One person like that
1 Shares
Der Anarchismus als historische Bewegung ist gescheitert. Er ist aufgestanden, hat weiter gekämpft und ist wieder gescheitert. Es ist leicht, heutige AnarchistInnen als lebenden Anachronismus, als Kuriosum auf Beinen oder moderne Don Quijotes zu betrachten. Menschen, die nichts aus der Vergangenheit gelernt haben, gestrigen Theorien anhängen und gegen Windmühlen ankämpfen.
Diese Einschätzung verbindet zwei einander sonst antagonistisch gegenüberstehende Perspektiven; die eine hat sich bereits mit der falsch eingerichteten Welt arrangiert, wurde von der Macht des falschen Scheins kapitalistischer Ideologie und Reklame überwältigt – und kann nicht einmal mehr denken, dass es anders sein könnte; die andere verwirft ihn als naiv und individualistisch, sie will zwar das bessere Morgen, kann es aber nur als gelenkte, geleitete Bewegung denken – sie traut den Menschen, für deren Befreiung sie eintreten will, nicht über den Weg.
Dass die anarchistische Geschichte eine des Scheiterns ist, und AnarchistInnen dazu neigen ihren Mythen nachzuhängen, mithin in der Vergangenheit zu leben, ist unbestreitbar. Aber die Notwendigkeit der Revolution ist größer denn je und der Anarchismus liefert die praktische Antwort auf die Frage nach der Alternative zur falsch eingerichteten Welt. Und dass seine Geschichte eine des Scheiterns ist, heißt auch, dass man aus ihr lernen kann – nicht zuletzt, wie Menschen mit Macht tausendfach über Leichen gehen, um diese Macht zu erhalten.
Wie der Marxismus hat der Anarchismus seine Wurzeln im Liberalismus, um genau zu sein in der Enttäuschung über die nicht eingelösten Versprechen des Liberalismus. Mit Blick auf das Verhältnis von negativer und positiver Freiheit hat der Anarchismus immer auch die Relevanz negativer Freiheit betont, während der Marxismus stärker auf positive Freiheit abhebt. Wegen dieses Fokusses haben sich auch individualistische und reaktionäre Tendenzen ausbilden können, nichtsdestoweniger ist der Anarchismus ebenso wie der Marxismus aus und im Umfeld der sozialistischen ArbeiterInnenbewegung entstanden. Dabei ist es das vermeintlich zu positive Menschenbild, das ihm den Ruf der Naivität eingebracht hat – drängt sich die Frage auf, für wen man denn diese Revolution machen sollte, wenn man ein schlechtes Bild vom Menschen hat?
Der Anarchismus bezieht seine Ideen durchaus aus unterschiedlichen theoretischen Richtungen, die nicht immer völlig im Einklang miteinander stehen. Eine gelungene Vermittlung kann uns jedoch ein theoretisches Verständnis davon geben, wie eine Welt errichtet werden kann, in der das Individuum nicht dem Kollektiv untergeordnet und umgekehrt das Kollektiv nicht nivelliert wird.
Wie dieses Verständnis aussehen kann, darüber streitet die Redaktion Tsveyfl.
https://www.youtube.com/watch?v=rJI0wTYtr1E
#Hintergrund #Anarchismus #Bestandsaufnahme #Perspektiven #Tsveyfl #Kantine-Sabot #2023-08-20 @Anarchismus
Gerade in der BRD hatte und hat der Anarchismus einen schweren Stand. Dies zeigt sich an der überschaubaren Anzahl von Gruppen und Einzelpersonen, welche sich aktiv zu ihm bekennen, ebenso wie an der verbreiteten Unkenntnis anarchistischer Theorie selbst in linken Szenen. Die Gründe dafür liegen in seiner unterbrochenen Geschichte, in der traditionellen Dominanz parteikommunistischen Denkens, den Vorurteilen über den Anarchismus, aber auch an dessen Organisationsschwierigkeiten.
Dagegen wird ungefähr einmal pro Jahrzehnt erneut postuliert, dass der Anarchismus im Aufschwung wäre. Er reitet auf den Wellen sozialer Bewegungen im Nachgang der 68er-Bewegung, über die Anti-Globalisierungsbewegung bis hin zu zeitgenössischen feministischen, antirassistischen und Klimagerechtigkeitsbewegungen.
Wie kann diese merkwürdige Gleichzeitigkeit von Marginalität und Popularität anarchistischer Gruppierungen und Perspektiven erklärt werden? In welchen sozialen Bewegungen waren Anarchist*innen in den letzten Jahren aktiv? Vor welchen Herausforderungen steht der real-existierende Anarchismus im Hier&Jetzt? Und welche Bedeutung und Potenzial kann er realistischerweise im 21. Jahrhundert gewinnen?
https://www.youtube.com/watch?v=5HW89bvvWvc
#Hintergrund #Anarchismus #Bestandsaufnahme #Perspektiven #Jonathan-Eibisch #Kantine-Sabot #2023-08-20 @Anarchismus
This talk will provide an overview the two main phases of anarchism and revolutionary syndicalism in Africa. The focus will be on southern Africa, and North Africa, but there will be some mention of developments in the eastern and western regions. Tracing the African history of the anarchist/ syndicalist current from the 1860s onwards, it will pay close attention to how it was shaped by the larger context as well as by specific national and regional dynamics. The first phase, from the 1860s-1930s, developed against the larger backdrop of Western colonial expansion, and an early epoch of globalisation; the second phase, from the 1990s onwards, started in the wave of struggles against authoritarian African regimes, and the onset of neo-liberal globalisation.
The talk will outline some of the major themes in the history of the movement and some of the most significant developments. It will pay close attention to its engagements with popular, especially working-class, movements, how it dealt with issues of imperialism, race, and nation – and the different positions taken over time on the issue of whether earlier African cultures had libertarian or anarchistic elements. Countries mentioned include Algeria, Angola, Egypt, Kenya, Lesotho, Mozambique, Namibia, Nigeria, Sierra Leone, Swaziland (eSwatini), Tunisia, Zambia, and Zimbabwe.
https://www.youtube.com/watch?v=kE6L0cPnn24
#Hintergrund #englisch #Afrika #Anarchismus #Syndicalismus #Lucien-van-der-Walt #Kantina-Sabot #2023-08-20 @Anarchismus
Karl Marx hat keine Theorie des Staates ausgearbeitet. Die von Friedrich Engels formulierte Erklärung, dass die Spaltung von Gesellschaften in Klassen die Entstehung gesonderter Herrschaftsapparate notwendig gemacht habe, war in den sozialistischen Debatten des 19. Jahrhunderts gegenwärtig. Im Marxismus-Leninismus wurde sie politisch sanktioniert. Während dieser überhistorische Gesetze für die Entwicklung der Menschheit unterstellte, sind Marxistinnen und Marxisten seit den 1920er Jahren zunehmend bestrebt, die historisch besonderen Merkmale kapitalistischer Staatsgewalt zu erfassen. Die seither entwickelten Konzeptionen unterscheiden sich zwar erheblich voneinander, beziehen sich aber alle auf die Staatsgewalt in Gesellschaften, in denen Kapitalismus schon lange dominant ist. Für die Analyse der besonderen Merkmale postkolonialer und postsowjetischer Staatsgewalt gibt es bislang kaum historisch-materialistische Ansätze.
https://www.youtube.com/watch?v=3yxZU3GiC_4
#Hintergrund #Staat #Staatlichkeit #Materialistische-Staatskritik #Staatstheorie #Kommunismus #Marxismus #Anarchismus #Heide-Gerstenberger #2023-08-20 @Anarchismus
Die Etikettierung verschiedener Strömungen der Arbeiterinnenbewegung als Anarchismus oder Kommunismus war zur Zeit der Pariser Kommune (März-Mai 1871) noch nicht üblich. Dennoch spielten die Themen, die zu einer Spaltung der Ersten Internationale in einen “marxistischen” und einen “bakunistischen” Teil führten, auch in diesen Wochen bereits eine Rolle und wurden auf eine konkrete Bewährungsprobe in dieser politischen Ausnahmesituation gestellt.
Der Vortrag zeigt diese Debatten am Beispiel der unterschiedlichen Aktivitäten von Frauen in der Pariser Kommune auf etwa der Kontroversen zwischen der eher “marxistisch” orientierten Union des Femmes unter der Führung von Elisabeth Dmitrieff und des eher “anarchistisch” geprägte Widerstandskomitees Montmartre, wo Persönlichkeiten wie die Schriftstellerin André Léo oder die Aktivistin Paule Minck aktiv waren. Heiligt der Zweck die Mittel? Auf welche Weise sind feministische und sozialistische Argumentationen verbunden (oder auch nicht)? Warum wandte sich Louise Michel nach den Erfahrungen der Kommune von der Machtpolitik ab und dem Anarchismus zu? Am Beispiel der Pariser Kommune wo die Konfliktlinien zwischen widerstreitenden Strategien der Arbeiterinnenbewegung verliefen.
https://www.youtube.com/watch?v=SGRNRQMF40s
#Hintergrund #Pariser-Kommune #Anarchismus #Kommunismus #Feminismus #ArbeiterInnenbewegungen #Antje-Schrupp #Kantine-Sabot #2023-08-20 @Anarchismus
In der Zwischenkriegszeit gründeten sowohl in Deutschland als auch in Spanien Anarchistinnen eigene Frauenorganisationen mit vielen Ortsgruppen: in Deutschland 1920 den Syndikalistischen Frauenbund, in Spanien kurz vor Beginn des Spanischen Bürgerkriegs 1936 die Mujeres Libres (Freie Frauen).
Diese beiden Gruppen werden zunächst vorgestellt. Danach wird auf den Anarchafeminismus in den 1970ern eingegangen. Auch heute sind die Gründe für eine anarchafeministische Bewegung noch aktuell. Warum eine Verbindung dieser beiden Kämpfe – anarchistisch und feministisch – heute noch so wichtig ist und welche emanzipatorischen Impulse durch Intersektionalität (Wechselwirkung verschiedener Herrschafts- bzw. Unterdrückungskategorien) sowie den Blick über den eurozentrischen Tellerrand gewonnen werden, können wir im Anschluss gemeinsam diskutieren.
https://www.youtube.com/watch?v=UsxvaC_31qI
#Hintergrund #Frauen #Anarchismus #Anarchafeminismus #Historie #Vera-Bianchi #Kantine-Sabot #2023-08-20 @Anarchismus
Quelle : https://www.hintergrund.de/kurzmeldung/ich-spende-mal-ein-bisschen-geld-und-esse-woke/
Sie haben wahrscheinlich noch nie in ein Buch von Karl Marx reingeschaut, ins „Kapital“ oder auch mal ein Buch von Lenin gelesen oder auch deutsche Klassiker. Das ist eher ein Denken auf der Ebene von „Ich fühl mich gut, wenn ich sagen kann, ich bin links und spende mal ein bisschen Geld und esse woke“.
Die Linkspartei wird zunehmend als eine Partei wahrgenommen, die eben nicht mehr die soziale Frage erkennbar in den Mittelpunkt stellt. Die eben nicht mehr die Friedensfrage, die auch noch neu interpretiert wird, in den Mittelpunkt stellt, sondern Themen, die Individuen oder kleine soziale Gruppen betreffen, aber nicht die Gesamtheit oder die Mehrheit der Bevölkerung.
Es gibt eine neue Welle von Mitgliedern, die ganz andere, nämlich linksliberale Schwerpunkte setzen. Das ist der Grund dafür, dass die Partei sich insgesamt in eine Richtung verändert hat, die eben nicht mehr den Großteil der Gesellschaft anspricht.
Wenn ein Ministerpräsident Bodo Ramelow sagt, Putin vollzieht das, was Hitler noch nicht geschafft hat. Das zeugt ja nicht nur von Geschichtsrelativierung. Das heißt, ein Ramelow hat überhaupt keine Ahnung, von was er überhaupt redet. Aber er nimmt solche Begriffe in den Mund. Das wirkt, es kommt an. Auch Teile der Partei und vor allem die Medien nehmen es besonders gerne auf, da es dem antiaufklärerischen Zeitgeist entspricht.
Die Menschen in dieser Partei müssen begreifen, man sollte nicht einer Institution gegenüber loyal sein, sondern einem Programm, einer ideologischen und ideellen Orientierung. Und wenn man das ist, dann ist es schwer mit dieser Partei, die Die Linke jetzt darstellt, noch konform zu gehen.
Wenn aber der Laden von innen faul ist, dann sind die Angriffe von außen nur der Rest, dessen es bedarf, um den Laden zugrunde zu richten.
#Deutschland #Politik #Linke #Interview #Neu #hintergrund #Gesellschaft #Debatte
Makabre Inszenierungen, Beleidigungen und offene Kritik an russischen Generälen auf Telegram – Jewgeni Prigoschin gibt sich furchtlos. Der Geschäftsmann, ehemalige Häftling und Anführer der mächtigen Privatmiliz Wagner ist einer der Hauptakteure im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wonach strebt Prigoschin und wie weit reicht sein Einfluss?
https://www.arte.tv/de/videos/113043-051-A/prigoschin-putins-bester-feind/