#multipolarität

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #wirtschaft #hegemonie #us-dollar #zahlungsmittel #handel #multipolarität #globaler-süder

Fünf Projekte, die die Hegemonie des US-Dollars bedrohen

Im Globalen Süden wächst das Interesse, der Vormachtstellung des Dollars auf dem Finanzmarkt entgegenzuwirken. Die Aussicht auf eine beschleunigte Entdollarisierung wächst (Von Misión Verdad)

Die Dominanz des US-Dollars im Welthandel begann mit der Schaffung des Bretton-Woods-Systems nach dem Zweiten Weltkrieg, das feste Wechselkurse gegenüber dem Dollar und einen unveränderlichen Dollarpreis in Gold festlegte. Selbst die Abkehr von den festen Wechselkursen in den 1970er-Jahren gefährdete die Vormachtstellung des Dollars nicht. Heute jedoch wächst aufgrund der wachsenden Rivalität zwischen den USA und Westeuropa einerseits und China, Russland und dem Iran andererseits sowie dem Aufkommen digitaler Währungen die Aussicht auf eine beschleunigte Entdollarisierung.

Im Folgenden stellen wir fünf Projekte vor, die gleichzeitig in Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika entwickelt werden und die Hegemonie des Dollars bedrohen.

Die Sur-Währung

Im Januar 2023 kündigten die Staatsoberhäupter Argentiniens und Brasiliens die Schaffung einer regionalen Währung für den gegenseitigen Zahlungsverkehr namens "Sur" an. Am Vorabend des 7. Gipfeltreffens der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten (Celac) traten die beiden Präsidenten Alberto Fernández und Lula da Silva auf, um die Initiative vorzustellen. Sie luden andere Länder der Region ein, sich dem Projekt anzuschließen; Lula da Silva erklärte seinerseits, dass die Initiative auf Brics 1 und Mercosur2 ausgeweitet werden sollte.

In Südamerika wird schon seit einigen Jahren über eine mögliche Währungseinheit gesprochen. Im Jahr 2007 schlug [der damalige venezolanische] Präsident Hugo Chávez die Schaffung einer gemeinsamen lateinamerikanischen Währung (Sucre) vor, um der Hegemonie des Dollars auf dem globalen Finanzmarkt und vor allem in der lateinamerikanisch-karibischen Region entgegenzuwirken. Damals wurde die Idee verworfen. Seitdem haben sich einige Dinge geändert. Zum Beispiel der Stellvertreter-Krieg der USA und der Nato in der Ukraine gegen Russland und die beispiellosen illegalen Sanktionen.

All dies hat dazu geführt, dass Staats- und Wirtschaftsführer sich fragen, inwieweit der Dollar neutral ist und ob er politisch glaubwürdig sein kann. So begann die Suche nach Alternativen, nach Währungen, die im internationalen Handel ohne das Risiko der einseitigen Zwangsmaßnahmen verwendet werden können.

Im Falle Lateinamerikas würde eine Währungsunion nach Schätzungen der Financial Times etwa fünf Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Auf die größte Währungsunion der Welt, den Euro in der Eurozone, entfallen in Dollar gerechnet etwa 14 Prozent des weltweiten BIP.

Es geht nicht nur um ein hohes BIP, sondern auch um die Kontrolle über entscheidend wichtige Ressourcen. Allein Brasilien und Argentinien gehören zu den größten Nahrungsmittelexporteuren der Welt: Ihre Gebiete sind riesig und weisen im Verhältnis zur Bevölkerung einen Überschuss an landwirtschaftlicher Nutzfläche auf. Argentinien ist eine der größten Lithiumquellen der Welt, das sich zum "neuen Öl" für grüne Energie entwickelt; Brasilien ist reich an Öl und vielen anderen Ressourcen, von Metallen bis zu Süßwasser..

Die Währung wäre ein großer Vorteil für den regionalen Block, wenn bestimmte Elemente integriert werden können, um sie tragfähig zu machen.

Russland, Iran und die Schaffung eines Stablecoin

Die iranische Zentralbank prüft die Möglichkeit, gemeinsam mit Russland einen goldgedeckten Stablecoin zu schaffen, der als Zahlungsmittel im Außenhandel anstelle von Dollar, Rubel und iranischem Rial akzeptiert werden könnte. Alexander Brazhnikov, Exekutivdirektor der Russischen Vereinigung der Kryptoindustrie und Blockchain [Russian Association of Cryptoindustry and Blockchain, Racib], informierte die russischen Medien darüber.

Stablecoin ist die Bezeichnung für Kryptowährungen, deren Wert an Fiatwährungen ("klassisches", von staatlichen Zentralbanken ausgegebenes Geld) oder Edelmetalle gebunden ist. Stablecoins werden in der Regel nicht als Anlagestrategie genutzt, um am Wachstum eines Vermögenswertes zu verdienen, sondern zur digitalen Abrechnung.

Die russisch-iranischen Beziehungen haben sich für beide Länder positiv entwickelt: Ab 2023 nimmt eine Sonderwirtschaftszone in Astrachan (eine russische Region, die als Fenster zum Nahen Osten dient), Lieferungen aus dem Iran an. Es wird davon ausgegangen, dass auch der Stablecoin dort seine Funktion aufnehmen könnte, heißt es in einem von Forbes zitierten Artikel der russischen Tageszeitung Vedomosti. Zu den langfristigen Plänen des Irans gehört auch die Rückkehr zu einem globalen Goldstandard, einem Währungssystem, bei dem der Wert der Währungen in einer bestimmten garantierten Menge Gold ausgedrückt wird.

Obwohl die russische Zentralbank die Verwendung von Kryptowährungen als Zahlungsmittel innerhalb des eurasischen Landes ablehnt, unterstützt sie deren Einsatz bei Import- und Exporttransaktionen. Die Regulierungsbehörde plant, die Verwendung von Kryptowährungen für internationale Abrechnungen als Teil eines experimentellen rechtlichen Systems zu testen, wie die Erste Stellvertretende Vorsitzende der Zentralbank, Olga Skorobogatova, im vergangenen Dezember erklärte.

Es besteht die Möglichkeit, dass die Verwendung von Stablecoins in künftige illegale Sanktionspakete aufgenommen wird, aber es ist schwieriger, solche Abrechnungen zu verbieten, wenn sie nicht in die Eurozone oder den Dollarkreislauf gelangen oder wenn keine EU- oder US-Intermediäre an den Transaktionen beteiligt sind. Der Stablecoin ist ein Instrument, das unter anderem bestimmte Probleme im Zusammenhang mit Überweisungsbeschränkungen im Swift-Zahlungssystem lösen könnte.
Die Vereinigten Arabische Emirate und Indien erörtern Nicht-Öl-Handel in Landeswährungen

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Indien erörtern Möglichkeiten zur Ankurbelung des Nicht-Ölhandels in Rupien und Dirham. Dies gab der Außenhandelsminister der Emirate, Thani Al Seyudi, bekannt.

"Wir befinden uns noch in einem frühen Stadium der Gespräche mit Indien über den Handel in Dirham und Rupien (...) Wir sprechen nur über den Nicht-Öl-Handel". Da es sich bei einem der beteiligten Akteure um den drittgrößten Opec-Produzenten handelt, hat dies wichtige Auswirkungen auf die schrittweise Abkehr der Länder vom Dollar. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben lange Zeit eine Währungsanbindung an den Dollar unterstützt, und der Großteil des Handels in der Golfregion wird in US-Währung abgewickelt.

Der gesamte bilaterale Handel zwischen den Emiraten und Indien belief sich im Jahr 2022 auf über 88 Milliarden Dollar. Mit dem Handelsabkommen verfolgen beide Länder das Ziel, den Nicht-Öl-Handel in den nächsten fünf Jahren auf den Gegenwert von zehn Milliarden Dollar in Rupien zu steigern.

Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen ihren Handel mit wichtigen Partnern ausbauen und haben bereits mehrere Wirtschaftspakte mit Ländern wie Indien, Indonesien, der Türkei, Israel und dem Vereinigten Königreich unterzeichnet.

Der Petroyuan steht kurz bevor

China hat in letzter Zeit eine Reihe von Schritten unternommen, die von seiner Entschlossenheit zeugen, mit der Weltordnung zu brechen, die die US-amerikanische Hegemonie sichert. Präsident Xi Jinping hat die Brics zusammengebracht, indem er seine Schützlinge aus Asien und Lateinamerika einlud, und er hat die Monarchen am Persischen Golf besucht.

Der chinesische Staatschef hielt sich vom 7. bis 9. Dezember 2022 in Saudi-Arabien auf, wo er mit sechs Öl- und Gasmonarchien des Persischen Golfs zusammentraf: Saudi-Arabien, Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Oman und Katar. Ziel des Treffens war es, die Umstellung des Ölhandels auf den Yuan in die Wege zu leiten.

"Gegen Ende des letzten Jahres begann Peking, Rohöl mit hohen Preisnachlässen von Moskau zu kaufen und diese Käufe in Yuan statt in Dollar abzuwickeln, wodurch der sogenannte Petroyuan entstand", heißt es in einem Artikel von Business Insider.

Der Yuan wird zur Ankurbelung des Ölhandels eingesetzt werden. Xi Jinping hat erklärt, dass China seine Ölimporte aus dem Iran in den nächsten drei bis fünf Jahren erhöhen wird. Aber es wird auch an einer umfassenden Energiekooperation mit anderen Ländern in der Region arbeiten. Das könnte Investitionen in die Petrochemie, die Kunststoffindustrie und gemeinsame Explorationen im Südchinesischen Meer einschließen. Peking plant, all dies bereits ab 2025 in Yuan an der Shanghaier Öl- und Erdgasbörse (Sosgex) zu bezahlen.

Brics auf dem Weg zu einer gemeinsamen Währung

Die aggressive US-Politik gegenüber Russland in Form der Blockierung von Devisenreserven hat andere Länder dazu gezwungen, nicht nur über die Entdollarisierung zu reden und verschiedene "Fahrpläne" zu erstellen, sondern realistisch zu handeln. Derzeit erwägt der Brics-Wirtschaftsblock die Schaffung eines Brics-basierten Währungskorbs.

Präsident Wladimir Putin kündigte dies Ende Juni 2022 an, und Ende Januar 2023 informierte Russlands Außenminister Sergej Lawrow, dass die Idee auf dem Gipfeltreffen im August in Südafrika diskutiert werden wird.

Die 2006 als Zusammenschluss von vier Ländern gegründete Gruppe nahm 2010 Südafrika als Mitglied auf, und in den letzten Monaten haben sechs Länder ihren Beitritt beantragt oder ihre Absicht bekundet: Iran, Argentinien, Ägypten, die Türkei, Saudi-Arabien und Algerien3. Die Brics stellen inzwischen fast die Hälfte der Weltbevölkerung, ein Viertel des globalen BIP und die Hälfte des BIP der G7, wenn man den Nennwert zugrunde legt.

Die Ablehnung des Dollars durch zumindest einige dieser Länder könnte sich besonders auf die USA auswirken, die Waren in aller Welt ausschließlich mit ihrer Währung kaufen.

Was den Brics-Vorschlag vor allem anziehend macht, ist, dass es keine Abhängigkeit von den USA und der Europäischen Union mehr gibt. Der Einsatz der Wirtschaft als politisches Druckmittel hat das Ansehen dieser beiden Akteure als verlässliche Partner im internationalen Handel untergraben.

Eine Brics-Währung könnte in den kommenden Jahren zum wahrscheinlichsten Konkurrenten des Dollars werden, allerdings muss der Prozess zunächst die Tatsache überwinden, dass diese Länder noch keinen integrierten Verbund mit engen wirtschaftlichen Beziehungen bilden.

Die Einführung einer Brics-Gemeinschaftswährung hängt in hohem Maße vom politischen Willen und der Zustimmung der Mitgliedsländer ab, einen solchen Mechanismus als Teil der Umsetzung der Währungspolitik zu nutzen. Als Reserve- oder Zahlungsinstrument in der Außenwirtschaft und im Außenhandel ist sie für die Brics-Länder selbst von Vorteil, da sie die Stabilität ihrer Finanzsysteme erhöhen und ihre Souveränität stärken würde.
- https://amerika21.de/analyse/263073/fuenf-projekte-gegen-hegemonie-us-dollar

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #wertewesten #lateinamerika #afrika #globaler-süden #multipolarität

Das Ende des postkolonialen Imperiums scheint eingeläutet

Munich Security Report: Der Globale Süden beginnt, sich westlicher Kontrolle zu entziehen

Die Organisatoren der Münchner Sicherheitskonferenz plädieren für eine stärkere Berücksichtigung der Interessen des Globalen Südens (Von German Foreign Policy)

Wie es im Munich Security Report heißt, der am 13. Februar veröffentlicht wurde, müsse man sich endlich der Tatsache stellen, dass immer noch kein einziges Land Afrikas und Lateinamerikas – sowie kaum ein Land Asiens – die westliche Sanktionspolitik gegen Russland unterstütze. Wolle man ernste Rückschläge im globalen Machtkampf gegen Russland und China langfristig vermeiden, müsse man wenigstens einige der Länder im Globalen Süden zurückgewinnen....

"Postkoloniale Dominanz"

Besonderes Gewicht messen die Autoren des Munich Security Report dem Globalen Süden bei. Die Motive dafür sind nicht etwa Armut sowie schwierige Lebensverhältnisse in vielen Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, sondern die Tatsache, dass die Staaten des Globalen Südens zwar mehrheitlich den russischen Überfall auf die Ukraine als einen Bruch des internationalen Rechts kritisieren, sich aber nicht am Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland oder gar an der Hochrüstung der Ukraine beteiligen.

Hieß es bisher in öffentlichen Stellungnahmen aus Politik und Denkfabriken wie auch im medialen Echo stets nebulös, eine höchst diffuse "internationale Gemeinschaft" bestrafe Moskau für den Krieg mit Sanktionen, so stellt der Munich Security Report erstmals in dieser Offenheit fest: "Kein einziger Staat Afrikas oder Lateinamerikas ist Teil der lockeren Koalition, die Sanktionen gegen Russland verhängt hat."2 Auch in Asien beteiligen sich nur drei Staaten3 plus die chinesische Insel Taiwan an der Sanktionspolitik – und damit am Bestreben, die alte, vom Westen dominierte Weltordnung zu stabilisieren.

Der Munich Security Report räumt ein, die "vom Westen geführte Ordnung" sei für viele Staaten im Süden durch "postkoloniale Dominanz, doppelte Standards und Vernachlässigung der Anliegen von Entwicklungsländern" charakterisiert. "In weiten Teilen der Welt" gebe es daher Sympathien für eine multipolare, "nachwestliche" Weltordnung....

...Konkret und eher hilflos plädiert der Munich Security Report für eine wirkungsvolle Entwicklungshilfe und dafür, dass "Europa und die USA ihre Versprechen erfüllen, globale öffentliche Güter bereitzustellen". Zugleich müssten sie vom "Geber-Empfänger-Verhältnis" loskommen sowie "Kooperation auf Augenhöhe" ermöglichen. Allerdings gehört etwa Letzteres seit Jahren zu den offiziell stets stolz vorgetragenen Zielen der deutschen Außenpolitik, ohne dass es jemals praktisch realisiert worden wäre.5 Dass die ehemaligen Kolonien den Aufstieg auf gleiche Augenhöhe mit den Ex-Kolonialmächten schaffen, lag in der Tat noch nie im Interesse westlicher Politik.

Der Süden opponiert

Während es im Munich Security Report heißt, man müsse den Globalen Süden einbinden, beginnen dortige Schwellenländer nicht nur passiv – durch die Verweigerung von Russland-Sanktionen –, sondern auch aktiv gegen die transatlantische Politik im Ukraine-Krieg zu opponieren. So hat Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva anlässlich seines Besuchs in Washington am 10. Februar bekräftigt, er arbeite weiterhin daran, gemeinsam mit anderen Staaten jenseits des alten Westens eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg zu erreichen.6 Als Kooperationspartner komme dabei China in Frage. Lula hat angekündigt, in wenigen Wochen nach Beijing zu reisen und mit seinem dortigen Amtskollegen Xi Jinping Gespräche zu führen.

Chinas Regierung sei "eine der wenigen auf der internationalen Bühne, die Moskau nicht ignorieren kann", räumte gestern Wolfgang Ischinger, ehemaliger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, ein: "Allein oder mit anderen wäre China vielleicht imstande, einen Friedensvorschlag zu machen."7 Ischinger wies allerdings zugleich darauf hin, das werde "in den USA vermutlich nicht größte Freude auslösen". In der Tat wäre ein von China mit erzielter Verhandlungserfolg bloß ein weiterer Beleg für den historischen Abstieg des Westens, den dieser verhindern will – mit allen Mitteln.
- vollständiger Artikel: https://amerika21.de/analyse/262782/der-zusammenbruch-der-alten-ordnung

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #lateinamerika #krieg #ukraine #russland #nato #usa #imperialismus #blockfreie #multipolarität

Warum Lateinamerika eine neue Weltordnung braucht

Lateinamerika will keinen neuen Kalten Krieg. Lateinamerika will Frieden. Der Frieden kann jedoch nur auf der Basis regionaler Einheit geschaffen werden (Von Marco Fernandes)

Die Welt will, dass der Konflikt in der Ukraine aufhört. Doch die Nato-Staaten wollen ihn verlängern, erhöhen die Waffenlieferungen an die Ukraine und erklären, ihr Ziel sei es, "Russland zu schwächen". Die USA haben bereits 13,6 Milliarden Dollar für die Aufrüstung der Ukraine bereitgestellt. [Präsident Joe] Biden hat gerade erst weitere 33 Milliarden Dollar beantragt. Zum Vergleich: Die Beseitigung des Hungers in der Welt bis 2030 würde eine Investition 45 Milliarden Dollar pro Jahr erfordern.

Selbst wenn es zu Verhandlungen kommt und dieser Krieg beendet wird, ist eine wirklich friedliche Lösung unwahrscheinlich. Nichts deutet darauf hin, dass die geopolitischen Spannungen nachlassen werden, denn hinter dem Konflikt um die Ukraine steckt das Bestreben des Westens, Chinas Entwicklung zu stoppen, seine Beziehungen zu Russland zu kappen und die strategischen Partnerschaften des asiatischen Landes mit dem globalen Süden zu beenden. [...]

In den letzten Jahren hat Lateinamerika eine neue Welle fortschrittlicher Regierungen erlebt. Die Idee der regionalen Integration ist wieder auf dem Tisch. Nach vier Jahren ohne Gipfeltreffen traf die Celac im September 2021 unter der Leitung der Präsidenten von Mexiko, Andrés Manuel López Obrador, und Argentinien, Alberto Fernández, wieder zusammen. Wenn Gustavo Petro die Präsidentschaftswahlen in Kolumbien im Juni und Lula die Wiederwahl ins brasilianischen Präsidentenamt im Oktober 2022 gewinnt, würden die vier größten Volkswirtschaften Lateinamerikas (Brasilien, Mexiko, Argentinien und Kolumbien) zum ersten Mal seit Jahrzehnten von der linken Mitte regiert werden, insbesondere von Befürwortern der lateinamerikanischen und karibischen Integration. Lula hat erklärt, dass Brasilien im Falle seines Wahlsiegs in die Celac zurückkehren und erneut eine aktive Position im Brics-Bündnis einnehmen werde.

Der Globale Süden könnte noch zum Ende dieses Jahres bereit sein, wiederaufzuerstehen und sich einen neuen Platz in der Weltordnung zu schaffen.

Die Idee einer Wiederbelebung der Bewegung der Blockfreien (inspiriert von der Initiative, die 1955 auf der Konferenz von Bandung in Indonesien ins Leben gerufen wurde) ist in vielen Kreisen aufgegriffen worden.

Ihre Absicht ist richtig. Sie zielen darauf ab, die weltweiten politischen Spannungen abzubauen, die eine Bedrohung für die Souveränität der Länder darstellen und in der Regel negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben. Der Geist der Nichtkonfrontation und des Friedens der Konferenz von Bandung ist heute dringend nötig.

Aber die Bewegung der Blockfreien Staaten entstand aus der Ablehnung der Länder der Dritten Welt, in der Polarisierung zwischen den USA und der UdSSR während des Kalten Krieges eine Seite zu wählen. Sie kämpften für ihre Souveränität und das Recht, Beziehungen zu den Ländern beider Systeme zu haben, ohne dass ihre Außenpolitik in Washington oder Moskau entschieden würde.

Dies ist nicht das aktuelle Szenario. Nur die Achse Washington-Brüssel (und ihre Verbündeten) fordern die Anpassung an ihre sogenannte "regelbasierte internationale Ordnung". Diejenigen, die sich nicht anpassen, leiden unter den Sanktionen gegen Dutzende von Ländern (die ganze Volkswirtschaften verwüsten, wie die von Venezuela und Kuba ), der illegalen Beschlagnahmung von Vermögenswerten in Höhe von Hunderten von Milliarden Dollar (wie im Falle von Venezuela, Iran, Afghanistan und Russland), den Invasionen und Einmischungen, die zu völkermörderischen Kriegen führen (wie im Irak, in Syrien, Libyen und Afghanistan), und der ausländischen Unterstützung für "Farbrevolutionen" (von der Ukraine 2014 bis Brasilien 2016).

Die Forderung nach Anpassung kommt nur vom Westen, nicht von China oder Russland.

Die Menschheit ist mit großen Herausforderungen konfrontiert, wie der Ungleichheit, dem Hunger, der Klimakrise und der Gefahr neuer Pandemien. Um diese zu überwinden, müssen die regionalen Bündnisse des Globalen Südens in der Lage sein, eine neue Multipolarität in der Weltpolitik einzuführen. Aber die üblichen Verdächtigen haben möglicherweise andere Pläne für die Menschheit.

  • Marco Fernandes ist Forscher bei Tricontinental: Institut für Sozialforschung. Er ist Mitglied des Kollektivs No Cold War und lebt in Shanghai

Vollständiger Artikel: https://amerika21.de/analyse/258565/lateinamerika-braucht-neue-weltordnung