Stress mit sich bringt.

Damit folgern sie, daß es nachteilig ist, die Last der Integration von Migranten ärmeren Nachbarschaften aufzubürden.

#sverige #schweden #deutschland #tyskland #afd #sverigedemokraterna #schwedendemokraten #kontaktthese

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Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):
Almahfali, M.; El-Husseini, R.:"Exploiting Sociocultural Issues in Election Campaign Discourse: The Case of Nyans in Sweden",(Societies, 2023, 13, 257)

Das Hauptthema der Studie ist die Partei NYANS, die sich als Migrantenpartei versteht. Gegründet wurde diese Partei 2019 von dem türkischstämmigen Politiker Mikail Yüksel, mit dem Fokus auf die muslimische Wählerschaft.

In Wahlbezirken mit einem hohen Migrantenanteil kam 2022 NYANS auf bis zu 30% der Wählerstimmen, besonders in segregierten, low-income Gebieten. Allerdings nur in sozialen Brennpunktgebieten, was darauf hindeutet, daß NYANS nicht dem mainstream in der migrantischen Gemeinschaft entspricht.

NYANS stellt sich als Interessenvertretung von Minoritäten hin, als Kämpfer gegen Afrophobie, Islamophobie, gegen Diskriminierung... Jedoch wird diese Partei von Journalisten enger Bindungen an Erdogan, des Islamismus, und der Konspirationstheorien verdächtigt.

Gegenwärtig ist NYANS eine von mehreren kleineren Parteien in der EU, die sich als Vertreter islamischer Minoritäten verstehen. Zum Beispiel die Islampartei in Belgien, NIDA und DENK in den Niederlanden.

In der Studie wird ausgeführt, daß die Partei NYANS sich in ihren Diskursen an die soziokulturelle Richtung der extremen Rechten anlehnt, wenngleich der ideologische Bezugspunkt im Islamismus liegt.

Von der extremen Rechten werden Themen wie Unterdrückung im Namen der Ehre, Zwangsheirat, weibliche Genitalverstümmelung, Segregation und Parallelgesellschaft in die Öffentlichkeit gebracht. NYANS auf der anderen Seite widmet sich den gleichen Themen, jedoch aus islamischer Sicht.

Bei der Gemeinsamkeit der Themen unterscheiden NYANS und die Schwedendemokraten (SD) sich hinsichtlich der Themenverwendung, der Zielgruppen und des kulturellen Kontextes. Insgesamt liefert das Thema Migration sowohl für die SD, als auch für NYANS die Kernthemen.

Bei der Analyse des Wahlkampfes von NYANS spielen die sozialen Medien eine besondere Rolle. Soziale Medien spielen bei neuen Parteien eine große Rolle. weil Neuwähler gezielt angesprochen werden können. Unter Umgehung der etablierter Medien und Politik können die Wähler sich so direkt über diese Parteien informieren.

Die Analyse von NYANS wird mit der Methode der Kritischen-Diskurs-Analyse (CDA) ausgeführt. Als Datenquelle werden die arabisch- und schwedischsprachigen socialmedia-Einträge in dem Monat vor der Parlamentswahl 2022 herangezogen.

Die CDA betont den Zusammenhang zwischen Diskursen und Macht, Ideologie, Institutionen und sozialen Identitäten. Der Fokus auf Ungleichheit und Dominanz hat seinen Ursprung in der Bearbeitung sozialer Themen.

Die Analyse von Diskursen ist notwendig, um die Realität zu erfassen; die politische Bedeutung von Institutionen, nationale Identitäten, Menschenrechtsdiskurse. Betrachtet werden strukturelle Eigenschaften sprachlicher Äußerungen, aber nicht so sehr die damit verbundenen sozialen Ideen.

Im Vordergrund steht das Interesse, die dominanten Themen herauszuarbeiten. Ziel ist es auch, Themen sichtbar zu machen, die leicht übersehen werden, manchmal auch von Entscheidungsträgern, insbesondere dann, wenn eine Dekonstruktion der pronlematischen Diskurse angebracht ist.

Neben den Versuchen politischer Parteien, die Wähler mit Aufmerksamkeit erregenden Themen zu erreichen, wird auf die Methode des framing zurück gegriffen: Exklusion und Selektion. Themen werden hervorgehoben oder versucht totzuschweigen. Das zu analysieren versucht die CDA.

Mit der Analyse der Medien ist das Thema Repräsentation verknüpft. Damit ist die Wirkmächtigkeit von Zeichen, Sprache, Bildern gemeint, um eine Sicht auf die Welt zu vermitteln. Manche politische Themen werden hervorgehoben, andere versucht tot zu schweigen. Z.B. crime und gender. Defizite bei der Repräsentation können zu aufgeregten Debatten führen, sowohl in den klassischen Medien, als auch in den sozialen Medien.

Für diese Studie ist besonders die Untersuchung der Repräsentation von Minoritäten in den Medien relvant, weil traditionell ein verengter Blick vorherrscht und die Darstellung von Minoritäten durch Stereotypen gekennzeichnet ist, mit einer verengten Perspektive und zur Generalisierung neigend.

Mit den beschriebenen Analysewerkzeugen erhalten die Studienautoren das Ergebnis, daß soziokulturelle Themen wie Koranverbrennung, angebliche Kindesentführung durch schwedische Behörden, Hijab, Beschneidung von Jungs, oder Islamophobie in der medialen Selbstdarstellung von NYANS überwiegen.

Andere Themen, wie soziale Wohlfahrt, Energieversorgung, Wirtschaft haben dagegen nur geringe Bedeutung bei NYANS in der Wahlkampgne von 2022.

Mit dem 'framing' sind Mechanismen thematischer Fokussierung und Exklusion anderer Themen verbunden. Bei der Analyse stellt sich heraus, daß NYANS sich verstärkt an konservative Muslime richtet, die von der Furcht getrieben sind, daß ihre religiösen Glaubensätze Schaden nehmen könnten.

Ein anderes Ergebnis ist, daß NYANS während der Wahlkampagne 2022 sehr deutlich den linken Parteienblock, besonders Linkspartei & Sozialdemokraten, für ihre angeblich strengere Politik gegen Migrangen und Muslime, angreift. Die extreme Rechte wurde dagegen nicht kritisiert.

Themen der anti-linken Propaganda sind z.B. Schleierverbot, Koranverbrennung, Arbeit gegen Gewalt im Namen der Ehre, Kindererziehung. Dabei spielt ersichtlich auch die Konkurrenz mit linken Parteien eine Rolle, weil traditionell Migranten vielfach diese Parteien wählen.

Die Studienautoren bemerken, daß trotz des vorgetragenen Engagement für Minoritäten, es vor allem muslimische Minoritäten sind, die adressiert werden. Die Form der Ansprache ist dabei emotionalisiert. Nach Meinung der Autoren werden vor allem arabischsprachige Migranten angesprochen, die nach 2015 Schweden erreichten.

In der Repräsentation von NYANS durch Symbole, Sprache und Bilder sind besonders verschleierte Frauen sehr hervorgehoben. Das steht im Gegensatz zu der Diversität in der muslimischen Gemeinschaft Schwedens. Damit wird zudem eine exkludierende Strategie gegenüber nicht muslimischen Minoritäten Schwedens sichtbar.

Themenwahl bei der Wahlkampagne 2022 und die inhaltlichen Positionen deuten darauf hin, daß NYANS von außen die Institutionen von Schweden in Frage stellt. Mithin nimmt NYANS den Charakter einer nichtschwedischen Partei an. Die Wähler von NYANS werden damit in eine Position gedrängt, wo sie als Individuen dem Land Schweden gegenüberstehen, jedoch nicht als schwedische Staatsbürger.

Die Autoren konstatieren Unterschiede zwischen der offiziellen programmatischen Selbstdarstellung und den Diskursen, die auf die Zielgruppenn von NYANS fokussieren. So wird offiziell die Verteidigung von allgemeinen Rechten der Minderheiten proklamiert, zielgruppenorientiert jedoch die politische Linke Schwedens attackiert. Weil der linke Block vielfach Migrationsthemen aufgreift, ähnelt somit der Auftritt von NYANS dem agieren der extremen Rechten. Die wiederum wird in den Auftritten von NYANS ignoriert, genauso wie die allgemeine, nichtmigrantische Öffentlichkeit.

#sverige #schweden #deutschland #tyskland #nyans #sverigedemokraterna #schwedendemokraten #afd

benedict16b@despora.de

Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):
Oliver Filipov Madjar & Joel Kvarnsjö: "Nyanser i partiet Nyans: en induktiv tematisk analys av partiet Nyans", (Lunds Universitet, 2022)

Die Studie behandelt die 2019 gegründete Partei NYANS. Die Partei stellte sich erstmals 2022 zur Wahl und konnte zwei Vertreter in die Kommunalvertretungen entsenden. In einigen Großstadtbezirken erhielt sie 20 % der Stimmen.

Im Gegensatz zu den rechtspopulistischen Schwedendemokraten ist NYANS die erste Parteineugründung seit langer Zeit, die sich außerhalb des bestehenden Gesellschafts- und Politiksystems positioniert.

NYANS wird kritisiert, z.B. als eine Bedrohung für die offene Gesellschaft (M. Johansson, Sozialdemokratie und sehr einflußreicher Minister bis 2022), oder als eine Bedrohung für die Demokratie (M. Malmer Stenergard, Konservative und seit 2022 Ministerin). Auch wird befürchtet, daß NYANS das Recht zur öffentlichen Meinungsäußerung gefährden könnte.

Die Studie untersucht die Beziehung NYANS zur liberalen Demokratie im Zeitraum September 2020 - 30.11.22. Es gibt viele Zeitungsartikel darüber, aber nur wenige wissenschaftliche Arbeiten. Das Thema ist für die EU relevant, weil es neben NYANS noch andere Parteigründungen gibt, z.B DENK in den Niederlanden.

NYANS ist eine der ersten Parteien, die nicht aus Autonomiebestrebungen autochthoner Minderheiten entstanden ist, sondern von Migranten der jüngeren Geschichte. NYANS zielt nicht auf Separatismus u.ä,, sondern auf Gesetzesänderungen zu Gunsten von Minoritäten.

Die Studienautoren arbeten nach den Richtlinien des schwedischen Wissenschaftsrates. Zu beachten sind "Respekt" und "Verantwortung". Beides ist nach den Autoren gegeben, weil sie nicht einzelne Personen bloßstellen, sondern auf eine theoretische Weise die Relation zur liberalen Demokratie untersuchen (Respekt); und weil ihre Forschung nicht gegen irgendetwas gerichtet ist, sondern wissenschaftliche Kenntnisse über neue Parteien in Schweden und Europa erweitern möchte.

Die Autoren folgen der Beschreibung der liberalen Demokratie durch den US-Politologen Robert Dahl. Für Dahl sind die Kriterien: Effektive Mitbestimmung, gleiches Stimmrecht, informiertes Sachverständnis[?] "upplyst förstående", Kontrolle über Sachentscheidungen, Inklusion aller Erwachsenen. Mit der effektiven Mitbestimmmung ist auch das Recht der freien Meinungsäußerung verbunden.

Der lange Arm Erdogans: Dieser Begriff ist in den Niederlanden geprägt worden und bezieht sich auf die Versuche, aktiv die Politik in Westeuropa zu beeinflussen, durch Proklamationen und Aktionen in der EU. So wird darauf hingewiesen, daß Erdogan die Islamisierung Europas fordert.

Die Autoren arbeiten mit der Methode der quantitativen Themenanalyse nach Braun & Clarke. Die Autoren haben sich für die induktive Form entschieden, um unvoreingenommen aus dem empirischen Material thematische Strukturen zu entwickeln. Zu der Entscheidung für die induktive Methode hat auch der Mangel an wissenschaftlichen Arbeiten über NYANS beigetragen, und der grundsätzlich flexiblere Umgang mit dem empirischen Material.

Bei der Durchführung der Forschung sind die Kriterien Validität und Reliabilität zu erfüllen. Die Autoren verwenden ein alternatives Konzept von Validität und Reliabilität nach Quinn, Patton, Michael, 'trustworthiness', mit den Kriterien 'Glaubwürdigkeit', 'Übertragbarkeit', 'Verläßlichkeit', ['Folgerichtigkeit'] 'bekräftelse' und 'Nachprüfbarkeit'. Erläuterungen dazu finden sich in der Studie.

Mit dem Kriterium 'Glaubwürdigkeit' sind wiederum die vier Formen der 'Triangulierung' verbunden: Theorie-T., Methoden-T., "undersöknings-T "[Community-T.], Datenquellen-T. Auch diese Begriffe werden in der Studie näher erläutert.

Resultat:
Bei der Auswertung der Einträge in den sozialen Medien fanden die Autoren drei Cluster:
1. Islamophobie, Mißtrauen gegen schwedische Institutionen, Koranverbrennungen und angebliche Islam-Feindschaft des Staates,
2. Selbstdarstellung von NYANS, um sich in der Wahrnehmung der Wähler und des Establishment als glaubwürdige und kompetente Kraft zu legitimieren,
3. Themen wie Völkermord, Rechte, Diskriminierung und Geschichte der Minoritäten, insbesondere von Minoritäten in Schweden, z.B. der Samen.

'Mißtrauen' ist nicht nur mit dem LVU-Thema verkinüpft [Behörden entführen angeblich muslimische Kinder, um sie in LVU-Heimen einzusperren], sondern auch mit der Rolle des Staates und der Polizei bei den Koranverbrennungen. NYANS fordert, Koranverbrennungen als Rassismus und Hetze gegen eine Volksgruppe unter Strafe zu stellen, im Gegensatz zu dem in Schweden gültigen Prinzip der Freiheit zur Meinungsäußerung.

Der Cluster 'Selbstdarstellung' beinhaltet nicht nur Selbstlegitimierung, sondern auch den Versuch, speziell mit den schwedischen Sozialdemokraten bei dem Thema Minderheitenrechte zu konkurrieren, und weil etliche sozialdemokratische Politiker zu NYANS gewechselt sind. Damit stellt sich NYANS als eine Alternative zu den Sozialdemokraten hin.

Der dritte Cluster 'Völkermord' beinhaltet viele Beiträge in den sozialen Netzwerken über die Geschichte des Völkermordes, besonders auch das Thema Srebenica und die Verbrechen an den Bosniern, aber auch das Thema Antisemitismus. Antisemitismus soll nach NYANS ein eigener Straftatbestand in Schweden werden.

In diesem dritten Cluster wird auch die behauptete Diskriminierung der Muslime in Schweden behandelt. Die islamischen Feiertage sollen bezahlte Feiertage werden, und Muslime zu einer staatlich anerkannten Minortätengruppe in Schweden. Weiterhin sollen religiöse Freischulen mehr Autonomie gegenüber staatlichen Kontrollen bekommen.

Das Thema Israel und Palästina läßt sich nicht eindeutig einem Cluster zuordnen. NYANS befürwortet eine diplomatische Distanzierung sowie Boykottmaßnahmen gegenüber Israel und meint, daß Israel angesichts der Unterdrückung der Palästinenser keine echte Demokratie ist. Die doppelten Standards Schwedens und der Welt gegenüber Ukraine und Palästina werden kritisiert.

Der Vergleich der offiziellen Internetseit mit den offiziösen Beiträgen in den sozialen Medien zeigt Differenzen. Etliche Themen der Internetseite finden sich nicht in den sozialen Medien, oder sind kaum vertreten: Afrophobi, Wohnungen, EU, Wirtschaftsunternehmen, Ordnung & Sicherheit, Rente, Rentenbesteuerung, Gesundheit. Die Internetseite fungiert damit eher als Außendarstellung, und gibt nicht so sehr die interne Meinungsbildung wieder. Die Beiträge in den sozialen Medien können dagegen besser auf gesonderte Wählergruppen fokussieren.

'Erdogans langer Arm' ist in der schwedischen Internetdarstellung wenig sichtbar, allerdings gab es Versuche von NYANS, in der Türkei Wähler und Unterstützung zu mobilisieren.

Die Ausgangsfrage der Studie - das Verhältnis von NYANS zur liberalen Demokratie - beantworten die Autoren so, daß nach den Kriterien von R. Dahl keine Widersprüche zu erkennen sind.

Allerdings geben die Autoren zu bedenken, daß die Kriterien von R. Dahl möglicherweise die schwedische Demokratie nicht präzise umreissen. So ist für die schwedische Demokratie das Vertrauen in die staatlichen Behörden und das Recht auf die freie Meinungsäußerung von grundlegender Bedeutung. Gegen diese beiden Säulen der Demokratie opponiert NYANS. Die Autoren weisen auch darauf hin, daß NYANS bei der Parlaments- und Kommunalwahl Wahlfälschungen behauptet hat. Auch das ist geeignet, Vertrauen zu zerstören.

#sverige #schweden #deutschland #tyskland #nyans #sverigedemokraterna #schwedendemokraten #afd

benedict16b@despora.de

Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei herungergeladen werden):
André Nord: "Partiet Nyans ideologiska motvilja", (Linné universitet, 2023)

In der Studie wird das ideologische Profil der vor einigen Jahren gegründeten Partie "NYANS" untersucht. Der Gründer dieser Partei, Mikael Yüksel, gehörte früher der Zentrumspartei an, wurde aber der Zusammenarbeit mit den türkischen "Grauen Wölfe" verdächtigt und aus der Partei ausgeschlossen.

Die Partei NYANS bestreitet, ideologisch oder islamistisch orientiert zu sein. Beide Aussagen stehen im Widerspruch zu der öffentlichen Wahrnehmung, bzw den Zuschreibungen. Yüksel verweist auf das politwissenschaftliche Modell ideologischer Konvergenz, wonach die ideologischen Positionen der Parteien sich immer ähnlicher werden. NYANS sieht er als Versuch, der bestehenden schwedische Politik neue Nuancen zu geben.

In der Wahl 2022 war diese Partei die größte der im Landesparlament nicht vertretenen Parteien. Möglicherweise war ihr relativer Wahlerfolg der Grund, weshalb die Sozialdemokratie zusammen mit ihren Bündnispartnern die erforderliche Stimmenanzahl verfehlte. Weiterhin gelang es NYANS, drei Mandate in Kommunalvertretungen zu gewinnen.

Der Zustrom von muslimischen Migranten nach Schweden und Westeuropa führt zu einer stärkeren Aufmerksamkeit für die Rechte von Minderheiten und deren Integration. Neben NYANS wird als Beispiel DENK in den Niederlanden genannt, ebenfalls mit einem türkischen Gründer und mit einem Hintergrund in der Sozialdemokratie.

Nach Eigendarstellung sind DENK und NYANS Türkei-freundlich, antirassistisch, für Minoritäten und für eine offene, tolerante Gesellschaft. Der Erfolg von DENK wird erklärt durch die Indifferenz der alten Parteien in den NL gegen die Gruppe muslimischer Wähler, den schleichenden Rechtsruck und die säkularen Positionen dieser Parteien.

Desgleichen werden diese Wähler durch LGBTQ & Co. abgeschreckt, ohne daß für diese konservativen Wähler aus der Türkei und Marokko die konservativen Parteien mit ihrer Migrations- und Islamkritik eine Alternative wären. Umgekehrt gilt DENK als die migrationsfreudigste Partei.

In dem GAL-TAN-Schema wird DENK als überwiegend konservativ, traditionell, autoritär und nationalistisch eingestuft, im Gegensatz zu "Grün, alternativ und liberal". Auf der ökonomischen Skala dagegen eher liberal. Der Autor beklagt, daß für die schwedische NYANS keine vergleichbaren Informationen vorliegen.

Zurück nach Schweden und zu NYANS:
In der noch jungen Geschichte von NYANS wird vermerkt, daß sie 2022 zusammen mit Extremisten und Islamisten eine Desinformationskampagne gegen Schweden vorangetrieben hat. Es wurde behauptet, daß die Behörden muslimische Kinder kidnappen und in Kinderheimen einsperren. Daraus folgte eine bedrohliche Sicherheitslage in Schweden und für schwedische Auslandsvertretungen und -Einrichtungen.

Für seine Studie untersucht der Autor die seiner Meinung nach in Schweden dominanten Ideologien SOZIALISMUS, LIBERALISMUS, KONSERVATIVISMUS, NATIONALISMUS, FEMINISMUS in ihrer Beziehung zu dem Parteiprogramm von NYANS. Dazu kommen die nach seiner Meinung unbedeuterenden Ideologien ISLAMISMUS und IDENTITÄTS-POLITIK.

Jede dieser Ideologien wird durch "Dimensionen" detailliert, in denen grundlegende Fragen von der jeweiligen Ideologie geklärt werden: NATUR_DES_MENSCHEN, FREIHEIT, STAAT, MARKT, WICHTIGSTE_BAUSTEINE_GESELLSCHAFT. Allerdings gelten diese Dimensionen nur für die angegebenen dominanten Ideologien.

Für die beiden verbleibenden Ideologien Islamismus und Identitätspolitik werden die eben genannten Dimensionen ersetzt durch: (Islamismus) ISLAMISCHER_STAAT, SHARIA_GESETZE, REVOLTE_GEGEN_WESTEN, FUNDAMENTALISMUS. Und (Identitätspolitik) STÄRKUNG_GEWISSER_SOZIOKULTURELLER_GRUPPEN, GLEICHBEHANDLUNG_ANSTELLE_CHANCENGLEICHHEIT, FOKUS_MINDERHEITENRECHTE.

Der Grund für die unterschiedlichen Dimensionen der beiden Ideologie-Gruppen liegt darin begründet, daß mit ökonomischen und politikwissenschaftlichen Modellen der Islamismus und die Identitätspolitik nur unzureichend beschrieben werden kann.

Mit dieser Struktur meint der Autor, auf systematische und reproduzierbare Weise die Position von NYANS analysieren zu können.

Für die empirische Auswertungen werden die Internetseite der Partei und Interviews in Medien zu insgesamt 81 politischen Themen herangezogen. Die dort gefundenen Aussagen werden mit den Merkmalen der etablierten Ideologien verglichen, ohne daß die Partei selbst ein ideologisches Programme formuliert.

Als Resultat stellt der Autor fest, daß trotz Fehlens eines expliziten, begründeten Parteiprogramm das von ihm verwendete Analyseschema über die 81 Themenbereiche ein konsistentes Ergebnis liefert. Demnach hat NYANS ideologisch die meisten Gemeinsamkeiten mit der Identitätspolitik.

In der Studie wird noch angemerkt, daß die Einstufung von Identitätspolitik als Ideologie umstritten ist. Sie dient eher zum Verständnis von Unterdrückung und Marginalisierung. Überdies kann es Überschneidungen geben, z.B in Gestalt feministischer Identitätspolitik.

Wenn jeodch Identitätspolitik eher als Strategie, Analysemethode oder Aktivismus betrachtet wird - und nicht als Ideologie - dann liefert die Studie als Resultat, daß NYANS die engste Bindung zur Ideologie des Liberalismus hat. Deutlich bei der Betonung von Individualismus und individueller Perspektiven.

Dagegen gibt es wenig Verbindung von NYANS mit dem Staatsverständnis der sozialistischen Ideologie, der Akzeptanz von Segregation wie bei der nationalistischen Ideologie oder der Wertschätzung von Zivilgesellschaft und Kameraüberwachungen wie bei der konservativen Ideologie.

Der Autor kann nur wenige Berührungspunkte von NYANS mit der Ideologie des Islamismus entdecken, höchstens im Zusammenhang mit der Kritik der Gotteslästerung. Allerdings, so der Autor, gibt es auch Konservative, die z.B Fahnenverbrennungen ablehnen, aber trotzdem für die Meinungsfreiheit sind.

Zum Schluß wird noch das Engagement von NYANS für die Rechte von Minoritäten, besonders von muslimischen Minoritäten erwähnt. NYANS spricht sich dabei u.a. für positive Diskriminierung und Kvotierung aus. Auch soll die Selbstorganisation und Selbstrepräsentation in diesem Bereich anerkannt werden. Insgesamt erfüllt NYANS damit alle Kriterien der identitätspolitischen Ideologie.

Die Frage der Verbindungen NYANS zu den türkischen Grauen Wölfen wäre nach Meinung des Autors für zukünftige Untersuchungen interessant. Er meint, daß das Fehlen eines starken Nationalismus bei NYANS gegen die These des "Islamo-Faschismus" spricht.

Auch wäre die Untersuchung der Wählerbasis von NYANS interessant.

In der Studie werden die Positionen von NYANS zu den einzelnen Dimensionen der Ideologien skizziert. Zum Beispiel Freiheit, Markt, Staat, ... In dieser Zusammenfassung werden Ausführen darüber weggelassen.

#sverige #schweden #deutschland #tyskland #nyans #sverigedemokraterna #afd #bsw

benedict16b@despora.de

Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):
M. M. Mohammadi: "En växande väljargrupp. En kvantitativ studie av Sverigedemokraternas sympatisörer med utländsk och utomeuropeisk bakgrund", (Uppsala Unviversitet, 2024)"

Ausgangssituation der hier zusammengefaßten Studie ist der kontinuierlich wachsende migrantische Bevölkerungsanteil in Schweden, und parallel dazu die zunehmende Akzeptanz der rechtspopulistischen Partei der Schwedendemokraten (SD), die für ihre migrationskritische Positionen bekannt ist.

In der Studie werden die Unterschiede zwischen Migranten untersucht, die Symphatien für die rechspopulischen Schwedendemokraten (SD) haben, im Vergleich zu jenen, die andere politische Parteien präferieren.

In früheren Untersuchungen werden die SD-Symphatisanten folgend charakterisiert: geringqualifiziert, einwanderungskritisch, männlich, aus der Arbeiterschicht oder arbeitslos, weiß-schwedisch, mit einer "anti-Establishment"-Haltung, oft aus ländlichen Gegenden.

Nach der Parlamentswahl 2014 kam es nicht nur zu einem sehr deutlichen Stimmenzuwachs bei den Schwedendemokraten, sodern auch zu einer Angleichung der Wählerstruktur an den Bevölkerungsdurchschnitt, allerdings weiterhin mit Überrepräsentation der Arbeiter, Unterrepräsentation von Angestellten.

Der Fortgang der Wahlerfolge der SD führte von der urspünglichen Ausgrenzungstrategie der anderen Parteien zu Formen der Kooperation bei der parlamentarischen Arbeit und Regierungsbildung. Die Wähler der SD sind jetzt keine Protestwähler mehr.

Generell gibt es die Regel, daß die schwedische Linkspartei und die Sozialdemokraten den größten außereuropäischen migrantischen Wähleranteil haben. Linkspartei und Sozialdemokraten werden von den meisten außereuropäischen Migranten gewählt.

Die Untersuchung stützt sich auf die Nachwahl-Befragungen "VALU" des schwedisch-öffentlichen Fernsehens SVT. Demnach haben 16 % der ersten Einwanderungsgeneration 2022 für SD gestimmt, bei der zweiten Generation waren es 22% [ca. Bevölkerungsdurchschnitt]. Migranten von außerhalb der EU stimmten mit ca. 14 % für die SD.

Der Studienautor betont die Bedeutung der Sozialisierung auf das Wahlverhalten. Sozialisierung durch die Eltern, gegebenfalls im Ursprungsland; (Um-)sozialisierung in Schweden durch die Lebensumgebung, Schule, Arbeitsplatz. Allerdings auch durch die Wahrnehmung von Segregation und sozioökonomischer Unterschiede.

Die Auswirkungen der Sozialisierung, die i.a. über lange Zeiträume das Wählerverhalten prägen, finden ihre Begrenzung durch kurzzeitige Verhaltensänderungen, die mit Individualismus, wechselnden Politikerpräferenzen und aktuellen Sachfragen zu zun haben.

Weiterhin spielen soziale Grenzlinien eine Rolle. Beruf-, Ausbildung-, Einkommen-, Wohnort-, Ort der Kindheit tragen zu dem politischen Wählerverhalten bei. In Schweden ist besonders ausgeprägt der Beruf. Und schließlich auch die ideologische Prägung.

Für Migranten kommt noch die Prägung durch das Ursprungsland - Werte und politisches System - sowie die Aufenthaltsdauer im Zielland hinzu.

Der Autor beschreibt, wie er zur Durchführung der Studie sich sowohl der deskriptiven Statistik, wie auch der bi- und multivariaten Regressionsanalyse bedient.

Nach seiner Definition ist für den Studienverfasser ein Ausländer eine Person, die entweder selbst im Ausland aufgewachsen ist, oder dessen beide Eltern. Damit soll dem Faktor der Sozialisierung besser Rechnung getragen werden.

Der Autor beklagt, daß für seine Untersuchung nur wenige Daten zur Verfügung stehen, besonders was außereuropäische Migranten betrifft. Dazu kommt das Problem, daß die Daten nicht zwischen der Herkunftsregion außereuropäischer Migranten unterscheiden.

In der Untersuchung wird dem gesellschaftlichen Vertrauen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Der Autor beschränkt sich auf das Vertrauen gegenüber Behörden, weil dort seiner Meinung nach die intensivste Beziehung zu den Bürgern vorherrscht.

Deskriptive Statistik:
Im Ergebnis wird festgestellt, daß SD-Wähler mit Migrationshintergrund weniger Vertrauen zu Politikern und Behörden haben, und sich mehr als Nationalisten und rechtsgerichtet sehen. Die Ablehnung der Aufnahme von Flüchtlingen ist stärker als bei den Wählern anderer Parteien.

Im Wesentlichen trifft das auch für außereuropäische Wähler zu, die überdies eine etwas geringere Berufsqualifikation aufweisen. In beiden Migrantengruppen sind Arbeiter stärker vertreten als bei den Wählern der anderen Parteien. Die Kritik gegenüber der Aufnahme von Flüchtlingen ist ebenfalls beiden Gruppen gemeinsam.

Zusätzlich werden in der Studie bivariate Regressionsanaöysen für jede unabhängige Variabel durchgeführt:
Für Migranten allgemein finden sich die gleichen Ergebnisse wie mit der deskriptiven Statistik. Die Faktoren, die mit einer Wahlpräferenz für die SD korrellieren: geringes Vertrauen, politisch rechts, Nationalismus, Kritk an Flüchtlingsaufnahme, geringere Berufsqualifikation, Tätigkeit als Arbeiter. Zusätzlich wird hervorgehoben, daß niedriges Einkommen oft mit einer Wahlpräferenz für die Schwedendemokraten verbunden ist.

Die Ergebnisse für außereuropäische Migranten sind: geringes Vertrauen, Orientierung politisch nach rechts und Kritik an der Aufnahme von Flüchtlingen. Dagegen spielen Nationalismus und die Berufsqualifikation bei der Gruppe außereuropäischer Migranten keine herausgehobene Rolle.

Es wird eine Verbindung hergestellt zu dem durchgängigen Befund eines geringen Behördenvertrauens und der der Sozialisierungstheorie. Demnach haben Personen, die im Ausland aufgewachsen sind, typisch ein geringeres Vertrauen. Diese Einstellung wird oft an die zweite Generation weitergegeben.

Umgekehrt können sich durch die späteren Sozialisierungsphasen in der Schule und am Arbeitsmarkt die politischen Einstellungen und Parteipräferenzen verändern und an die übrige Gesellschaft angleichen. Allerdings machen sich dabei auch Effekte der Arbeitsmarktkonkurrenz mit Flüchtlingen bemerkbar, weil die Wähler der extremen Rechte oft einen niedrigeren ökonomischen Status haben.

Die Ergebnisse der multivarianten Regressionsanalyse modifizieren einige dieser Ergebnisse, werden aber hier nicht zusammengefaßt.

#sverige #schweden #deutschland #tyskland #sverigedemokraterna #afd

benedict16b@despora.de

Neulich im Internet entdeckt (der Text kann frei heruntergeladen werden):
Viktor Bergesen: "RÖSTAR INVANDRINGSKRITISKA INVANDRARE OCKSÅ PÅ INVANDRINGSKRITISKA PARTIER? En kvantitativ studie av personer med invandrarbakgrunds röstning invandringskritiska partier", (Göteborgs Universitet, 2023)

Seit den 1980er Jahren nimmt die Migration zu. Migrantische Gemeinschaften bekommen zunehmend politische Relevanz. Ca. 15% der Schweden haben einen außereuropäischen Hintergrund. Das Interesse an dem Politikverhalten dieser Gruppe wächst.

Gegenwärtig unterstützen ca. 10% der außereuropäischen Migranten die als rechtsextrem und migrationskritisch angesehenen Schwedendemokraten. Über die Jahre gab es fast kontinuierlich eine Zunahme der Zustimmungswerte.

Mit dem Vordringends rechtsextremer Parteien hat diese schwedische Untersuchung Relevanz auch für Deutschland, Frankreich und Italien. Allerdings ist das Forschungsgebiet gegenwärtig noch unterentwickelt.

Die Tendenz von Migranten, eher links zu wählen, wird mit dem Klassenansatz durch die Zugehörigkeit zu einer niedrigeren Klasse erklärt. Allerdings kaum treffsicher bei Migranten mit unterschiedlichem Bildungsniveau.

Es wurde gezeigt, daß gut integrierte Mitglieder der ersten / zweiten Migrantengeneration sich oft in der Ablehnung der Migration kaum von einheimischen Mitgliedern der "in-Gruppe" unterscheiden.

Es wird beobachtet, daß mit dem Wechsel aus einer Mehrheitsgruppe im Herkunftsland zum Zielland und einer Verschlechterung der sozialen / wirtschaftlichen Verhältnisse sowie einer niedrigeren Stellung in der ethno-Hierarchie sich das Wahlverhalten von rechtsextrem zu links verändert.

Ein weiteres Phänomen ist das "ethnische Absitmmungsverhalten": Es wird für Vertreter der eigenen Ethnie gestimmt. Wenn diese dem linken Spektrum zugehören, ergibt sich daraus ein allgemeines linkes Wahlverhalten in der Gruppe.

Rechtsextremes Wahlverhalten.
Nach dem ethnischen Konkurrenzmodell ist die Angst vor Konkurrenz auf dem Arbeits- Wohnungs- Heiratsmarkt und staatlichen Wohlfahrtsleistungen bestimmend. Besonders gering qualifizierte Personen sind dafür anfällig; wird postuliert.

Risiko-Modell: Die Angst vor Einkommens- und Arbeitstellenverlust durch Migration. Typischerweise greift die Betroffenheit auf alle Mitglieder eines Haushalts über.

Bedrohungsmodell: Gruppen mit niedrigem sozialen Status und einer Stellung auf unteren Stufen der ethnischen Hierarchie werden als Bedrohung wahrgenommen. Begünstigt wird das durch wenige Kontakte zwischen den Gruppen.

Es gibt Anzeichen, daß rechtsextremes Wahlverhalten in Migrantengruppen durch das Konkurrenzmodell teilweise beschrieben werden kann. Oft dominieren Berufsgruppen mit niedrigen Anforderungen an Ausbildung und sozialem Kapital.

Ethnische Konkurrenz ist ein anderer Erklärungsansatz. Das Bestreben, die eigene Stellung in der ethnischen Hierarchie zu erhalten. Insgesamt bekommen traditionelle Regeln über gut-schlecht, oben-unten eine neue Komplexität. Konkurrenz, Unsicherheit und Neid.

Die Integration von Migranten in die Mehrheitsgesellschaft, beispielsweise durch gute Sprachkenntnisse, kann zu der Übernahme eines rechtsextremen Wahlverhaltens in einer migrantischen Gruppe führen.

Erfolg rechtsextremer Parteien.
Zum Beispiel durch Distanzierung von Rassismus & Radikalität. Zugang zu breiteren Wählerschichten anstelle der früher engbegrenzten rechtsradikalen Milieus. Mit der Akzeptanzverbesserung wird die Abgenzungstrategie der traditionellen Parteien erschwert und die Übernahme rechtsextremer Positionen befördert. Weitere Akzeptanzverbesserung und Etablierung eines übergreifenden rechtsextremen Diskurses.

Die Untersuchung stützt sich auf die Nachwahl-Befragung "VALU" des schwedischen öffentlichen Fernsehens SVT. Der Autor beklagt, daß die Gruppe der außereuropäischen muslimischen Wähler schwierig ist zu befragen; und den Mangel statistischen Materials.

Die Auswertung erfolgt mit der Methode der linearen Regression "OLS", und - sachlich besser angepaßt - mit der Methode der logistischen Regression. Signifikanz-Niveau ist bei den üblichen 0.05 .

Vertiefend werden bei beiden Analysemethoden der Einfluß der "Kontrollvariablen" Geschlecht, Alter, Ausbildung und Arbeitsmarktsituation mit berücksichtigt. Getestet wird auf die Hypothesen Einwanderungskritisch -> Wahl von Schwedendemokraten (H1), und außereuropäischer Hintergrund -> Wahl von Schwedendemokraten (H2).

Im Ergebnis wird festgestellt, daß bei einer kritischen Einstellung zur Einwanderung ein Migrant mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 40% für die Schwedendemokraten votiert, nahezu unabhängig von den Kontrollvariabeln.

Bei einem außereurpäischen Hintergrund ist die Wahrscheinlichkeit für die Schwedendemokraten-Option um ca 1/3 niedriger. Jedoch ist bei Berücksichtigung der Kontrollvariabeln diese Abnahme weniger eindeutig.

Die Untersuchung erfolgt vor dem Hintergrund, daß nach der schwedischen Statistikbehörde SCB ca. 10 Prozent der Einwanderer mit den Schwedendemokraten symphatisieren. [eher etwas mehr]. Damit stellt sich die Frage, inwieweit die gesellschaftliche Integration von Migranten in Ländern mit einer starken Einwanderung zukünftig rechtsextreme Parteien begünstigen wird.

#sverige #schweden #deutschland #tyskland #sverigedemokraterna #afd