#poesie

wurstaufbrot@pod.geraspora.de

#Ueberdruss

In den Heizungsrohren rauscht Wasser. Ihn fror. Das Bier hatte er zu kalt getrunken. In seinem Magen arbeitete es, steif hielt er den Kopf nach oben, um sich nicht zu erbrechen. Ruhig durchatmen, sagte er sich und spürte die Luft, die an der Innenseite der Nase vorbeistrich und die Nasenflügel wund werden ließ, am Gaumen auftraf und den Rachen entzündete. Bei zusammengezogenen Brauen und gespitztem Mund fühlte er die Gesichtshaut von innen.

Weil die Sätze abbrechen, sagte er sich, spitz werden und sperrig, das Hirn zerstechen wie Stachel und Draht, stecken bleiben im Hals, quer und schmerzhaft wie Nadeln.

Im luftleeren Raum schwerelos sein, nirgendwo anrühren und von keinem Ding berührt, die ganze Neurochemie zerebral und sensorisch zum Schweigen gebracht.

#Lyrik #Poesie #Überdruss

Source: https://lyrik-texte.de/ueberdruss/

Source Photo: https://pixelfed.de/p/parthipan/509448555404316518

francoisvillon@societas.online

Heute vor 140 Jahren

Joachim Ringelnatz

* 7. August 1883 † 17. November 1934

Die Badewanne

103 Gedichte, 1933

Die Badewanne prahlte sehr.
Sie hielt sich für das Mittelmeer
Und ihre eine Seitenwand
Für Helgoländer Küstenland.
Die andre Seite – gab sie an –
Sei das Gebirge Hindostan
Und ihre große Rundung sei
Bestimmt die Delagoabai.
Von ihrem spitzen Ende vorn,
Erklärte sie, es sei Kap Horn.
Den Kettenzug am Regulator,
Hielt sie sogar für den Äquator.
Sie war – nicht wahr, das merken Sie? –
Sehr schwach in der Geographie.
Dies eingebildete Bassin.
Es wohnte im Quartier latin.

#JoachimRingelnatz #Gedichte #Poesie #Badewanne #Angeber #Geographie #Geburtstag #birthday

francoisvillon@societas.online

Michel und seine Kappe, Eulenspiegel 1848

Zupfgeigenhansel - Mein Michel

https://www.youtube.com/watch?v=TFX6GkU0n7U

Du hast Bataillone, Schwadronen,
Batterien, Maschinengewehr,
du hast auch die größten Kanonen.
Mein Michel, was willst du noch mehr?

Du hast zwei Dutzend Monarchen,
Lakaien und Pfaffen ein Heer,
beseeligt kannst du da schnarchen.
Mein Michel, was willst du noch mehr?

Du hast ungezählt Paragraphen,
die Gefängnisse werden nicht leer,
du kannst auch in Schutzhaft drin schlafen.
Mein Michel, was willst du noch mehr?

Du hast die beträchtlichsten Steuern,
deine Junker plagen sich sehr,
um dir das Brot zu verteuern.
Mein Michel, was willst du noch mehr?

Du hast Kohlrüben und Eicheln,
und trägst du nach anderem Begehr,
so darfst du am Bauche dich streicheln.
Mein Michel, was willst du noch mehr?

Du darfst exerzieren, marschieren,
am Kasernenhof die Kreuz und die Quer,
und dann für den Kaiser krepieren.
Mein Michel, was willst du noch mehr?

#Deutschland #ErichSchmeckenbecher #ThomasFriz #Zupfgeigenhansel #Poesie #musik

vincentbreton@diaspora-fr.org

Bonjour, boudée par les éditeurs, souvent réduite à une fonction "décorative" sur les réseaux sociaux, l'époque ne fait pas la part belle à la poésie. Le site en partage régulièrement mais en ce mois de juillet, le journal parle de poésie : le poème préféré, qu'est-ce qu'un poète, la poésie qui visiblement "emmerde" ou est "inutile comme la pluie", considérations sur les poètes ou la poésie au quotidien, la question de la mémoire ou l'évocation du poète Arseguel sont quelques uns des thèmes déjà abordés, à lire à la page : https://vincentbreton.org/journal-de-vincent-breton/de-la-poesie/ #poesie

loran@diaspora-fr.org

English below

...Il est temps:
temps de renaître, temps de se souvenir.
Et tout est là pour ça, ici, maintenant, comme jamais auparavant.
Et tout est là, pour celui qui s’ouvrira sans peur,
curieux comme un enfant...
L.V
Image : inconnue
...It is time, time to be reborn, time to remember. And everything is here for it, here, now,
as never before.
And everything is there, for the one who will open up without fear, curious as a child...
L.V
Picture : unknow

#poesie #poetry #enfance #eveil #conscience #innocence #reve #creativite #presence

loran@diaspora-fr.org

« ... it is a heroic act for a writer to dare to draw from an endless consciousness of ideas and share them with something as limited as words: tiny symbols whose colour is the very antithesis of the potential-bearing infinity that is the blank page: without it, they would be nothing more than bits of nothingness twirling around in the void…"

#livre #art #ecriture #poesie #poetry #book #revolution #reve #conscience #heros #mythe #mythologie

francoisvillon@societas.online

Albert Anker - Lesender Mann

Reading Man
Gemälde, Aquarell auf Papier, 35 × 25 cm, 1909

Emily Dickinson - He ate and drank the precious Words

He ate and drank the precious Words —
His Spirit grew robust —
He knew no more that he was poor,
Nor that his frame was Dust —

He danced along the dingy Days
And this Bequest of Wings
Was but a Book — What Liberty
A loosened spirit brings —

Poems by Emily Dickinson
Poems published 1890 by Mabel Loomis Todd, T.W. Higginson (eds.)

#books #Bücher #lesen #reading
#AlbertAnker #genremalerei #malerei #Kunst #art #paintings #gemälde #peinture
#EmilyDickinson #Gedichte #Poems #Poesie

francoisvillon@societas.online

Giuseppe Arcimboldo - Il Bibliotecario

Der Bibliothekar / The Librarian
Gemälde, Öl auf Leinwand, 97 x 71 cm, 1566

Joachim Ringelnatz - Der Bücherfreund

Ob ich Biblio- was bin?
phile? „Freund von Büchern“ meinen Sie?
Na, und ob ich das bin!
Ha! und wie!

Mir sind Bücher, was den andern Leuten
Weiber, Tanz, Gesellschaft, Kartenspiel,
Turnsport, Wein, und weiß ich was, bedeuten.
Meine Bücher – – – wie beliebt? Wieviel?

Was, zum Henker, kümmert mich die Zahl.
Bitte, doch mich auszureden lassen.
Jedenfalls: Viel mehr, als mein Regal
Halb imstande ist zu fassen.

Unterhaltung? Ja, bei Gott, das geben
Sie mir reichlich. Morgens zwölfmal nur
Nüchtern zwanzig Brockhausbände heben – – –
Hei! das gibt den Muskeln die Latur.

Oh, ich mußte meine Bücherei,
Wenn ich je verreiste, stets vermissen.
Ob ein Stuhl zu hoch, zu niedrig sei,
Sechzig Bücher sind wie sechzig Kissen.

Ja natürlich auch vom künstlerischen
Standpunkt. Denn ich weiß die Rücken
So nach Gold und Lederton zu mischen,
Daß sie wie ein Bild die Stube schmücken.

Äußerlich? Mein Bester, Sie vergessen
Meine ungeheure Leidenschaft,
Pflanzen fürs Herbarium zu pressen.
Bücher lasten, Bücher haben Kraft.

Junger Freund, Sie sind recht unerfahren,
Und Sie fragen etwas reichlich frei.
Auch bei andern Menschen als Barbaren
Gehen schließlich Bücher mal entzwei.

Wie? – ich jemals auch in Büchern lese??
Oh, sie unerhörter Ese – – –
Nein, pardon! – Doch positus, ich säße
Auf dem Lokus und Sie harrten
Draußen meiner Rückkehr, ach dann nur
Ja nicht länger auf mich warten.
Denn der Lokus ist bei mir ein Garten,
Den man abseits ohne Zeit und Uhr
Düngt und erntet dann Literatur.

Bücher – Nein, ich bitte Sie inständig:
Nicht mehr fragen! Laß dich doch belehren!
Bücher, auch wenn sie nicht eigenhändig
Handsigniert sind, soll man hoch verehren.

Bücher werden, wenn man will, lebendig.
Über Bücher kann man ganz befehlen.
Und wer Bücher kauft, der kauft sich Seelen,
Und die Seelen können sich nicht wehren.

#Bücher #books
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#JoachimRingelnatz #Gedichte #Poesie