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mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

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Wir verstehen uns als Linke in der Friedensbewegung; nicht, um uns von anderen abzugrenzen, vielmehr um uns kenntlich zu machen. Friedenspolitische Grundsätze sind für uns: Antimilitarismus, internationale Solidarität und ein Antifaschismus [...] In unserem Engagement für den Frieden blicken wir auch auf Besitz- und Machtverhältnisse, auf geostrategische Interessen, wir analysieren soziale Gleichheit bzw. Ungleichheit hierzulande und weltweit. (unter 8.)

Warum die Friedensbewegung nicht „rechtsoffen“ ist

Thesenpapier der Initiative Frieden-links (4.4.2023):

Das einigende Band der Friedensbewegung ist die Kritik an Militarismus und Krieg. Auf dieser Grundlage bietet sie Raum für Menschen in ihrer je eigenen bunten Vielfalt von Haltungen und/oder Überzeugungen, darunter etwa konservative oder kommunistische, christliche oder atheistische, anarchistische, bürgerlich-liberale, ökologische, pazifistische und viele andere mehr.

Seit ihrer Herausbildung als „moderne“ Friedensbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird sie von den Kriegstreibern und Militaristen politisch verfolgt, diffamiert als Vaterlandsverräter, als ferngesteuert oder fünfte Kolonne des gerade aktuellen „Feindes“, als naiv, sich der Realität verweigernd, politikunfähig. Die Diffamierung als „rechtsoffen“ (darunter auch „Querdenker“ oder „Antisemiten“) ist jüngeren Datums, aber sie erzielt durchaus Wirkung. Mit ihr setzen wir uns in diesen Thesen auseinander.

  1. Die Friedensbewegung als breites gesellschaftliches Bündnis war immer geprägt von einer Vielzahl unterschiedlicher Analysen und Meinungen zu friedenspolitisch relevanten Fragen. Kontroversen – wie aktuell in der Bewertung von Vorgeschichte und Hintergründen des Ukraine-Krieges – stehen aber gemeinsamen, prägnanten Forderungen nicht entgegen.

  2. Die Friedensbewegung war schon immer Diffamierungen ausgesetzt. Neu ist gegenüber früher, dass dieses bei uns durch Kräfte aus Organisationen erfolgt, die bisher in der Friedensbewegung verwurzelt waren. Damit werden innerhalb von großen Mitgliedsorganisationen tiefgehende Widersprüche provoziert, da in ihnen zugleich nach wie vor Menschen aktiv sind, die Stigmatisierung und Ausgrenzung ablehnen. Dasselbe gilt für wichtige Partner der Friedensbewegung, wie Gewerkschaften oder kirchliche Kreise.

  3. Der Hintergrund dieser Entwicklung ist der enorme Druck, den die herrschenden Eliten und ihre Medien auf friedensliebende Kräfte jeglicher Art ausüben. Sie engen den Debattenraum auf erschreckende Art und Weise ein und drohen vom Mainstream abweichenden Meinungen mit Strafen und Berufsverboten.

  4. Aus Sicht der NATO will und muss der Westen den Krieg in der Ukraine gewinnen. Zu Beginn des Krieges mag das noch anders gewesen sein, aber inzwischen geht es den NATO-Falken und ihrem militärisch-industriellen Komplex um die Aufrechterhaltung ihrer Dominanz in der Welt; sie wollen die (Zeiten-)Wende von einer unipolaren zu einer multipolaren Welt brechen, mindestens jedoch aufhalten. Das begründet ihre Feindschaft und Unversöhnlichkeit gegenüber allen Kräften, die auf Diplomatie, Kompromisse, Abrüstung setzen.

  5. In der deutschen Politik hat die Zeitenwende bereits 1999 stattgefunden, als Grüne und die SPD mit Pazifismus und/oder militärischen Zurückhaltung brachen und im Jugoslawienkrieg zu Bellizisten wurden. Der aktuell eskalierende Bellizismus weist zudem Parallelen zur 1914 geschürten Kriegshysterie auf, bei der eine historisch belegte Anti-Kriegs-Stimmung in der Bevölkerung von Politik und intellektuellen Eliten umgedreht werden konnte. Bereits damals spielten anti-russische Stimmungen eine große Rolle. Es war Karl Liebknecht, der dazu mit seinem Aufruf „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ eine Gegenbewegung ermuntern konnte.

  6. Aktuell werden links und rechts als politische Koordinaten durch eine totalitäre Meinungsmache der politischen „Mitte“ demontiert. Mittlerweile gilt als „rechts“ nahezu jegliches vom Normativen abweichende Verhalten.

  7. Für viele Menschen, die sich in den letzten Jahren (neu) politisiert haben – vor allem durch die Corona-Politik der Bundesregierung und deren Absolutheitsanspruch – erscheint der Begriff links nicht mehr als aufklärerisch, sondern eher als denunziatorisch. „Links“ wird zunehmend als Synonym für inhaltsleere Abgrenzung, als Beschimpfung und Beleidigung durch vermeintlich „Linke“ wahrgenommen. Rechts ist die Auffassung, Krieg und Militarisierung seien notwendig und sinnvoll, rechts ist das Denken in Feindbildern, die Meinung, dass unterschiedliche Menschengruppen und Individuen unterschiedliche Wertigkeiten und Rechte hätten, rechts ist autoritär, nach unten tretend und nach oben katzbuckelnd.

  8. Wir verstehen uns als Linke in der Friedensbewegung; nicht, um uns von anderen abzugrenzen, vielmehr um uns kenntlich zu machen. Friedenspolitische Grundsätze sind für uns: Antimilitarismus, internationale Solidarität und ein Antifaschismus, der die historischen Umstände, die 1933 zur Machtübergabe an die Nazis geführt haben, zugrunde legt und in ihren heutigen Erscheinungen dechiffriert. In unserem Engagement für den Frieden blicken wir auch auf Besitz- und Machtverhältnisse, auf geostrategische Interessen, wir analysieren soziale Gleichheit bzw. Ungleichheit hierzulande und weltweit. Frieden und Demokratie und Menschenrechte, Frieden und der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen gehören für uns zusammen.

  9. Wer sich links verortet, sollte dazu stehen. Wer linke Positionen aufgibt, um im Mainstream anzukommen, spielt den Ball denjenigen zu, die rassistische und militaristische Positionen vertreten, aber sich aufgrund ihrer Anhängerschaft oder anderweitiger politischer Opportunität einer strategisch-taktischen Friedensrhetorik bedienen.

  10. Wir demonstrieren aus gegebenen Anlässen mit allen Menschen, die ehrlichen Herzens den jeweiligen Aufruf teilen und setzen uns dafür ein, nur solchen Kräften ein Podium zu bieten. Dabei sind wir uns bewusst, dass die Beurteilung der Aufrichtigkeit eher eine Sache des historischen Bewusstseins und der politischen Erfahrung als einer Überprüfung ist.

  11. Wir wenden uns entschieden gegen eine „Abgrenzeritis“, die ohne Bezug auf eigene friedenspolitische Grundsätze erfolgt. Begriffe wie „rechtsoffen“ (auch „Querdenker“ als Schimpfwort oder der leichtfertige politische Todesstoß „Antisemitismus“) spiegeln nicht linke Denkungsart. Es sind Erfindungen von rechts, um die Bewegung zu spalten. Sie entfalten allerdings ihre Wirkung erst, wenn sie nicht nur „von außen“ den Bewegungen angeheftet werden, sondern sich auf eine „innere Zeugenschaft“ stützen können. Die wiederum arbeitet häufig mit Lügen wie gefälschten oder aus Zusammenhängen heraus gerissenen Zitaten oder indem sie willkürlich und fälschlich Ereignisse oder Äußerungen einander zuordnet, die nichts miteinander zu tun haben.

  12. Wir wollen Organisationen und Parteien nach ihrer Programmatik und nicht nach kritikwürdigen Auftritten einzelner Protagonisten beurteilen. Willkommen sind alle, die ehrlichen Herzens für Frieden eintreten. Wer aber meint, Friedenskundgebungen in rechte Versammlungen ummünzen zu müssen, soll zu Hause bleiben.

  13. Wir wollen Einzelpersonen, die als „umstritten“ oder „rechtsoffen“ dargestellt werden, nach der Gesamtheit ihrer inhaltlichen Aussagen beurteilen und kämpfen hierbei für wahrheitsgemäße Darstellungen. Wir suchen bewusst die Zusammenarbeit mit Kräften, die sich der Friedensfrage „neu“ annähern. Wir wollen deren politische Sozialisierung verstehen und mit ihnen argumentative Ansätze für eine offene und ehrliche Diskussion finden.

  14. Menschen, die ihre Geschichte nicht kennen, sind dazu verdammt sie zu wiederholen. Das beziehen wir auf Schlüsseljahre der deutschen Geschichte wie 1914 und 1933. Wir selbst sehen deshalb ein entsprechendes historisches Bewusstsein als Schlüsselelement unseres aufklärerischen Ansatzes.

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Es ist schon seltsam: Als ich meine ersten Bücher veröffentlichte, in denen ich viel über Homophobie und Rassismus im sozialen Milieu meiner Kindheit sprach, sagten viele Journalisten – bürgerliche Journalisten – zu mir: »Wenn du jemanden eine Schwuchtel oder einen schmutzigen Kameltreiber nennst, dann bist du verantwortlich. Es gibt keine Entschuldigung für den Einzelnen.« Doch als ich Wer hat meinen Vater umgebracht veröffentlichte, in dem ich über die Entscheidungen von Macron oder Sarkozy spreche, die sich auf meinen Vater auswirkten, die meinem Vater das Genick brachen, da sagte man mir: »Nein, Moment mal, das ganze System ist Schuld, nicht die Leute, die die Entscheidungen treffen.«

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Wenn man die Damen und Herren der Politik im Fernsehen sieht, hört man nie eine Kassiererin sagen: »Mir tun die Hände weh, weil ich den ganzen Tag Sachen von links nach rechts schiebe.« So ist die Realität. Und eine große politische Bewegung ist für mich ein Moment, in dem dieses Reale zum Vorschein kommt. [...] Die Menschen wollen sagen: »Ich leide«, weil sie in einer Situation des Leidens sind – was nicht bedeutet, dass sie nichts anderes sind als das. Niemand will bloß Opfer sein. Aber sagt man nun: »Ich leide unter der Klassengewalt, unter dem Kastensystem« oder sagt man: »Ich leide unter den Migranten, den Frauen und den Homosexuellen«? Und wenn die extremen Rechten die einzigen sind, die einen Raum bieten, in dem die Menschen das Gefühl haben, sagen zu können: »Ich leide«, dann werden sie in diese Richtung gehen. Denn wir alle suchen nach Wegen, auszudrücken, was wir durchleben, was wir sind und was wir fühlen.

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Der Hauptfeind steht im eigenen Land

...Dass der Hauptfeind immer im eigenen Land stehe, bedeutet nichts anderes, als dass Kommunisten oder Linke jeglichen Landes vor der eigenen Tür zu kehren haben. Nicht weil ausgerechnet der Imperialismus im eigenen Land immer die Spitze des globalen Komplexes bildet, sondern weil nur so eine echte Internationale hergestellt werden kann, die im strengen Sinn des Wortes antiimperialistisch ist. Die Formel zielt über den Inhalt hinaus auf die Haltung im Kampf. Macht und Verlockung der eigenen Regierung, des eigenen Landes, der eigenen Kultur auf ein Individuum sind immer größer als die irgendeiner ausländischen Instanz. Liebknechts Formel ist keine gegen einen Krieg (den er ohnehin nicht verhindern konnte). Sie ist eine gegen den Opportunismus.